Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
der Bürgermeister und die hohen Ratsherren kamen und drückten ihnen die Hände.
Pfänner Augustin Jehner trat auf Johann zu und sagte: »Du kannst dich glücklich schätzen, die beiden Schutzengel zu kennen, denn ohne diese Männer würden wir samt unserer Stadt brennen.«
Traurig saßen die Allendorfer auf dem abgeholzten Waldboden und schauten hinunter zu ihrer Stadt, die lichterloh brannte und deren Hitze man glaubte spüren zu können.
Erst als das letzte Haus in Allendorf angezündet war, schienen die kroatischen und die kaiserlichen Soldaten zufrieden zu sein und verließen die Stadt. Kurze Zeit später konnten die Menschen auf dem Zinnberg beobachten, wie die Soldaten ihr Lager abbauten und in einem langen Zug in Richtung Kassel aufbrachen.
Der Superintendent Josephi blickte ihnen mit bitterböser Miene hinterher und flüsterte: »Schon bei Moses wird im zehnten Kapitel von Heuschrecken als achte Plage berichtet. Und wie Heuschrecken sind diese Soldaten, die erst weiterziehen, wenn sie alles vernichtet haben.«
Die beiden Schweden gingen mit Johann zum Bürgermeister. Christoph Kirchmeier stand mit seinen Ratsherren abseits und beratschlagte. Gustavsson überreichte den Männern den Beutel mit den hundert Gulden, die er den Belagerern vorenthalten hatte. Er fragte: »Was werdet ihr machen?«
»Da wir nicht wissen, ob alle Soldaten abgerückt sind, werden wir die Nacht hier auf dem Berg verbringen. Morgen werden unsere Männer hinuntergehen und schauen, was noch zu retten ist.«
»Viel wird das nicht sein«, vermutete Arne, der mit kummervoller Miene nach unten zu den brennenden Häusern schaute.
Kirchmeier folgte mit traurigen Augen Arnes Blick. »Wir können in den ausgebauten Gewölbekellern leben, bis wir die Stadt wieder aufgebaut haben.«
Johann zog erstaunt eine Augenbraue in die Höhe. »Ihr wollt eure Stadt wieder aufbauen?«
Nun erhellte ein zaghaftes Lächeln die Gesichtszüge des Bürgermeisters. »Wir sind Allendorfer, die lassen sich nicht unterkriegen!«
Da Johann und die beiden Schweden nichts mehr für die Menschen auf dem Zinnberg tun konnten, beschlossen sie, weiter nach Hundeshagen zu fahren.
»Ich hoffe, dass der Rest eurer Reise ohne Zwischenfälle verläuft«, wünschte ihnen Kirchmeier.
»Wir sind fast vor der Haustür«, lachte Johann. »Am Abend müssten wir Hundeshagen erreichen.«
»Gott wird euch begleiten«, prophezeite Josephi.
»Und die schwedischen Schutzengel auch«, fügte Augustin Jehner lächelnd hinzu.
Als die Allendorfer außer Hörweite waren, blickte Arne sorgenvoll Erik an und sagte: »Ich hoffe, dass unter diesen Menschen nicht die Pest ausbricht, wenn sie in den Gewölbekellern hausen.«
Erschrocken blickte Gustavsson zu seinem Freund auf, der mit ernster Miene nickte.
Die beiden Schweden schwangen sich auf ihre Pferde. Johann und Franziska nahmen auf dem Kutschbock Platz, während sich Benjamin und Magdalena auf die Ladefläche hockten. Als Magdalena sich sehnsuchtsvoll nach Arne umschaute, zwinkerte er ihr zu, und das Fuhrwerk setzte sich in Bewegung.
• Kapitel 42 •
Karoline saß auf der dritten unteren Treppenstufe und betrachtete nachdenklich das schlafende Dämonenkind. Seit Tagen beschäftigte sie das Gespräch mit der jungen Nachbarsfrau Helene.
»Bist du wirklich ein seelenloses Wesen, wie der Reformator behauptet hat?«, murmelte Karoline und rutschte eine Stufe tiefer. »Wenn ich Luther glauben kann, bist du ein gefühlloser Fleischklops, den ich ohne Folgen für mich oder meinen Sohn ertränken darf.« Sie seufzte verzweifelt. »Was soll ich machen? Ich kann dich nicht auf ewig in diesem Keller einsperren. Auch wenn du hager und klein geraten bist, du wirst älter und größer werden. Und wenn ich eines Tages alt und gebrechlich bin, werde ich die Treppe hinunter in den Keller und wieder hinauf nicht mehr steigen können, um dich zu versorgen. Wer wird diese Aufgabe dann an meiner statt übernehmen? Niemand!«, gab sie sich selbst die Antwort. »Wenn ich dich jedoch ersäufen würde, wärest du bei deinesgleichen und sicher glücklich, so wie der Wechselbalg in Halberstadt, den der Teufel zu sich in die Tiefe gezogen hat. Aber wer weiß, ob du Glück empfinden kannst? Glaube ich Luther, so bist du unfähig, Glück zu empfinden. Doch in Halberstadt schien der Balg glücklich zu sein, als der Teufel ihn holte.« Karoline versenkte ihr Gesicht in beiden Händen. Sie schmeckte Tränen auf den Lippen, die ihr aus den Augen quollen,
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