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Der Hexer - GK587 - Bücher, die der Satan schrieb

Der Hexer - GK587 - Bücher, die der Satan schrieb

Titel: Der Hexer - GK587 - Bücher, die der Satan schrieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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unbeschreibliche Wut auf alles Lebende, Fühlende. Haß, der die Grenzen des Vorstellbaren überstieg und fast körperlich spürbar war.
    Und dieser Haß galt mir.
    Mit aller Kraft, die ich aufzubringen imstande war, machte ich einen weiteren Schritt auf das Bett zu. Das Gesicht des Mädchens zuckte. Blasiger dünner Schaum erschien auf ihren Lippen, und ein tiefer, stöhnender Laut entrang sich ihrer Brust. Ihre Hände krümmten sich auf der Decke zu Krallen, die Fingernägel zerrissen den Stoff.
    »Geh«, keuchte sie. »Geh ... weg von ... mir.«
    Der Klang ihrer Stimme ließ mich frieren.
    Es war nicht die Stimme eines jungen Mädchens; nicht einmal die einer Frau. Was wir hörten, war ein mißtönendes, schauriges Krächzen, in dem die einzelnen Worte kaum zu verstehen waren, ein Laut, als versuche ein Tier, dessen Stimmbänder nicht dafür gedacht waren, zu sprechen.
    Ich machte einen weiteren Schritt, dann noch einen und noch einen, blieb neben dem Bett stehen und sank langsam in die Hocke. Sallys Augen weiteten sich; ein gurgelnder, fürchterlicher Laut kam über ihre Lippen, und ihre Hände zuckten, als wolle sie nach mir schlagen. Howard blickte irritiert zwischen mir und dem Mädchen hin und her. Das stumme Duell zwischen uns war ihm nicht entgangen.
    »Geh ... weg«, gurgelte Sally. »Geh weg von ... mir.«
    »Sie phantasiert«, sagte Howard hastig, als Sallys Mutter neben mich trat. Für einen Moment löste ich meinen Blick von dem des Mädchens und sah Miß Winden an. Ihr Gesicht war angespannt, die Lippen zu einem dünnen, blutleeren Strich zusammengepreßt. Ich sah die Angst in ihren Augen.
    Howard stand auf und bedeutete mir mit einer raschen, verstohlenen Geste, ebenfalls von Sallys Bett zurückzutreten. Rasch stand ich auf, drehte mich herum und unterdrückte ein erleichtertes Aufatmen. In meinem Inneren tobte ein wahrer Sturm von Gefühlen. Und vor allem Furcht. Dieses Mädchen war kein Mensch mehr. Nicht wirklich. Sie war nicht mehr als eine Hülle, in der etwas Fremdes und Böses lauerte.
    Howard trat ein paar Schritte vom Bett zurück, wartete, bis ich ihm gefolgt war und wandte sich an Miß Winden. »Wie lange ist sie schon in diesem Zustand?« fragte er. »Sie hat hohes Fieber, wissen Sie das?«
    Die Frau nickte. Ihr Gesicht war noch immer ausdruckslos, aber ich sah, daß sie mit aller Macht um ihre Beherrschung kämpfte. Hinter der Maske, in die sich ihr Antlitz verwandelt hatte, brodelte es. »Seit zwei Tagen«, antwortete sie. »Es fing ganz plötzlich an. Sie bekam Fieber, aß nichts mehr und ...« Sie sprach nicht weiter. Eine einzelne, glitzernde Träne rann aus ihrem Augenwinkel und malte eine feuchte Spur auf ihre Wange. Ich spürte einen schmerzhaften Stich in der Brust. Mit einem Male haßte ich das Ding, das sich dieses unschuldigen Kindes bemächtigt hatte.
    »Haben Sie einen Arzt gerufen?« fragte Howard.
    »Ja. Er war Hier, gestern. Aber er konnte nichts tun.«
    Howard schwieg einen Moment. Ich ahnte, was hinter seiner Stirn vorging. Miß Winden sprach es nicht aus, aber sowohl ihm als auch mir war klar, warum der Arzt nichts für das Mädchen hatte tun können. Es lag nicht nur daran, daß ihre Mutter wahrscheinlich kein Geld für Medizin hatte.
    »Können Sie ... Sally helfen?« fragte Miß Winden. Ihre Stimme bebte. Es war ein Flehen darin, das mich frösteln ließ.
    Howard schwieg einen weiteren Augenblick, zuckte mit den Achseln und nickte dann, wenn auch sehr zaghaft. Ich sah aus den Augenwinkeln, wie sich Sean spannte.
    »Vielleicht«, antwortete Howard schließlich. »Ich kann es Ihnen nicht versprechen, Miß Winden. Ich will Ihnen keine falschen Hoffnungen machen.«
    »Das tun Sie nicht«, antwortete sie hastig. Ihre Selbstbeherrschung zerbröckelte, fiel wie eine Maske von ihr ab, und plötzlich war alles, was in ihrem Gesicht geschrieben stand, nur noch Verzweiflung. »Helfen Sie ihr«, sagte sie schluchzend. »Ich flehe Sie an, Doktor Phillips. Ich ... ich kann Ihnen nicht viel bezahlen, aber ich gebe Ihnen alles, was ich habe, und ...«
    »Es geht nicht um Geld«, unterbrach sie Howard.
    »Worum dann?«
    Howard atmete hörbar ein. Sein Blick flackerte. Ich sah, wie schwer es ihm fiel, zu antworten. »Ihre Tochter ist nicht krank, Miß Winden. Nicht körperlich.«
    »Sie ist ...«
    »Ihrem Körper fehlt nichts«, fuhr Howard fort. Sean trat mit einem raschen Schritt neben ihn und starrte ihn an, aber Howard ignorierte ihn. »Ich weiß nicht, ob wir ihr helfen können.

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