Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
Vom Netzwerk:
hauchte Katharina einen Kuss auf die Wange und verließ den Raum.
     
    An der frischen Luft atmete Burghard tief ein. Er wusste, dass Katharina mehr von ihm erwartete, als er bereit war zu geben. Er konnte nicht leugnen, dass er sie begehrte, doch noch war er nicht bereit, den endgültigen Schritt zu tun. Noch war er nicht bereit, mit Katharina wie Mann und Frau zu leben.
    Vor ein paar Wochen, als er im Wald um sein Leben gefürchtet hatte, hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als Katharina in seinen Armen zu halten. Auch genoss er anfangs die Zärtlichkeiten, die sie austauschten. Er konnte spüren, wie Katharina darauf wartete, dass er ihre Leidenschaft offen erwidern würde. Aber Zweifel, die fest in seinem Kopf verankert schienen, hinderten ihn daran, das Gelübde der Keuschheit zu brechen. Immer wieder sagte er sich, dass er kein Mönch mehr war und sich nicht an das gegebene Wort seiner Glaubensgemeinschaft halten musste. Aber vergebens, er konnte seine Gewissensnot nicht überwinden.
    Burghard wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Ein flaues Gefühl bemächtigte sich seines Körpers – wie immer, wenn das schlechte Gewissen an ihm nagte. Seit die Jesuiten in sein Leben getreten waren, wusste Burghard nicht mehr, was er wirklich wollte. Er wusste nur, dass sein Herz schneller schlug, wenn Ignatius oder Franziskus von dem Leben in ihrem Kloster und ihren Willensbestimmungen berichteten.
    Burghard fühlte sich zwischen zwei Welten hin und her gezerrt und konnte sich nicht für die eine oder die andere entscheiden.

     
    Katharina stand in der Schreibstube und kämpfte mit den Tränen. Sie stützte sich mit den Händen auf der Tischplatte ab, da sie spürte, wie ihr die Beine zitterten. Als die Kraft sie verließ, ließ sie sich zu Boden gleiten und weinte bitterlich. Plötzlich stand Pfarrer Schnetter vor ihr und blickte sie voller Sorge an. »Geht es dir nicht gut?«, fragte er und half ihr hoch. Er forschte in ihrem tränennassen Gesicht und schien den Grund für ihren Kummer zu erahnen.
    »Komm, mein Kind! Wir wollen uns in den Garten unter einen Apfelbaum setzen.«
    In der milden Sommerluft versiegten ihre Tränen. Nachdem Pfarrer Schnetter ihr kühlen Holundersaft zu trinken gebracht hatte, beruhigte sich Katharina langsam.
    »Was betrübt dich, mein Kind?«, fragte er milde.
    Zweifelnd blickte sie den Mann an und erwiderte höflich: »Ich glaube nicht, Herr Pfarrer Schnetter, dass ich mit Euch darüber sprechen möchte.«
    Er lächelte wissend und schwieg, um Katharina Zeit zu geben, ihre Gedanken zu ordnen. Als sie jedoch nichts sagte, erklärte er: »Der liebe Herrgott hat für jeden von uns einen bestimmten Weg vorgesehen. Manche Wege führen geradewegs zum Ziel. Bei anderen liegen Steine im Weg, die es zu umwandern gilt. Manch einer lässt sich selbst von Steinen so groß wie Felsen nicht von seinem Weg abbringen. Und bei wieder anderen befindet sich mitten im Weg eine Abzweigung, und diese verlangt eine Entscheidung.« Er schwieg einige Augenblicke, dann erklärte er: »Ob man den Weg weitergeht oder ihn am Scheideweg verlässt, bedarf einer guten Überlegung, aber vor allem bedarf es Zeit. Geduld, mein Kind, heißt das Zauberwort. Nichts erzwingen, nichts verdammen – nur so erkennt man, was die rechte Entscheidung ist.«
    »Aber was heißt das für denjenigen, der auf die Entscheidung warten muss? Wie lange soll derjenige Geduld aufbringen?«, fragte Katharina leise.
    »Das ist eine weise Frage, Katharina, die ich dir nicht beantworten kann. Die Antwort kennt allein dein Herz. Es wird dir sagen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, an dem du deinen Weg beschreiten wirst.«
    Nachdenklich blickte Katharina in die Weite des Gartens. In der anbrechenden Dunkelheit konnte sie Glühwürmchen erkennen, die vereinzelt in der Luft zu tanzen schienen. Ein Fuchs bellte in der Ferne, und ein Kuckuck rief.
    Als Katharina Pfarrer Schnetter anblickte, glänzten erneut Tränen in ihren Augen. »Ich würde bis ans Ende meines Lebens warten, wenn ich wüsste, dass er so lange braucht, um sich für mich zu entscheiden.«

     
    »Ich finde, dass deine Abschriften von Mal zu Mal besser werden, Burghard. Obwohl ich bereits bei der ersten der Ansicht war, dass sie perfekt ist«, lachte Ignatius und klopfte Burghard anerkennend auf die Schulter.
    »Ich werde die nächste Abschrift erst Ende der Woche beginnen können«, entschuldigte sich Burghard. »Frau Rehmringer schickt mich mit Clemens nach

Weitere Kostenlose Bücher