Der Hexenturm: Roman (German Edition)
Männer, der wie die übrigen seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte, so dass man ihn nicht erkennen konnte. Auch ihre Hände versteckten die Männer in den weiten Ärmeln des Habits.
Maria presste sich ängstlich an Barnabas, der schützend den Arm um sie legte.
»Wer liegt hier?«, fragte Barnabas, der die Antwort längst ahnte.
»Ein unbekannter Franziskanermönch, der vor mehreren Tagen durch den Wald geirrt war. Obwohl wir ihm freundlich zugerufen haben, lief er weiter und stürzte in der Dunkelheit einen Abhang hinunter. Als wir zu ihm kamen, lag er im Sterben. Wir haben für ihn gebetet und ihn hier beerdigt.«
Erschüttert lauschte Barnabas diesen Worten. Zwar hatte er gespürt, dass Servatius nicht mehr lebte, doch der Umstand seines Todes berührte ihn.
»Kennst du eine Frau namens Maria?«, fragte der Unbekannte ihn jetzt. Erschrocken blickte der Magier zu dem Mädchen, das keinerlei Regung zeigte.
»Warum fragst du mich das?«
»Bevor seine Augen brachen, flüsterte der Mönch: ›Du bekommst mich nicht, Maria!‹ Er schien vor dieser Frau große Angst zu haben.«
»Ich heiße Maria«, verriet das Mädchen und lächelte den Fremden unschuldig an.
Der Magier hätte bei Marias Worten gerne die Augen der Männer gesehen, um in ihrem Blick ihre Gedanken lesen zu können. Doch unter ihren Kutten waren ihre Gesichter nicht zu erkennen. Auch blieben die Fremden auf Marias Worte hin stumm. Barnabas sammelte einige Steine zusammen und legte sie in Form eines Kreuzes auf die frische Erde des Grabes.
»Sein Name war Servatius«, flüsterte Barnabas. Auch wenn er den Mönch nicht sonderlich gemocht hatte, so waren sie doch über lange Zeit Weggefährten gewesen. Barnabas ging mühsam in die Knie und murmelte ein Gebet. Als er sich ächzend erhob, waren die Männer in den Kutten verschwunden.
»Hast du gesehen, wohin sie gegangen sind?«, fragte Barnabas das Kind, das hinter einem Baum Pflanzen brach. »Nein«, antwortete Maria knapp und legte die Stängel auf Servatius’ Grab. Als Barnabas die Irrwurzpflanze erkannte, zuckte er zusammen.
»Warum hast du dem Alten nicht gesagt, wer wir sind? Er schien ein Freund des Franziskaners gewesen zu sein. Sicherlich hätte er uns helfen können.«
Ignatius antwortete nicht sofort, sondern überlegte. Nach einigen Augenblicken sagte er: »Nur weil Burghard Franziskanermönch war und unsere Beweggründe versteht, heißt das nicht, dass alle anderen uns auch verstehen. Hast du dir das Mädchen betrachtet, Franziskus? Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Auch der Alte ist kein gewöhnlicher Mann. Ich vermute, dass er ein Magier und Zauberer ist und somit Hexen erkennen kann. Solch ein Mann schlägt Nutzen aus den Hexenverfolgungen und würde niemals dagegen angehen. Nein, Franziskus! Wir taten recht daran, uns nicht zu erkennen zu geben. Wir müssen vorsichtig sein und dürfen Fremden nicht trauen. Jeder muss einer Prüfung unterzogen werden. Genauso, wie wir es mit Burghard getan haben.«
Der junge Franziskus nickte. Sein Lehrmeister hatte weise gesprochen.
Burghard streckte seinen Rücken. Es war spät geworden, aber er hatte erneut eine Abschrift beendet. Stolz betrachtete er die zahlreichen Blätter, als Katharina die Schreibstube des Pfarrers betrat. Erstaunt blickte Burghard auf.
»Ist etwas passiert?«, fragte er besorgt, da Katharina ihn nie besuchen kam.
»Nein, Pfarrer Schnetter ließ mich ein, denn Frau Rehmringer schickt mich. Die Kutschpferde für den Grafen von Nassau-Saarbrücken sollen morgen auf sein Schloss nach Saarbrücken gebracht werden. Frau Rehmringer wünscht, dass du Clemens begleitest.«
»Warum begleitet Johann Clemens nicht?«, maulte Burghard. Katharina legte eine Hand auf seinen Arm und erklärte mit sanfter Stimme: »Der Geometer hat sich angekündigt, um den Grund zu vermessen, damit der neue Stall gebaut werden kann. Außerdem möchte Johann Franziska und Magdalena nicht zu lange allein lassen. Er würde mehrere Tage fort sein.«
Burghard zog seinen Arm langsam fort. Katharina tat, als bemerke sie es nicht, und fragte ihn freudestrahlend: »Ist dir aufgefallen, wie sehr die kleine Magdalena gewachsen ist?«
Burghard erkannte die Sehnsucht in Katharinas Blick und wandte sich den Abschriften zu, die er sorgsam übereinanderstapelte. Ohne auf ihre Frage einzugehen, murmelte er: »Zum Glück habe ich eine weitere Abschrift von Cornelius Loos’ Buch vollendet. Ich muss sie sofort zu Bruder Ignatius bringen.« Burghard
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