Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
Ratsherren, der Bürgermeister und alle anderen wohlhabenden Leute hatten ihr letztes Geld zusammengelegt und Gustavsson 350 Gulden anvertraut. Erik zählte die geforderte Summe ab und steckte sie zurück in den Geldsack. Die restlichen Münzen verstaute er in einem kleineren Beutel auf dem Fuhrwerk. Dann ging er wieder auf und ab, zählte bis hundert und öffnete schließlich das Tor. Als er vor die Stadt trat, warteten nur noch drei Männer auf ihn. Der ranghohe Soldat, der ihm die Forderung der Belagerer überbracht hatte, stand nun neben seinem Pferd und blickte ihm grimmig entgegen.
Erik reichte ihm den Sack mit dem Geld, das nachgezählt wurde. Weil die Summe stimmte, bekam er das Dokument, den Schutzbrief, ausgehändigt.
»Sobald die Turmuhr zur Mittagsstunde schlägt, öffnet ihr das Tor und gewährt uns Einlass!«, forderte der Soldat mit herausforderndem Blick und kalter Stimme.
Erik nickte und verschwand, ohne ein Wort mit den Männern gewechselt zu haben, hinter dem Steintor, das er wieder zuschlug und verschloss. Er atmete mehrmals heftig, doch der Druck in der Magengegend blieb. Diese Aufregung ist nichts mehr für einen alten Mann, dachte er und ging zum Fuhrwerk.
Die beiden Schweden hatten vereinbart, dass Arne die Menschen durch die Tunnel begleiten und Erik die Angelegenheit mit dem Schutzbrief aushandeln würde. Arne, der jung und von hoher und kräftiger Gestalt war, mit blonden Haaren, die bis zu den Schultern fielen, eignete sich nicht als Mittelsmann, weil die Gefahr, dass die Kroaten oder die kaiserlichen Soldaten bei seiner Erscheinung misstrauisch würden, zu groß schien.
»Deshalb muss ich meinen Kopf hinhalten«, murmelte Erik und prüfte das Geschirr der Kutschpferde ebenso wie das Zaumzeug ihrer eigenen Rösser, die er und Arne an dem Fuhrwerk festgebunden hatten.
Er führte das Hengstgespann am Kopfgestell zum Waldistor, das sich am anderen Ende der Stadt befand. Dieses Tor, das von den feindlichen Truppen nicht einsehbar war, öffnete er so weit, dass das Fuhrwerk durchpasste. Dann löste er den Zügel seines Pferdes und ritt in langsamem Schritt zurück zum Steintor. Dort saß er ab und öffnete die beiden Torflügel weit.
Als er sich wieder in den Sattel schwang, hörte er Soldaten laut rufen, doch er gab keine Antwort. Stattdessen peitschte er sein Pferd mit dem Zügel vorwärts, dass das Hufgeklapper auf dem Kopfsteinpflaster zwischen den Hauswänden dröhnte. Beim Fuhrwerk angekommen, sprang er vom Pferderücken, band hastig seinen Gaul fest und nahm auf dem Kutschbock Platz. Erik glaubte zu hören, wie die Soldaten in die Stadt einfielen, und jagte die Hengste vorwärts.
Als er außerhalb der Stadtmauern war, grinste er breit. »Die Kroaten und die Kaiserlichen werden bitter enttäuscht sein, wenn sie die leere Stadt vorfinden.«
Er trieb die Pferde an und umfuhr in einem weiten Bogen Allendorf in Richtung Zinnberg. Er hatte mit Arne vereinbart, dass sie sich an der Stelle treffen würden, wo sie in der Nacht die beiden Brüder getroffen hatten.
Arne schlängelte sich an den vielen Menschen vorbei, die durch die Gänge der Tunnel strömten, und suchte Magdalena. Er wusste nicht, durch welchen Keller die Familie Bonner in die unterirdischen Tunnel gelangt war, denn als er auf dem Marktplatz aufgepasst hatte, dass keiner zurückblieb, hatte er sie aus den Augen verloren. Der Schwede überragte zwar die meisten Menschen, sodass er über ihre Köpfe hinwegschauen konnte, doch an manchen Stellen verlief der Gang so tief, dass er den Kopf einziehen musste. Als er vor sich in der Menschenmenge einen hellen Schopf erkennen konnte, hüpfte sein Herz vor Aufregung, und er musste lächeln. Kaum denke ich an sie, schlägt mein Herz Purzelbäume, dachte er, als sich eine Hand in seine schob. Erschrocken blickte er neben sich und sah Magdalena.
Sie hatte Arne in der Menge entdeckt, die sich vor ihr durch die Gänge schob. Sie war überzeugt, dass er sie suchte. Voller Freude hatte sie ihrer Mutter ein Zeichen gegeben und sich von dem Strom der Menschen mitreißen lassen, bis sie neben Arne ging. Als er sie nicht sofort bemerkte, ergriff sie seine Hand. Arne war erschrocken, blickte sie dann aber voller Zuneigung an und strich mit dem Daumen über ihren Handrücken. Magdalena konnte ihr Glück noch immer nicht fassen, dass Arne zurückgekommen war, dass er zu ihr zurückgekommen war. Gott, hilf mir, dass unsere Liebe eine Zukunft hat, betete sie inbrünstig und wusste doch, dass
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