Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
Familiengeheimnis. Der leibliche Vater ihres Vaters, ihr wahrer Großvater, war ein Schäfer gewesen, den man auf dem Feld bei Ferna vor der Geburt seines Sohnes erschlagen hatte. Der Name dieses Großvaters war Johannes, so wie der Taufname ihres verstorbenen Bruders.
Sie setzte sich auf das Bett in ihrer Kammer, die sie ab diesem Tag mit ihrem Mann bewohnen würde. Schon am zweiten Tag nach ihrer Ankunft hatte Oheim Jodokus ihrer Familie angeboten, auf dem Bonner’schen Gehöft zu bleiben. Da es groß genug war, würden auch Magdalena und Arne hier wohnen.
Das Mädchen seufzte vor Wonne und strich sich das Kleid glatt. Sie konnte immer noch nicht glauben, wie sich ihrer aller Leben zum Guten gewandelt hatte. Sogar die misstrauischen Hundeshagener, die dem hünenhaften Schweden anfangs mit Misstrauen begegnet waren, hatten ihre Zweifel begraben.
Es war kurz nach Eriks Abreise gewesen, als der Enkelsohn der geschwätzigen Josefine, die am gehässigsten über das Bonner’sche Gehöft und seine Bewohner getratscht hatte, krank wurde. Schnell war zu hören, dass der Körper des Knaben mit Bläschen bedeckt sei, sodass gemunkelt wurde, er habe die Pest. Schreiend war Josefine durch das Dorf gelaufen und hatte um Hilfe gefleht, woraufhin Johann Arne bat, sich des Kindes anzunehmen. Arne behandelte Josefines Enkel mit seinen Tinkturen und Kräutern und heilte ihn damit von der vermeintlichen Pest. Nur er erkannte, dass eine giftige Pflanze Ursache der Bläschen war.
Seit diesem Vorfall wagte niemand in Hundeshagen etwas Schlechtes über den Fremden vom Bonner’schen Hof zu sagen, von dem niemand genau wusste, wo er herkam. Die Heilung sprach sich schnell herum, und immer öfter kamen kranke Menschen zu Arne, um seinen Rat als Arzt einzuholen. Da die Leute meist mit Naturalien bezahlten, war die Speisekammer auf dem Bonner’schen Gehöft immer gut gefüllt.
Arnes Stimme drang zu Magdalena in die Kammer hoch, und sie spitzte heimlich hinunter. Als sie seine große Gestalt erblickte, schossen ihr Tränen in die Augen. Sie hatte solche Angst gehabt, dass ihr Vater der Hochzeit seinen Segen verweigern würde. Doch Arne hatte die Gunst der Stunde und den richtigen Augenblick genutzt, als er um Magdalenas Hand anhielt.
Sie betrachtete ihren zukünftigen Ehemann, der in seinem neuen Wams prächtig aussah und mit ihrer Mutter redete. Seine blonden Haare glänzten im Schein der Sonne. Magdalena konnte es kaum erwarten, in seinen Armen zu liegen. Als sie an die bevorstehende Nacht dachte, spürte sie, wie die Hitze in ihre Wangen stieg, und setzte sich hastig aufs Bett.
Als die Kirchenglocken läuteten, wusste Magdalena, dass er gleich kommen würde. Sie nahm den kleinen Blumenstrauß, der neben ihr auf dem Bett lag, und rief »Herein«, als es klopfte. Die Tür öffnete sich, und Magdalena blickte ihm strahlend entgegen. »Da bist du endlich«, murmelte sie.
»Du bist wunderschön«, sagte ihr Vater und reichte seiner Tochter den Arm.
• Nachwort •
Der Dreißigjährige Krieg im damaligen Reich begann 1618 nicht flächendeckend, sondern erreichte das heutige Saarland erst viele Jahre später. Erst im Sommer 1635 kam es im einstigen Westrich zu heftigen Kampfhandlungen, sodass das kleine Land stark verwüstet wurde. Allerdings waren Hunger, Armut und Krankheit auch dort schon früher zu spüren gewesen, da in jener Zeit die sogenannte Kleine Eiszeit herrschte, die das Korn auf den Feldern verfaulen ließ.
Der Spruch »Der Krieg ernährt den Krieg« wurde in dieser Zeit geprägt. Da die Kassen der Feldherren ebenso leer waren wie die Speisekammer der Heere, wurden Ochs und Pferd von den Fuhrwerken und Pflügen gerissen und das Vieh von den Weiden geholt, sodass eine Bestellung der Felder fast unmöglich wurde. Überall wütete fremdes Kriegsvolk, das durch Blut und Schlachten verwildert war und vor kaum etwas zurückschreckte. Plünderungen, Zerstörungen, Diebstähle, Misshandlungen, Mord und Vergewaltigungen durch die sogenannte Soldateska waren an der Tagesordnung. Zogen die Heere, die Tausende von Soldaten stark waren, mit ihren Trossen weiter, hinterließen sie »verbrannte Erde«, auf der viele Jahre nichts mehr wuchs. Beim Verlassen der Ansiedlungen ließen die Heere zudem meist sittliche Verwahrlosung und Krankheiten zurück. Frauen verließen ihre Männer, Männer ihre Familien und Kinder ihre Eltern, um den Soldaten zu folgen. Die Pest wurde verbreitet und forderte ihre Opfer.
Habgier und Missgunst
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