Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
bemächtigten sich der Menschen, und auch der Aberglaube verstärkte sich. Hexenverfolgungen flammten wieder auf, denn irgendjemand musste Schuld an dem unsäglichen Leid der Menschen tragen. Durch das Chaos im Land brach vielerorts die Verwaltung zusammen, sodass manche Verdächtige ohne ordentlichen Prozess als Hexe abgeurteilt wurde.
Diese Tatsachen bieten reichlich Raum für einen historischen Roman, aber auch für meine Fantasie. Da sich nicht alles, was ich in meinem Roman Der Hexenschwur erzähle, tatsächlich ereignet hat, möchte ich die wahren Fakten in diesem Nachwort klarstellen:
Wechselbalg
Tatsächlich war der Aberglaube in unseren Vorfahren der damaligen Zeit so tief verankert, dass sie annahmen, Dämonen würden aus den genannten Gründen Menschenkinder gegen Dämonenkinder austauschen. In der Kirche von Undløse auf der dänischen Insel Sjaelland kurz vor der schwedischen Küste gibt es eine Deckenmalerei aus dem 15. Jahrhundert, die einen Wechselbalg bzw. die Entführung eines Kleinkinds von der Seite der Mutter durch einen bösen Geist darstellt. Diese Malerei beweist, ebenso wie die Legende über die Trolle, dass diesem Irrglauben auch die nordischen Völker verfallen waren – ebenso wie der Reformator Martin Luther, der angeblich gesagt hat, dass man solche Kinder erschlagen oder ertränken solle.
Heute weiß man, dass diese vermeintlichen Dämonenkinder meist von Geburt an kranke, körperlich behinderte oder geistig zurückgebliebene Kinder waren. Vielfach wiesen diese »Wechselbälger« die Symptome von Rachitis auf. Auch dass ein Kleinkind einen Schlaganfall erlitten haben könnte, lag durchaus im Möglichen. Vielleicht verfielen die Eltern diesem Irrglauben, weil sie die Symptome der Behinderung nicht sofort erkennen konnten oder diese Krankheiten nicht wahrhaben wollten. Das ist heute nicht mehr zu prüfen, denn leider gibt es über Wechselbälger nur sehr wenige literarische Quellen.
Ich muss gestehen, dass es mich einige Kraft gekostet hat, der Figur des Dämonenkinds Leben einzuhauchen. Der Gedanke, dass Kinder in einem dunklen Keller dahinvegetierten und misshandelt wurden, weil die Menschen damals glaubten, dass man sie schlecht behandeln müsse, damit die Dämonen ihnen ihr eigenes Kind wiederbrächten, war nur schwer zu ertragen. So bin ich sehr froh, dass ich den »Wechselbalg« in meiner Geschichte aus seinem Verlies befreien konnte.
Allendorf/(Bad) Sooden
Als ich im Sommer 2012 nach Allendorf eingeladen wurde, um dort meinen Roman Das Hexenmal vorzustellen, war ich sofort von dem Städtchen begeistert. Der Stadtkern und Marktplatz, der umrahmt wird von alten Fachwerkhäusern, sucht seinesgleichen. Kaum erfuhr ich von dem Schicksal der Allendorfer im Dreißigjährigen Krieg, war für mich sofort klar, dass diese Geschichte einen Platz in meinem neuen Roman finden würde. Alles, was ich in Der Hexenschwur über Allendorf berichte, ist tatsächlich passiert – allerdings erst 1637.
Christoph Kirchmeier war tatsächlich Bürgermeister von Allendorf und der Saline in Sooden, die wegen der fast dreitausend Arbeiter und Handwerker eine eigenständige Verwaltung hatte. Die Kell-Brüder Hans und Gabriel, der Superintendent und Magister Josephi, die Pfannenbesitzer Augustin Jehner, Franko sowie Johannes Klinckerfuß – dessen Schicksal im Roman der Wahrheit entspricht – waren Bürger Allendorfs und haben zu jener Zeit gelebt. Auch haben sie die Siedekoten auf dem Zinnberg – dem heutigen Klausberg – versteckt, damit sie nicht in feindliche Hände fielen.
Leider hat sich Arnes Vermutung im Roman, dass die Pest ausbrechen könne, wenn die Menschen in den unterirdischen Gängen hausen würden, bewahrheitet. 141 Menschen fanden noch im gleichen Jahr nach dem Niederbrennen Allendorfs durch die Seuche den Tod. Aus Angst, dass sich die Pestilenz weiter ausbreiten könnte, schenkte der Landesgraf den Allendorfern 10 000 Eichenstämme, damit das Städtchen schnellstmöglich wieder aufgebaut werden konnte und die Menschen die Kellergewölbe verlassen konnten. Noch heute kann man das Resultat bewundern, und Allendorf ist wahrlich eine Reise wert.
Johann Michael Moscherosch war tatsächlich von 1631 bis 1634 Amtmann im heutigen Saarwellingen sowie Satiriker und Pädagoge. Nach dem Tod seiner Frau ging er nach Finstigen, das heutige Fénétrange im französischen Lothringen, und wurde dort ebenfalls Amtmann. Auch gründete er mit drei geistesverwandten Freunden in Straßburg die
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