Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
mit einem klapprigen Ochsen das Feld bestellte.
Arne gab Erik ein Zeichen und zügelte sein Pferd am Ackerrand. »Guter Mann«, rief er dem Bauern zu, »kannst du mir den Weg nach Allendorf erklären?«
»Was gibt es in Allendorf Besonderes, dass jeder dorthin will? Ich dachte, die Stadt wird belagert?«, fragte sich der Bauer anscheinend selbst, doch Arne hatte ihn verstanden.
»Wie meinst du das?«
»Erst gestern kam hier eine Familie entlang, die mir dieselbe Frage gestellt hat.«
»War ein blondes junges Mädchen dabei?«, fragte Arne aufgeregt.
Der Bauer überlegte und zuckte dann mit den Achseln. »Das kann ich dir nicht beantworten, denn ich habe mir die Leute nicht betrachtet. Aber sie hatten prächtige Rösser von tiefbrauner Farbe und mit mächtigen Hufen. Die idealen Kutschpferde. Solche schönen Pferde habe ich noch nie gesehen.«
Arne blickte erleichtert zu Erik. »Das waren sie!«, sagte er mit blitzenden Augen.
»Kannst du uns den Weg nach Allendorf beschreiben?«, unterbrach Erik den Alten, der immer noch von den Pferden schwärmte.
Auch dieses Mal wiesen seine gichtkrummen Finger in die Richtung nach Witzenhausen. »… von dort folgt der Heeresstraße bis zum Zinnberg. Dann seht ihr Allendorf vor euch.«
Erik blickte sich in der hügeligen Gegend um. »Woran erkenne ich den Zinnberg? Hier scheint ein Berg neben dem anderen zu liegen.«
»Der Zinnberg ist fast kahlgeschlagen, weil die Saline von Sooden, die unmittelbar neben Allendorf liegt, Feuerholz für die Siedepfannen benötigt, und das bekommen die Pfänner vom Zinnberg.«
»Danke für deine Auskunft«, sagte Erik und warf dem Bauern ein Geldstück zu, das der Alte trotz seines trüben Blicks geschickt auffing.
Sofort steckte er es in den Mund, um mit den Zähnen die Echtheit der Münze zu prüfen. Mit einem breiten Grinsen steckte er sie in die Tasche, und die beiden Schweden ritten davon.
• •
Johann öffnete die schwere Eingangstür des Ratskellers und stieg die Treppe nach unten in die Trinkstube. An der letzten Steinstufe blieb er stehen und sah sich um. Zahlreiche brennende Schalen, die auf den Tischen verteilt standen und mit Talg gefüllt waren, spendeten sanftes Licht. Am Ende des Raums glühten Holzscheite in einem großen Kamin und sorgten für gemütliche Wärme.
Das Wirtshaus »Zum Ratskeller« war gut besucht, sodass Johann den Bürgermeister nicht sofort entdecken konnte. Doch dann sah er Kirchmeiers rundes Gesicht und hörte seine Stimme. Johann ging auf den runden Tisch zu, an dem mehrere Männer saßen und ihm entgegenblickten.
»Da bist du ja«, rief Kirchmeier und winkte Bonner neben sich.
Vor dem Bürgermeister auf dem Tisch stand ein volles großes Weinglas, das er Johann zuschob. »Probier den Wein aus dem Klostergarten und sage mir, ob ich dir zu viel versprochen habe.«
Johann nippte und nickte. »Ein wahrhaft edler Tropfen, aber ich trinke ein Bier«, erklärte er der Magd, die der Bürgermeister zu sich gerufen hatte.
»Bring ihm ein Schwarzbier und Ahrenkuchen mit Zwiebelfleisch«, bestimmte Kirchmeier, ohne Johann zu fragen. »Ab und zu muss man es sich auch in Kriegszeiten gut gehen lassen«, sagte er und prostete seinem Gast zu.
Johann spürte die Blicke der anderen Männer am Tisch und stellte sich vor. Sofort baten einige, er möge erzählen, was ihn nach Allendorf verschlagen hatte. Da er der Aufmerksamkeit der Männer gewiss war, sprudelten die Sätze aus Johann heraus. Sein Redefluss wurde nur unterbrochen, als ihm die Magd den gefüllten Pfannkuchen vorsetzte. Zwischen zwei Bissen berichtete er von dem lebensbedrohenden Überfall der Söldner, und die Augen seiner Zuhörer weiteten sich.
»Jesus und Maria!«, rief der Superintendent. »Da hat Gott seine schützenden Hände über euch gehalten.«
»Ich würde sagen, dass dabei auch die Schwerter zweier Schweden eine Rolle gespielt haben.«
Johann nahm einen Bissen und wollte weitererzählen, als die Turmuhr siebenmal schlug und die Männer am Tisch sich bekreuzigten.
»Ist jemand gestorben?«, fragte Johann.
»Nein«, flüsterte der Bürgermeister. »Zwei unserer Männer begeben sich in diesem Augenblick in Gefahr, und wir hoffen, sie bald wohlbehalten wiederzusehen.«
»Wie meinst du das?«, fragte Johann ebenso leise.
Kirchmeier blickte sich vorsichtig um und erklärte: »Sie versuchen, aus der Stadt zu gelangen und den Zinnberg zu erreichen.«
»Was wollen sie dort? Er ist fast kahlgeschlagen und somit gut einsehbar«,
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