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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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verwirrt«, versuchte er das Thema zu beenden und blickte auf den Weg.
    Meine Mutter soll eine Hexe sein?, grübelte Magdalena entsetzt. Unsicher schielte sie zur Ladefläche. War das der Grund für das Elend, das ihre Familie quälte? Wollte Gott sie strafen, weil die Mutter vom Glauben abgefallen war? Vater hätte Mutter sicher davongejagt, wenn sie tatsächlich eine Hexe wäre, dachte Magdalena, um sich zu beruhigen, und kaute auf der Innenseite ihrer Wange.
    Johann ahnte die Gedanken seiner Tochter und machte sich Sorgen, ob die Wahrheit ihr geschadet hatte. Er griff nach Magdalenas Hand und drückte sie sanft. »Mein Vater war ein böser Mensch. Er hat mich als Kind oft mit der Hundepeitsche verprügelt, und dafür brauchte er keinen Grund. Auch meine Mutter litt unter seinen Gewaltausbrüchen. Du weißt, Magdalena, dass deine Mutter liebevoll, hilfsbereit und ein wunderbarer Mensch ist, der euch liebt. Was uns vor einigen Jahren zugestoßen ist, hat nichts mit den Verleumdungen meines Vaters zu tun.«
    Magdalenas Augen waren angstvoll geweitet und ihr Gesicht kreidebleich. Johann überkamen Zweifel, ob es richtig gewesen war, seiner Tochter die Wahrheit zu gestehen, als sie mit schwacher Stimme fragte: »Warum hat man Mutter nicht der peinlichen Befragung unterzogen? Dann wäre man sicher gewesen.«
    Johann glaubte sich verhört zu haben. Sein Gesicht verfinsterte sich, als er erregt ausrief: »Bist du von Sinnen? Warum sollte man deine Mutter der Tortur unterziehen? Sie ist keine Hexe. Sie wurde zu Unrecht beschuldigt.«
    »Es hätte Mutters Unschuld bewiesen«, erklärte das Mädchen trotzig.
    Johann atmete mehrmals ein und aus, um sich zu beruhigen. Dann erklärte er: »Ein weiser Jesuitenpater namens Friedrich Spee hat erforscht, dass Menschen unter der Folter alles zugeben, damit sie keine weiteren Schmerzen mehr erleiden müssen. Weißt du, was die peinliche Befragung bedeutet?«
    Magdalena schaute ihn verwirrt an und schüttelte den Kopf. Dann wisperte sie: »Es heißt, dass man nur unter der peinlichen Befragung erkennen kann, ob eine Frau eine Hexe ist.«
    Kaum hatte sie zu Ende gesprochen, riss Johann an den Zügeln, sodass die Pferde wiehernd stehen blieben. Ohne ein Wort zu sagen, fasste er seine Tochter am Arm und drückte ihre Hand so fest, dass sie vor Schmerzen aufschrie.
    »Bist du eine Hexe?«, fragte er, und als sie nichts sagte, drückte er eine Spur stärker zu. Tränen schossen dem Mädchen in die Augen, und sie wimmerte vor Schmerzen. »Bist du eine Hexe?«, brüllte er erneut.
    Da schrie hinter ihm seine Frau entsetzt auf: »Was machst du mit ihr?«
    Hustend ergriff Franziska Johanns Arm und zerrte daran. Er ließ seine Tochter los, die laut aufheulte und sich die gequetschte Hand hielt.
    »So und noch viel schlimmer ist das, was man den Frauen antut«, presste Johann hervor und sprang vom Kutschbock.
    Franziska versuchte ihre aufgebrachte Tochter zu beruhigen, doch die stieß sie von sich und schrie: »Fass mich nicht an!«
    Erschüttert schaute Franziska von Magdalena zu ihrem Mann, der einige Schritte entfernt den Oberkörper nach vorn beugte.
    »Was ist hier los?«, fragte sie ihre Tochter, die ihr nicht antwortete und stur vor sich hin starrte, während Tränen über ihre Wangen rollten.
    Franziska sah zu Benjamin, der ungestört weiterschlief. Zitternd krabbelte sie von der Ladefläche und schleppte sich zu ihrem Mann. Sie packte ihn am Arm und keuchte: »Was hast du getan?«
    Mit leerem Blick sah Johann seine Frau an und flüsterte: »Ich habe ihr die Wahrheit gesagt.«

• Kapitel 17 •
    Das Kind rüttelte an dem Eisen, mit dem sein verkrüppeltes Füßchen an der Wand festgekettet war. Doch der Ring löste sich nicht, sondern scheuerte an seiner stark entzündeten Haut. Als das Kind den brennenden Schmerz spürte, heulte es auf. »Mutr«, wisperte es und schaute scheu zur Treppe. Es hatte Angst, dass nicht die Frau, sondern der böse Mann kommen könnte und ihm wieder Schmerzen zufügen würde.
    Er war es gewesen, der ihm das Eisen vor zwei Tagen um den Fuß gelegt hatte. Dabei war das Kind nur die Treppe hinaufgekrabbelt, was es mit seinem missgestalteten Füßchen große Kraft gekostet hatte. Mit seinen nackten Beinchen musste es über das Holz der Stiege rutschen, sodass sich Splitter tief in seine Haut schoben. Trotz der Schmerzen und der Erschöpfung war es dem Kind gelungen, sich Stufe für Stufe hinauf zur geöffneten Tür hochzuziehen. Immer wieder musste es schnaufend

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