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Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit

Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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vergeblich fest und sank weiter zu Boden. Sein Körper sah plötzlich aus wie ein schlaffer Sack ohne stützende Knochen. Seine Kleider sanken ein, als wäre der Körper darunter plötzlich nicht mehr da. Der ganze, schreckliche Vorgang dauerte nur wenige Augenblicke. Dann lagen da, wo Boldwinn zu Boden gestürzt war, nur noch ein Haufen alter Kleider und grauer, trockener Staub.
    ** *
     
    Der Raum lag tief unter der Erde. Seine Wände waren fensterlos, und die Tür bestand aus schweren, eisenbeschlagenen Bohlen, die nicht den geringsten Lichtschimmer, nicht den mindesten Laut hindurchließen. Jenny erinnerte sich nur schemenhaft daran, wie sie hier heruntergekommen war: Charles hatte sie zurückgeführt ins Haus, zurück in den Keller, in dem sie das erste Mal erwacht war, tiefer hinein in das unterirdische Labyrinth von Gängen und Stollen und Katakomben, das sich unter dem Haus erstreckte. Sie waren über ein Dutzend Treppen und zahllose, ausgetretene Stufen tiefer und immer tiefer hinabgegangen, weiter durch Stollen und Tunnel, später durch Gräben, die sie an ins Riesenhafte vergrößerte Maulwurfsgänge erinnerten und deren Wände nur noch aus zusammengepreßtem Erdreich bestanden, später durch bizarre, einer dem menschlichen Begriffsvermögen nicht völlig zugänglichen Geometrie folgenden Tunnel, die direkt durch den harten Granit des Bodens gegraben worden waren. Jetzt war sie hier.
    Charles war gegangen, und mit ihm war die geistige Fessel von ihr abgefallen. Nicht vollkommen – sie spürte, daß die unsichtbare Macht noch irgendwo da war, sie belauerte, bereit, sofort wieder zuzuschlagen, sollte sie erneut einen Fluchtversuch unternehmen.
    Jenny hatte Angst. Nicht das, was sie bisher unter dem Wort Angst verstanden hatte, sondern ein völlig neues, unbeschreibliches Gefühl des Grauens, das jeden Ansatz vernünftigen Denkens hinwegfegte und ihren Willen lähmte. Selbst wenn die Tür nicht verschlossen gewesen wäre, wäre sie unfähig gewesen, sich von der Stelle zu rühren.
    Sie war allein in der gewölbten Kammer, und doch nicht allein. Es gab kein Licht, aber sie konnte auf geheimnisvolle Weise trotzdem sehen, und obwohl es vollkommen still war, hörte sie unheimliche, schleifende, rasselnde Geräusche.
    Ein Laut, dachte sie erschrocken, wie ein schwerfälliges, unendlich mühsames Atmen. Es war niemand da, den sie atmen hören konnte, aber das Geräusch war trotzdem real, und es wurde in jedem Augenblick lauter, deutlicher, drohender ... Es kam aus keiner bestimmten Richtung, sondern schien aus Wänden und Decke, aus Boden und den Ritzen des Mauerwerks selbst zu kommen. Fast, als atmete das Haus selbst ...
    Jenny versuchte den Gedanken zu verscheuchen, aber es ging nicht, er hatte sich, einmal geweckt, wie der Keim einer üblen Krankheit in ihr Bewußtsein eingenistet und vergiftete ihr Denken. Vibrierte nicht der Boden unter ihren Füßen ein ganz kleines bißchen? Waren die Wände nicht in beständiger, unendlich langsamer, aber trotzdem sichtbarer Bewegung? Pulsierte nicht der ganze Raum wie ein gewaltiges, mühevoll schlagendes Herz?
    Jenny spürte, wie der Wahnsinn nach ihren Gedanken griff. Sie stöhnte, krümmte sich wie ein verängstigtes Kind in einer Ecke zusammen und schlug die Hände vor das Gesicht; preßte die Augen so heftig zu, daß es schmerzte. Aber es half nicht. Das Atemgeräusch wurde lauter, und darunter glaubte sie ein dumpfes, regelmäßiges Pochen zu hören. Gleichzeitig wurde es wärmer.
    Ein helles Knirschen drang in Jennys Gedanken. Zitternd vor Furcht nahm sie die Hände herunter, raffte das bißchen Mut, das sie in einem Winkel ihrer Seele noch fand, zusammen, und zwang sich, in die Richtung zu blicken, aus der das Geräusch kam.
    Es war die Tür.
    Das massive, armdicke Eichenholz begann sich zu biegen, als laste ein ungeheurer Druck auf ihm. Die Tür krachte und ächzte; armlange Splitter traten knallend aus dem Holz, dann wurde einer der Eisenbeschläge von einer ungeheuren Gewalt abgerissen und zu Boden geschleudert. Das Türblatt riß von oben bis unten; ein handbreiter Spalt entstand, und dahinter ...
    Jennys Schreien steigerte sich zu einem irrsinnigen Kreischen, als ihr Blick durch das zerborstene Türblatt fiel ...
    ** *
    »Dat hat kein’ Zweck nich«, brummte Rolf. »Glaubense mir.«
    Howard richtete sich mit einem resignierenden Seufzen auf, betrachtete einen Moment lang mißmutig das abgebrochene Messer in seiner Hand – es war das dritte, das er bei dem

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