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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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selbst Gott nicht würde helfen können. Es gab zu viele Hürden, die sie überwinden müssten.
    Die Menschen drängten immer schneller durch die Gänge. Jemand schrie: »Ich bekomme keine Luft!« Ein anderer jammerte: »Ich muss sofort hier raus!«
    Arne versuchte sie zu beruhigen. »Geht weiter und atmet tief in eure Lunge. Wir haben es bald geschafft.«
    Magdalena blickte sich nach ihren Eltern und ihrem Bruder um, die sie nur wenige Schritte hinter sich erkennen konnte. Beruhigt drückte sie Arnes Hand, der den Druck fest erwiderte.
    Die abgestandene Luft und der Geruch nach fauler Erde verursachten bei vielen Menschen Unwohlsein und Ekel. Die Kinder hielten sich Nase zu. Als ein kleines Mädchen neben Arne jammerte, dass sie nicht so schnell laufen könne, ließ er Magdalenas Hand los und nahm die Kleine auf den Arm.
    Magdalena sah, wie er das Kind mit leisen Worten beruhigte. Diese Geste berührte sie so sehr, dass sie sich vornahm, mit ihrem Vater zu sprechen. Ich werde Vater überzeugen, dass Arne der Richtige für mich ist. Zur Not laufe ich mit ihm davon, dachte sie, ließ den Gedanken aber schnell wieder fallen. Wohin sollten sie laufen?
    Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als sie freudige Stimmen hörte: »Wir haben es geschafft!«
    In der frischen Luft schloss das Mädchen für einen Augenblick die Augen und atmete tief ein, um den Moder aus ihrer Lunge zu vertreiben.
    Vor dem Ausgang des unterirdischen Gangs warteten bereits die ersten Allendorfer auf ihre Familien, die noch in den Tunnelgängen steckten. Kinder weinten und riefen nach ihren Eltern. Väter und Mütter suchten ihre Töchter und Söhne. Auch Magdalena blickte sich um, bis sie ihre Eltern und Benjamin sah. Erleichtert, dass sie das Ende der Tunnel erreicht hatten, fielen sich die Bonners in die Arme. Sogar Arne wurde umarmt. Johann übersah, wie der Schwede seine Tochter trotz scheinbar flüchtiger Umarmung fest an sich drückte.
    Als Arne sah, wie Johann wegschaute, drückte er Magdalena einen Kuss auf den Mund.
    Bürgermeister Christoph Kirchmeier sowie die Ratsherren und der Superintendent Josephi prüften, ob es Familien gab, die Angehörige vermissten. Erleichtert stellten sie fest, dass alle Bürger der Stadt gerettet waren.
    Kurz darauf kam auch Gustavsson mit dem Fuhrwerk der Bonners die Heeresstraße entlang, die über den Zinnberg führte, und wurde mit lautstarkem Jubel von den Menschen begrüßt. Kaum sprang er vom Kutschbock, umringten ihn die Allendorfer und klopften ihm anerkennend auf die Schulter.
    Plötzlich zerriss ein schriller Schrei die Luft, und eine Frau zeigte hinunter zur Stadt.
    Voller Entsetzen sahen die Menschen die schwarzen Rauchsäulen in der Mitte Allendorfs aufsteigen. Zuerst war es nur eine, dann zwei, drei, vier – und schließlich brannte jedes Gebäude in Allendorf.
    Die Einwohner der Stadt schrien auf und weinten laut, andere jammerten leise, gingen in die Knie oder hielten sich aneinander fest.
    Kirchmeier stand da und krallte sich fassungslos die Finger in die Haare. Mit Tränen in den Augen starrte er stumm auf seine Stadt, als erneut jemand aufschrie. Vorne stand ein Mütterlein, das kläglich heulte. Die alte Frau zeigte gerade zur Marktkirche, aus deren Dach die Flammen emporschlugen, als in der Sankt-Crucis-Kirche das Kreuzgewölbe einstürzte. Kurz darauf konnten die Allendorfer hören, wie etwas mit unglaublichem Getöse auf dem Boden aufschlug und zerbrach. Im selben Augenblick ging Superintendent Josephi weinend in die Knie und schrie: »Die Marienglocke!«
    Der Geruch des verbrannten Holzes wurde vom Wind zum Zinnberg getragen und verstärkte das Leid der Allendorfer, das sie laut hinausschrien.
    Bürgermeister Kirchmeier sah es als seine Pflicht an, seine Bürger zu beruhigen. Damit sie ihn sahen und hörten, stellte er sich auf einen Findling, der aus der Erde ragte, und rief den Menschen zu: »Bei all dem Schmerz, den wir empfinden, müssen wir dankbar sein, dass alle Allendorfer überlebt haben.«
    Die Leute verstummten und nickten. »Dass nicht ein Allendorfer sein Leben lassen musste, verdanken wir diesen beiden Männern«, erklärte Kirchmeier und zeigte auf die beiden Schweden. Es hatte sich längst herumgesprochen, dass die Menschen ihr Leben den beiden Fremden zu verdanken hatten, die mitten in der Nacht in der Stadt aufgetaucht waren.
    Nun strömten die Leute zusammen und bedankten sich lautstark und überschwänglich bei Arne und Erik, denen das sichtlich unangenehm war. Auch

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