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Der Hexer - GK587 - Bücher, die der Satan schrieb

Der Hexer - GK587 - Bücher, die der Satan schrieb

Titel: Der Hexer - GK587 - Bücher, die der Satan schrieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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schmutzstarrende Geländer zu stützen. Das Licht der Kerze in Seans Händen warf flackernde Schatten gegen die Wände und die Decke, und die sonderbar dumpfe Akustik des Treppenhauses ließ das Geräusch unserer Schritte und das Knarren der ausgetretenen Stufen zu einem Wispern und Flüstern werden, das mich schaudern ließ.
    Und noch etwas war seltsam: Mit jeder Stufe, die ich nahm, fiel es mir schwerer, weiterzugehen. Es war kein wirklicher Widerstand, keine unsichtbare Kraft, die mich zurückhielt, sondern ein Gefühl, als sträube sich etwas in meinem Inneren, weiterzugehen. Das Haus war unheimlich. Das Haus – oder etwas in ihm. Es war nicht leer. Und es war kein Gebäude, das nur von Menschen bewohnt war. Ich hatte ein Gefühl wie dieses schon einmal verspürt; ich wußte nur nicht, wo und wann. Aber ich wußte, daß es noch nicht lange her war ...
    Sean öffnete eine schmale Tür am oberen Ende der Treppe und machte eine stumme, einladende Geste. Es kostete mich unendliche Überwindung, hinter ihm und Howard in den dahinterliegenden Raum zu treten.
    Eine Petroleumlampe verbreitete trübes gelbes Licht und ließ unsere Gestalten bizarre Schatten gegen die Wände werfen. Das Zimmer war klein und so heruntergekommen wie das ganze Haus, und es war – wie ich auf den zweiten Blick erkannte – nicht nur ein Zimmer, sondern die ganze Wohnung. Gleich neben der Tür stand ein rußgeschwärzter Kohleherd neben einem offenen Regal, in dem sich eine Anzahl verbeulter Töpfe und wenige Tassen und Teller stapelten. Ein Schrank, ein Tisch mit vier wackeligen Stühlen und zwei niedrige Betten stellten die gesamte übrige Einrichtung dar.
    Aber es bereitete mir Mühe, das Bild überhaupt aufzunehmen. Das Gefühl des Widerwillens, das ich auf der Treppe verspürt hatte, hatte sich fast ins Unerträgliche gesteigert. Mein Atem ging schnell und stoßweise, und ich mußte die Fäuste ballen, um das Zittern meiner Hände zu verbergen. In diesem Zimmer war etwas. Etwas Fremdes, Böses, Lauerndes. Es war keine Einbildung. Ich spürte überdeutlich, daß außer uns und Miß Winden und ihrer Tochter noch irgend etwas im Zimmer war.
    »Doktor Phillips.« Sean warf Howard einen raschen, fast beschwörenden Blick zu, nickte dann übertrieben und deutete mit der Hand auf eine vielleicht vierzigjährige, schlanke Frau, die bisher auf dem Rand eines der Betten gesessen hatte und bei unserem Eintreten aufgestanden war. »Miß Winden, meine Wirtin.« Er drehte sich um, und ich sah, wie der ernste Ausdruck auf seinen Zügen von einem wirklich herzlichen Lächeln abgelöst wurde. Er mußte diese Frau sehr mögen. »Miß Winden, das ist Doktor Phillips. Er möchte nach Sally sehen.«
    »Doktor?« Ein schwacher Schimmer von Hoffnung glomm in den dunklen Augen der Frau auf. »Sind Sie Arzt?«
    Howard schüttelte hastig den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich bin Wissenschaftler, Miß Winden. Die beiden Herren sind mein Leibdiener und mein Neffe.« Er deutete auf das Bett. »Ihre Tochter, nehme ich an.«
    Ich sah die schmale Gestalt hinter Miß Winden erst jetzt. Trotz des heruntergekommenen Zustandes der Wohnung war das Bett mit sauberen weißen Laken bezogen, auf denen das schmale Gesicht des Mädchens fast unsichtbar war. Trotz des schlechten Lichtes erschrak ich, als ich sah, wie bleich ihre Haut war.
    Als Miß Winden nicht antwortete, trat Howard ohne ein weiteres Wort um das Bett herum, ließ sich auf seiner Kante nieder und streckte die Hand nach dem Gesicht des Mädchens aus. Ihre Augen standen offen und bewiesen, daß sie nicht schlief oder das Bewußtsein verloren hatte, aber sie reagierte trotzdem nicht auf die Berührung, als Howards Finger über ihre Wange strichen.
    »Robert.« Howard sah auf und winkte mir, heranzutreten. Ich nickte, machte einen Schritt und blieb stehen. Howard sah mich irritiert an, besaß aber gottlob genügend Geistesgegenwart, nichts zu sagen, sondern sich rasch wieder über das Mädchen zu beugen.
    Meine Knie zitterten. Das Gefühl der Bedrohung steigerte sich ins Unerträgliche; ich mußte all meine Willenskraft aufbieten, um nicht herumzufahren und aus dem Zimmer zu stürzen, so schnell ich konnte.
    Und plötzlich wußte ich, woher dieses Gefühl kam, wo die Quelle dieser fremden, unsagbar bösartigen Ausstrahlung war.
    Es war das Mädchen.
    Ihre Augen waren weit geöffnet, und ihr Blick war starr in den meinen gerichtet. Und was ich darin las, war ein so grenzenloser Haß, daß ich innerlich aufstöhnte, eine

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