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Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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staubigen Weg entlang. Ich muss mich nicht schämen, dachte er. Ich bin allen drei Gelübden treu geblieben. Die Keuschheit habe ich mir bewahrt, obwohl ich neugierig auf die Fleischeslust geworden bin, seit ich Johann und Franziska beobachte. Die Armut, für die der zweite Knoten steht, begleitet mich auch in meinem neuen Leben. Und das dritte Gebot, das des Gehorsams, habe ich auch nicht gebrochen. Zwar kann ich im Augenblick keinem Glaubensbruder gegenüber Ergebenheit erweisen. Aber ich folge meinem Schöpfer und diene ihm. Die Erinnerung an seinen alten Lehrmeister Servatius kehrte zurück, und Burghard erinnerte sich ebenfalls, wie der Ältere sich gegen all diese Gelübde versündigt hatte.
    Allein der Gedanke an Servatius verursachte ihm Kopfschmerzen. Sein Kopf dröhnte, und er geriet ins Straucheln.
    »Ist Euch nicht wohl?«, fragte der Benediktiner besorgt.
    Trotz der Schmerzen versuchte Burghard zu scherzen. »Ich habe das Gefühl, als würde jemand in meinem Kopf mit dem Hammer auf einem Amboss das Eisen schlagen.«
    Sogleich blieb der Mönch stehen und rief seinem jungen Bruder zu: »Abamus, reiche mir das Behältnis unserer Schwester Hildegard!« Wortlos kramte der Jüngere in seinem Rucksack nach dem Gewünschten. Dann übergab er Bonifatius einen kleinen schwarzen Lederbeutel.
    Der Mönch ließ den Inhalt des Beutels in seine Handfläche rieseln. Burghard erkannte viele kleine bunte Steine, die Bonifatius auf seiner Hand hin und her schob, bis er den richtigen gefunden hatte.
    »Hier, mein junger Freund. Haltet diesen kleinen Rubin in Eurer Hand, bis Ihr Euch zur Ruhe begebt. Dann legt ihn unter Euren Kopf.« Erstaunt musterte Burghard den Stein, der kaum so groß wie eine Erbse war und der dunkelrot wie reife Kirschen schimmerte.
    »Bereits vor vielen hundert Jahren hat unsere Schwester Hildegard von Bingen die Heilkraft der Steine erkannt«, erklärte der Benediktinermönch. »Sie schreibt in ihrem Buch, dass Steine von Gott gegebene Heilmittel sind, die eine himmlische Kraft innehaben. Diese Kraft geben sie an den Menschen weiter und heilen ihn von seinen Schmerzen. So wie der Rubin gegen Kopfschmerzen hilft, so hat jeder Stein die Kraft, gegen eine bestimmte Krankheit anzugehen. Vertraut ihm!«
    Burghards Faust schloss sich um den Edelstein, und bereits nach kurzer Zeit meinte er zu spüren, dass der Kopfschmerz erträglicher wurde.
     
    Nach mehreren Tagen des gemeinsamen Wanderns erreichten sie am späten Nachmittag den Ort Tholey. Voller Staunen blickten die Frauen an einem Berg empor, wo hoch oben eine Burg zu erkennen war. Da die laublosen Äste der zahlreichen Bäume den Blick auf die Burg freigaben, konnte man seitlich Türme erkennen, auf denen bunte Fahnen wehten. Die letzten Sonnenstrahlen ließen den hellen Sandstein des herrschaftlichen Gebäudes erstrahlen.
    »Wohnt dort ein König?«, fragte Franziska. Der Benediktiner lächelte milde.
    »Nein, hier wohnt kein König. Allerdings weiß ich nicht, wer der Herr dieser Burg ist. Ich weiß nur, dass man sie die Schaumburg nennt. Bereits vor hundert Jahren soll der Raubritter Franz von Sickingen versucht haben, sie zu erobern. Seitdem kamen viele, doch keiner schaffte es, sie einzunehmen. Sicherlich auch, weil jeder Burgbesitzer versuchte, sie auszubauen und zu festigen. Auch der jetzige Besitzer lässt die Steinmetze bis spät in die Nacht Steine klopfen. Mein Bruder beschwerte sich in einem Brief darüber, dass er bei dem Lärm keinen Schlaf finden kann.«
    Bonifatius drehte der Burg den Rücken zu und zeigte auf ein anderes Gebäude, das von einer hohen Mauer umgeben war. »Kommt, meine Freunde! Ihr könnt die Nacht im Kloster verbringen.«
    »Was werden Eure Brüder sagen, wenn Ihr gleich fünf Gäste mitbringt?«, fragte Clemens.
    »Macht Euch darüber keine Gedanken! Alle Fremden, die um Einlass in einem unserer Klöster bitten, werden wie einst Christus aufgenommen. Wir erweisen allen die Ehre, besonders den Brüdern im Glauben und den Pilgern.« Dabei sah er Burghard eindringlich an, der nicht wusste, wohin er blicken sollte.
    »Aber was ist mit Franziska und Katharina?«
    Der Benediktiner lächelte die beiden Frauen gütig an. »Sie werden in einem abgeschlossenen Bereich eine Schlafstätte zugewiesen bekommen und ein Mahl erhalten. Ihr braucht Euch um sie nicht zu sorgen!«
     
    Bonifatius klopfte an die Klosterpforte, und als ob man nur auf das Zeichen gewartet hätte, öffnete sich die kleine Luke in dem Portal, und ein alter

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