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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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würde ziehen müssen.
    Karoline stand versteckt hinter dem Fenster der Stube und schaute ungläubig nach draußen. Sie hatte einige Augenblicke gebraucht, bis sie begriff, wer auf den Hof gefahren war. Als sie ihren Bruder erkannte, wusste sie nicht, ob sie sich freuen sollte. Was will er hier?, überlegte sie. Dann sah sie ihre Schwägerin. Er ist noch immer mit dieser Hexe zusammen. Kinder haben sie auch, stellte sie gefühllos fest. Das Mädchen drehte ihr den Rücken zu, während der Junge umherhopste. Wer aber sind diese beiden Riesen?, fragte sie sich kopfschüttelnd und trat einen Schritt näher ans Fenster, um besser hinausschauen zu können. Da sah sie ihren Mann über den Hof kommen.
    »Wer seid ihr?«, fragte Jodokus, der die fremden Menschen vom Stall aus gesehen hatte.
    »Wer bist du?«, wollte Johann wissen und blieb dem Mann die Antwort schuldig.
    Jodokus runzelte befremdet die Stirn. »Ich bin der Bauer dieses Gehöfts«, erklärte er.
    »Karolines Mann?«, fragte Johann.
    Jodokus nickte.
    Mit einem Sprung stand Johann neben dem Fuhrwerk und ging auf den Mann zu, um ihn zu umarmen, doch der stieß ihn verärgert von sich.
    »Wer bist du? Wer seid ihr?«, fragte er gereizt und schaute griesgrämig in die Runde.
    »Das ist Johann, mein Bruder«, sagte Karoline, die plötzlich hinter ihnen stand.
    Als Johann die Stimme seiner Schwester hörte, drehte er sich zu ihr um und erschrak. Während der fast achtzehn Jahre in der Fremde war Karoline, wenn er sich an sie erinnerte, in seiner Vorstellung stets das junge, hübsche Mädchen gewesen, das er zurückgelassen hatte. Doch heute stand eine verbitterte, alt gewordene Frau vor ihm, die ihn mit bösen Augen anfunkelte. Johann hoffte, dass sie seine Bestürzung nicht bemerkte, und trat auf sie zu, um sie an sich zu ziehen. »Karoline!«, flüsterte er. »Endlich sehen wir uns wieder.«
    »Was willst du mit deiner Brut auf meinem Hof?«, fragte Karoline, ohne Franziska, die Kinder oder die beiden Fremden eines Blickes zu würdigen. Sie schaute starr auf ihren Bruder und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Lass uns später reden«, bat Johann, der tat, als ob er die Abweisung der Schwester nicht bemerkte. »Wo ist Mutter?«, wollte er wissen und sah sich suchend um.
    »Tot!« war die knappe Antwort seiner Schwester, die ihn wie ein Keulenschlag traf.
    »O nein!«, flüsterte er.
    »Was hast du erwartet?«, höhnte Karoline. »Hast du erwartet, dass alles so ist wie damals, als du uns verlassen hast? Hast du erwartet, dass wir hier auf dich warten und dich nach so vielen Jahren mit offenen Armen empfangen?«
    Johann schloss für einige Augenblicke die Augen, um sich zu sammeln, und blickte dann seine Schwester ernst an. »Du weißt, warum ich damals fortmusste. Vater hätte uns das Leben zur Hölle gemacht und Franziska auf den Scheiterhaufen gebracht.«
    »Könnt ihr das nicht im Haus besprechen?«, forderte Jodokus, der bemerkte, dass einige neugierige Hundeshagener sich auf der Straße versammelt hatten und zu ihnen in den Hof gafften.
    »Er betritt mit seiner Hexenbrut nicht das Haus«, zischte Karoline und blickte Franziska gehässig an.
    »Mutter!«, fragte Benjamin verstört. »Warum ist die Frau böse und redet so über uns?«
    Franziska strich ihrem Sohn stumm über den Scheitel.
    »Karoline, beherrsche dich«, wies Jodokus seine Frau barsch zurecht. »Ich bin der Mann im Haus, und ich bestimme, dass dein Bruder und seine Familie bei uns willkommen sind.« Er wandte sich Franziska zu. »Ihr seid von der Reise sicher müde. Tretet ein.« Jodokus wandte sich dann den beiden großen Fremden zu. »Ich weiß nicht, wer ihr seid, aber auch ihr seid willkommen.«
    »Die Pferde müssen versorgt werden«, erklärte Erik.
    Jodokus nickte. »Bringt sie in den Stall. Ich werde euch den Weg zeigen.«
    In Karoline brodelte es sichtlich. Wütend blickte sie von ihrem Bruder zu Franziska, als Magdalena sich vor sie stellte und sagte:
    »Ich freue mich, dich kennenzulernen, Muhme.«
    Erst jetzt schaute Karoline dem Mädchen ins Gesicht und riss entgeistert die Augen weit auf.
    Arne und Erik brachten die Pferde in den Stall, um sie mit Futter und Wasser zu versorgen und ihre verschwitzten Körper mit Stroh abzureiben. Als Benjamin, der ihnen gefolgt war, quengelte, baten sie den Jungen, ihnen zu helfen. »Komm, kleiner vän , du kannst dich nützlich machen«, rief Arne ihm zu.
    Begeistert verschwand auch Benjamin im Stall. Franziska dankte Arne mit einem Lächeln.

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