Der Hexer - GK583 - Im Schatten der Bestie
Ordnung?«
»Nichts ist in Ordnung«, knurrte Norris. »Du mußt übergeschnappt sein, Lennard – glaubst du im Ernst, daß ich noch einmal da draußen ins Wasser gehe?«
Bensen setzte sich, legte die Hände flach nebeneinander auf den Tisch und sah Norris eine ganze Weile lang schweigend und nachdenklich an, ehe er – mit genau überlegter Betonung – weitersprach: »Das ist es also. Du hast Angst.«
»Ja, verdammt noch mal!« schrie Norris. Bensen hob warnend die Hand und sah instinktiv zur Tür, und Norris sprach, noch immer erregt, aber hörbar leiser, weiter. »Verdammt, ich habe Angst. Mahoney ist vor unseren Augen umgebracht worden, und du verlangst, daß wir noch einmal da runter gehen.«
»Er ist ertrunken«, begann Bensen, aber Norris ließ ihn nicht weiterreden. »Das ist er nicht, und du weißt das so gut wie ich oder dieser Phillips. Irgend etwas hat ihn in die Tiefe gezogen, vor unseren Augen, und dieses Etwas ist noch dort draußen.«
»Vielleicht«, sagte Bensen leise. »Aber vielleicht war es auch ganz anders. Überleg’ doch mal, Fred: Wir waren beide nervös, und es ist alles so furchtbar schnell gegangen.«
»Und dieses ... dieses Ding?« schnappte Norris. »Verdammt, Lennard, verkauf mich nicht für blöd. Du hast es genauso gesehen wie ich. Es war ... es war ein ...«
»Ja?« fragte Bensen lauernd.
Norris starrte ihn trotzig an, suchte einen Moment vergeblich nach den richtigen Worten und ballte schließlich in einer Mischung aus Zorn und Resignation die Fäuste. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich habe so etwas noch nie gesehen. Vielleicht eine Art Oktopus.«
»Es gibt hier keine Oktopusse«, erwiderte Bensen ruhig. »Jedenfalls nicht so große. Das weißt du.«
»Was war es dann?« Bensen zuckte gleichmütig mit den Achseln, setzte zu einer Antwort an und verstummte abrupt, als die Tür aufging und Hal mit zwei gefüllten Ale-Gläsern hereinkam. Wortlos stellte er sie vor Bensen und Norris auf den Tisch, rieb sich gewohnheitsmäßig die Hände an der Schürze trocken und sah Bensen herausfordernd an. »Damit wären wir bei fünfzehn«, sagte er. »Zu deinen Gunsten abgerundet.«
»Ich weiß, Hal«, antwortete Bensen. »Du kriegst es morgen. Ich komme am Abend und zahle alles auf einmal.«
»Wer’s glaubt«, knurrte Hal, wandte sich um und ging wieder. Trotzdem wartete Bensen, bis er ganz sicher war, daß sich der Wirt nicht mehr in Hörweite aufhielt.
»Vielleicht hat er sich in einem Tau verfangen. Vielleicht hat sich ein Stück Segeltuch vom Wrack gelöst und ihn runtergezogen«, fuhr er fort. »Bei diesen Schiffswracks schwimmt doch immer alles mögliche Zeugs rum.«
»Vielleicht war es aber auch ganz anders«, widersprach Norris. »Außerdem interessiert es mich gar nicht, was ihn umgebracht hat. Er ist tot, Lennard, und das allein zählt. Wir ... wir müssen zur Polizei.«
Bensen griff nach seinem Glas, trank einen mächtigen Schluck und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von den Lippen. »Tut dir sonst noch was weh?« fragte er ruhig. »Du hast doch gesehen, wie dieser Spinner reagiert hat. Ich sage dir, Junge, da ist eine Menge Geld für uns drin – mehr als lumpige hundertfünfzig Pfund.« Er stellte sein Glas ab und beugte sich erregt vor. »Fred, überleg’ doch! Mahoney wird nicht wieder lebendig, wenn wir jetzt zur Polizei gehen und alles melden, aber uns geht vielleicht eine Menge Geld durch die Lappen. Es war ein Unfall. Uns trifft keine Schuld.«
Norris war noch nicht überzeugt. »Sie werden rauskriegen, daß wir die letzten waren, die ihn gesehen haben«, sagte er. »Und ...«
»Und wenn?« unterbrach ihn Bensen und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wenn wir zusammenhalten und beide das gleiche aussagen, passiert uns nichts. Verdammt, Fred, sei vernünftig. Dieser Phillips stinkt vor Geld, und wenn wir es geschickt anfangen, können wir ihm einen hübschen Teil davon abknöpfen. Willst du den Rest deines Lebens hier in diesem Kaff verbringen und Treibholz sammeln? Wenn du die Nerven behältst, sind wir morgen um diese Zeit reich! Wir können hier weggehen, vielleicht sogar nach London. Du wolltest doch immer mal nach London, oder?«
Norris stöhnte. Seine Hand, die das Bierglas gehoben hatte, zitterte. Er wankte, kippte plötzlich nach vorne und ließ das Glas los. Es fiel um, das Ale verteilte sich auf dem Tisch und tropfte über seinen Rand zu Boden. Aus Norris’ Mund drangen leise, stöhnende Laute.
Bensen sprang mit einem Satz
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