Der Hexenturm: Roman (German Edition)
die sie sofort in den Falten ihres Rocks verschwinden ließ. Als sie zurück ins Haus gehen wollte, fragte Barnabas: »Kannst du mir den Weg erklären, der zu dem Hain führt? Ich möchte einen Vorrat an Fichtennadeln mitnehmen, für den Fall, dass es mir wieder schlechter gehen sollte.«
Erstaunt blickte die Bäuerin ihn an. »Von welchem Weg sprichst du?«
»Von dem, den du dem Mädchen am Abend unserer Ankunft erklärt hast.«
Die Frau schien zu überlegen. »Ich habe ihr keinen Weg genannt. Nur erwähnt, dass man in dem Waldstück hinter der Scheune zu einer Fichtenschonung gelangt. Der Pfad ist einfach zu finden, allerdings kann man sich leicht verirren, da der Wald dicht bewachsen ist.«
Barnabas legte die Stirn in Falten und dachte für einen Moment nach. Dann fragte er unvermittelt: »Kannst du mir sagen, wie ich nach Püttlingen gelange?«
Die Bäuerin wies mit dem Zeigefinger vor sich und sagte: »Du musst den Hoxberg hinunter nach Wellingen gehen, und dort fragst du am besten wieder.«
»Hoxberg?«, überlegte Barnabas. »Hier soll es einen Hexentanzplatz geben.«
»Wer sagt das?«, ereiferte sich der Bauer, der bis jetzt stumm zugehört hatte.
»Die Leute, die ich unterwegs getroffen habe.«
»Diese Dummnickels lügen alle. Das hier ist der Laubspringer Hof, auf dem ich seit meiner Geburt lebe. Von einem Hexentanzplatz weiß ich nichts!«, sagte er und ging ins Haus. Seine Frau wünschte Barnabas eine gute Reise und folgte ihrem Mann.
Der Magier wandte sich um und blickte nachdenklich zu Maria, die vor der Scheune auf ihn zu warten schien.
»Was hast du getan?«, flüsterte er und schritt auf sie zu.
»Komm, mein Kind! Ich weiß, wo die Fichtenschonung ist. Lass uns nachschauen, ob wir Servatius finden können.«
Als Maria ihm nicht folgen wollte, packte er sie wortlos an der Hand und zog das störrische Mädchen hinter sich her.
Barnabas war vom ständigen Rufen nach Servatius heiser geworden. Keuchend lehnte er sich gegen einen großen Stein. Ich mute mir zu viel zu, dachte er, als er den stechenden Schmerz in seiner Lunge spürte. Während er sich über die Brust strich, ließ er seinen Blick suchend umherschweifen. Plötzlich glaubte er zwischen den Bäumen eine Bewegung ausmachen zu können und legte kurz die Hand an die Stirn, um besser sehen zu können. Doch außer Baumstämmen konnte Barnabas nichts erkennen. Trotzdem beschlich ihn das ungute Gefühl, beobachtet zu werden.
Maria stand stumm da und rupfte und zupfte an den Pflanzen um sich herum. Erst jetzt sah Barnabas, dass sie in einem Feld aus Farn standen. Er ging in die Hocke und untersuchte die Pflanzen. Stängel waren geknickt und Blätter zermalmt.
»Jemand hat sie zerstampft«, murmelte er und blickte zu Maria, die ihn beobachtete und sich in den Haaren zwirbelte.
»Das ist Irrwurz«, erklärte sie. »In der Nacht würdest du dich verirren.«
»Schweig, Maria. Ich glaube nicht daran.«
»Aber Servatius!«, flüsterte sie und lachte gehässig auf. Dann tanzte sie ein paar Schritte im Kreis und sang leise vor sich hin.
Kopfschüttelnd beobachtete Barnabas das Kind, als er zwischen den Stämmen erneut eine Bewegung auszumachen glaubte.
»Servatius!«, rief er und ging langsam auf die Bäume zu.
»Servatius! Ich bin es, Barnabas!« Niemand antwortete ihm.
Zuerst konnte der Magier nichts Besonderes erkennen, doch dann erschrak er, da sich ein Schatten von den Bäumen zu lösen und sich in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen schien. »Servatius!«, rief er aufgewühlt. »Ich will dir helfen!«
Ohne nachzudenken, folgte Barnabas dem Schatten, der auf ihn zu warten schien. Als der Magier sich kurz nach Maria umblickte, war der Schatten jedoch spurlos verschwunden.
»Wo ist er hin?«, rief Barnabas verwirrt. Das Mädchen, das hinter ihm hergerannt war, zeigte wortlos nach vorn. Sein Blick folgte ihrem Finger. Zwischen zwei Bäumen konnte Barnabas frisch aufgewühlte Erde erkennen. Eilig ging er darauf zu und erkannte, dass es ein Grab war.
»Liegt hier Servatius?«, fragte er das Mädchen, das nichts sagte, sondern um das Grab herumhüpfte.
Barnabas kniete sich nieder und begann mit beiden Händen die Erde zur Seite zu schaufeln.
»Das würde ich nicht tun!«, sagte eine Stimme hinter ihm. Langsam wandte sich der Magier um und erkannte mehrere Gestalten, die in schwarze Kutten gehüllt waren.
»Wer seid ihr?«, fragte Barnabas erschrocken und erhob sich.
»Das musst du nicht wissen«, sagte einer der
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