Der Hexenturm: Roman (German Edition)
Tage mit der Kutsche unterwegs gewesen sei. Er nutzte die Handelsstraßen und die öffentlichen Wege. Wir hingegen gehen nur auf Schleichwegen durch die Wälder und querfeldein, deshalb meinte er, dass wir wohl vierzehn Tage benötigen würden. Jetzt sind wir bereits seit sieben Tagen unterwegs, das heißt, dass wir noch mal so lange marschieren müssen.«
Als er Johanns enttäuschtes Gesicht sah, schlug Clemens vor: »Lass uns morgen in den nächsten Ort gehen, zumal wir frisches Brot benötigen. Vielleicht haben wir Glück und treffen dort auf jemanden mit einem Fuhrwerk, der uns ein Stück mitnehmen kann.«
»Ja«, stimmte Johann zu, »das ist ein guter Vorschlag. Lass uns morgen in den Ort gehen.«
Daraufhin streckte er sich am Feuer aus und schlief ein.
Zwar nicht gleich am darauffolgenden Tag, aber zwei Tage später bekamen sie die Möglichkeit, mit einem Weinhändler nach Kreuznach zu reisen. Da das Fuhrwerk unbeladen war, machten es sich Burghard, Katharina, Johann und Franziska auf der freien Fläche bequem. Clemens hingegen setzte sich neben den Mann auf den Kutschbock.
Während der letzten Tage hatte Johann nur wenig mit Franziska gesprochen und sie weder umsorgt noch beachtet.
Während der holprigen Fahrt setzte sich Franziska dicht neben ihren Mann und sagte mit leiser Stimme: »Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist!«
»Franziska«, sagte Johann und sah ihr dabei fest in die Augen, »ich werde deine Launen nicht länger dulden. Clemens riet mir sogar, dich zu züchtigen, wenn du dich weiterhin so verhältst.«
Erschrocken forschte sie in seinen Augen. Als sie Traurigkeit darin erkennen konnte, schmiegte sie sich wie ein Kätzchen an ihn und versprach, sich zu bessern.
Von Kreuznach aus wanderten die fünf Reisenden nach Idar-Oberstein, wo sich ihnen zwei Benediktinermönche anschlossen. Während Burghard die Nähe des älteren Mönchs suchte, blieben die anderen einige Schritte hinter ihnen. Die Männer in den schwarzen Kutten waren ihnen nicht geheuer.
Burghard hingegen genoss das Gespräch mit dem Benediktiner. »Seid ihr ein Wanderorden?«, wollte er wissen.
»Nein«, erwiderte der Mönch, der sich als Bruder Bonifatius vorgestellt hatte. »Wir Benediktiner bleiben dem Kloster verbunden, in das wir eingetreten sind, und verlassen es nie. ›Promittat de stabilitate‹ heißt unsere Regel.«
»Verspreche er Beständigkeit«, murmelte Burghard. Da er vor sich auf den Weg schaute, konnte er den verwunderten Blick nicht erkennen, mit dem ihn der Benediktiner bedachte. Nachdenklich fragte Burghard weiter: »Aber weshalb seid Ihr nun auf Wanderschaft?«
»Ihr seid interessiert und scheint eine gute Schule besucht zu haben – auch wenn Eure Kleidung Eure Armut verrät«, stellte der Benediktiner fest. Erschrocken blickte Burghard auf, blieb aber stumm. Der Mönch schien keine Antwort zu erwarten, denn er fuhr fort: »In der Abtei zu Tholey ist der Abt Antonius von Trier verstorben. Martinus Nennigh wird sein Nachfolger werden. Er ist mein Oheim«, fügte Bonifatius voller Stolz hinzu. »Martinus hat darum gebeten, dass ich ihn begleite, wenn er vor dem Erzbischof und Kurfürsten von Trier den Treueid schwören wird. Da in Tholey außerdem Mönchspriester Johannes Kesten verstorben ist, wird mein junger Bruder Abamus den Mönchen hilfreich zur Seite stehen, bis ich aus Trier zurückkehre. Und im Januar dann werden wir uns wieder in unsere Abtei Münsterschwarzach in der Nähe von Würzburg begeben.«
Als Burghard nichts sagte, fragte der Mönch interessiert: »Woher kommt Ihr? Ihr sprecht miteinander einen sonderbaren Dialekt, den ich noch nie zuvor vernommen habe.«
»Wir kommen vom Eichsfeld«, erklärte Burghard. »Das liegt auf der anderen Seite der Werra.«
»Eichsfeld … der Name kommt mir bekannt vor. Ich glaube aus der Geschichte zu wissen, dass der Bauernführer Müntzer dort zugegen war.« Fragend blickte er zu Burghard, der nickte. »Ja, davon habe ich auch gehört.«
Burghard fühlte, wie glücklich ihn das Gespräch machte. Hier war jemand, der genauso empfand wie er selbst und ein Leben für Gott gewählt hatte. Wie gerne hätte er sich dem Mönch anvertraut und ihm seine Geschichte erzählt.
Wie die schwarze Kutte des Benediktinermönchs wurde einst auch Burghards brauner Habit von einer Kordel gehalten. Nur, dass das Zingulum der Franziskaner mit drei Knoten versehen war, von denen jeder eine besondere Bedeutung hatte.
Nachdenklich schritt Burghard den
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