Der Hexenturm: Roman (German Edition)
Mönch streckte den Kopf heraus. Als er die Reisenden erblickte, rief er erfreut: »Dank sei Gott! Segne mich!« Mit einem feinen Zug um den Mund fragte Bonifatius: »So verschwenderisch, Nonnus? Eine Begrüßung reicht vollkommen aus.« Der Pförtner richtete seinen Blick beschämt zu Boden und murmelte: »Vergib mir, Bruder.«
Nachdem Bonifatius ihm seinen Segen erteilt hatte, schloss der Mönch die Luke, öffnete die Pforte und ließ die beiden Mönche und die Fremden eintreten.
Neugierig betrachteten die fünf Freunde den inneren Bereich des Klosters, in dem sich eine weitere hohe Mauer befand, die ein anderes großes Gebäude vollkommen umgab.
»Das ist die Klausur. Hier dürfen sich nur die Mönche des Klosters aufhalten. Nur hohen Würdenträgern oder Adeligen würde man ebenfalls Einlass gewähren«, erklärte Burghard den Freunden leise.
»Was befindet sich in der Klausur?«, wisperte Franziska. Burghard war froh, sein Wissen mit ihr teilen zu können, und erklärte leise: »In den Klosterregeln heißt es, dass es den Seelen der Mönche nicht zuträglich ist, draußen umherzuwandeln, und so befindet sich in der Klausur alles, was sie im alltäglichen Leben brauchen. Der Speisesaal, den man Refektorium nennt, mit seinen Wein-, Bier- und Vorratskellern, und die Küche. Auch der Kapitelsaal, in dem sich die Mönche versammeln, die Bibliothek und die Schreibstube. In der Sakristei wird alles aufbewahrt, was wir für den Gottesdienst benötigen.«
»Wir?«, unterbrach Franziska ihn spöttisch. Erschrocken hielt Burghard inne. Für einen Moment hatte er vergessen, dass er nicht mehr der Franziskanermönch, sondern der Bauer Burghard war. Dieses Leben habe ich hinter mir gelassen. Ich muss nach vorn schauen, tröstete er sich, als ihn Traurigkeit überkam.
Trotz dieses Vorsatzes konnte Burghard nicht leugnen, dass sein Herz vor Erregung heftig klopfte. Das Leben innerhalb der Klostermauern war ihm vertraut. Mit einem tiefen Atemzug nahm er den eigentümlichen Geruch des Klosters in sich auf.
»Wie ist dein Name?«, hörte Burghard Bonifatius den Pförtner fragen, der einige Schritte von ihm entfernt stand.
»Bruder Benedikt!«
»Sei so nett, Nonnus Benedikt, und teile Abt Martinus Nennigh mit, dass sein Neffe Bonifatius mit Bruder Abamus eingetroffen ist.«
»Du musst dich etwas gedulden, Bruder Bonifatius. Abt Martinus befindet sich mit unseren Brüdern im Vespergottesdienst. Aber ich werde ihm danach sofort von eurer Ankunft berichten.« Mit einem freundlichen Nicken entschwand der Pförtner in Richtung der Kirche, die sich ebenfalls innerhalb der ersten Klostermauer befand.
»Nonnus?«, flüsterte Johann Burghard zu. »Ich dachte, ihr seid alle Brüder.«
»Jüngere Mönche sollen die älteren ehren und sprechen sie mit Nonnus an, was so viel bedeutet wie ›ehrwürdiger Vater‹«, erklärte Burghard ihm und war stolz, Johann Auskunft geben zu können.
Kurze Zeit später ertönte Glockengeläut, und zwei Mönche sowie der Pförtner kamen aus der Kirche auf sie zugeeilt. Ein älterer Benediktiner mit grauen Haaren und lachenden Augen umarmte Bonifatius herzlich.
»Mein lieber Neffe!«, rief er aus. »Wie schön, dass du gekommen bist.« Auch Abamus wurde überschwänglich begrüßt. Bonifatius flüsterte seinem Oheim etwas zu, woraufhin dieser sich den jungen Menschen zuwandte und freundlich sagte: »Seid auch ihr willkommen!« Dem Pförtner trug er auf: »Bruder Benedikt, berichte unseren Brüdern Hospitarius und Camerarius, dass Bruder Bonifatius Gäste mitgebracht hat. Die Brüder sollen das Gästehaus beziehen, die Schwestern erhalten eine Unterkunft im Pilgerhaus.«
Bonifatius nickte den Reisenden freundlich zu. Dann folgte er mit Abamus seinem Oheim in die Klausur.
Während Burghard, Clemens, Katharina, Franziska und Johann warteten, dass jemand kam, um sie ins Gästehaus zu geleiten, flüsterte Franziska ihren Freunden zu: »Lasst uns weiterziehen! Mir ist unheimlich zumute.« Als Johann die Besorgnis in den Augen seiner Frau erkannte, stimmte er ihr zu. Auch Katharina nickte stumm. Clemens hingegen zuckte mit den Schultern und sagte gleichgültig: »Mir ist es einerlei. Wir können bleiben oder gehen.«
Nur Burghard blickte ungläubig von einem zum anderen. »Wir bekommen hier Essen und einen Platz zum Schlafen. Wollt ihr das wirklich gegen einen weitere kalte Nacht im Wald eintauschen? Ihr solltet dankbar sein, dass die Mönche uns ihre Gastfreundschaft erweisen«, ereiferte
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