Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
zu meinen Eltern und zu meinem kleinen Bruder«, weinte sie. Vor Magdalenas Augen schob sich das Bild, wie die Söldner ihren Vater aufhängten, und sie sank weinend zu Boden. Sogleich sprang einer der beiden Fremden zu ihr und nahm sie in den Arm.
»Gr å t inte!« , flüsterte er und strich ihr das Haar aus dem Gesicht.
Magdalena hob den Blick. »Ich verstehe dich nicht«, fauchte sie. »Lass mich los! Ich muss meine Mutter und meinen Bruder retten«, sagte sie und wollte ihn von sich stoßen, doch der Griff des Mannes wurde fester.
»Weine nicht!«, sagte er leise. »Wir werden dir helfen. Aber du musst dich beruhigen!«
Magdalena sah ihn zweifelnd an, doch sein Blick und seine Worte klangen so überzeugend, dass sie sich entspannte. Der Mann zog sie auf die Beine, als der andere ihn zu sich winkte.
Der ältere Fremde war zurück zu den Büschen gegangen und beobachtete die Soldaten. Er zeigte nach vorn und zum Himmel. Beide flüsterten in einer Sprache, die Magdalena nicht verstand.
»Wer seid ihr?«, fragte sie, und die Männer drehten sich ihr zu.
»Wir werden uns später vorstellen, denn es ist Eile geboten, um deine Mutter und deinen Bruder zu retten. Doch dafür musst du uns vertrauen. Kannst du das?«
Beide Augenpaare waren fragend auf sie gerichtet.
Magdalena schluckte. »Was heißt das?«
»Ich werde dir das erklären, doch erst muss Arne etwas auskundschaften gehen. Noch nie war ich über Schnee so froh wie heute«, sagte der Ältere und grinste den Jüngeren an, der ebenfalls griente. Beide wendeten sich von Magdalena ab und sprachen wieder in der fremden Sprache, die in den Ohren des Mädchens hart klang. Die Männer klopften sich gegenseitig auf die Schulter, und der Jüngere verschwand zwischen den Bäumen.
Der fremde Mann blickte Magdalena aus seinen hellen Augen nachdenklich an. »Ich muss dir die Hände fesseln«, sagte er.
Sogleich versteckte Magdalena verängstigt ihre Arme hinter dem Rücken.
Als der Mann das sah, lächelte er, wobei sich um seine Augen feine Falten zeigten. »Hab keine Angst! Ich werde dir nun unseren Plan erklären«, sagte er. »Wir haben beobachtet, dass der Anführer eine Kiste vor seinen Kameraden versteckt hält. Wir wissen nicht, was darin ist, doch wir hoffen, dass es wichtig sein könnte. Da dichter Schneefall herrscht, wird Arne hoffentlich unbemerkt auskundschaften können, was die Kiste enthält. Wenn es etwas Wertvolles ist, können wir unter den Söldnern Unfrieden und Verwirrung stiften. Ich werde zu ihnen gehen und dich als meine Gefangene vorführen. Es soll sie ablenken, damit Arne sich hinter ihrer Linie verstecken kann. Sie sollen denken, dass sie es mit einem alten und schwachen Mann zu tun haben.« Er lachte leise auf und zwinkerte Magdalena verschwörerisch zu. »Deshalb, mein schönes Kind, werde ich dir die Hände zusammenbinden. Sei unbesorgt, du wirst die Fesseln selbst lösen können. Du musst so lange die Rolle der Gefangenen spielen, bis Arne erscheint. Einerlei, was du siehst, hörst oder was mit deiner Familie geschieht: Warte, bis Arne da ist. Hast du das verstanden?«
Magdalena schwirrte der Kopf. Sie spürte, wie sie Kopfschmerzen bekam. Sie hatte nichts verstanden, doch sie glaubte jetzt, dass die beiden Fremden ihr helfen wollten. Deshalb nickte sie, und der Mann holte seinen Gürtel, um ihre Hände zu fesseln.
»Wie ist dein Name?«, fragte sie leise.
»Erik«, sagte er. »Erik Gustavsson.«
Arne kam zurück und flüsterte seinem Freund etwas zu. Schließlich klopfte der Alte dem Mann abermals auf die Schulter, und Arne verschwand wieder zwischen den Bäumen.
»Wir warten nur noch wenige Augenblicke, dann gehen wir los.«
»Wird euer Plan gelingen?«, fragte Magdalena mit bebender Stimme.
Eriks Blick war ernst. »Wir hoffen es!«
Als Magdalena ihre Mutter sah, konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Am liebsten wäre sie auf sie zugestürmt, doch sie blieb tapfer an Gustavssons Seite. Mit leichtem Kopfschütteln signalisierte sie Franziska, nicht aufzuspringen und nicht zu ihr zu eilen. Wie schlecht sie aussah! Ihre Lippen waren aufgeplatzt. Blut klebte an den Mundwinkeln und über ihrem linken Auge. Magdalena konnte erkennen, dass sie schwer Luft bekam und heftig keuchte. Da blickte Benjamin um die Bretterwand. »Großer Gott«, dachte Magdalena. »Was haben sie mit dem Jungen angestellt?« Sein Gesichtchen war kreidebleich und die Haut um seine Augen feuerrot. Sein Oberkörper schwankte, und sie konnte
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