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Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Titel: Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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kennen. Aber lassen wir das. Zumindest für den Moment. Wohin wollten Sie eigentlich?«
    »Spazierengehen«, sagte ich rasch. »Ich bin fremd hier und habe mich wohl etwas verlaufen.«
    Sean wischte meine Worte mit einer ärgerlichen Bewegung zur Seite.
    »Versuch nicht, mich zum Narren zu halten«, fuhr er mich an. »Zu dieser Zeit und bei diesem Wetter spazierenzugehen, ohne sich in der Gegend auszukennen, ist doch Wahnsinn. So dumm sind Sie nicht. Und ich bin nicht so dumm, Ihre Geschichte zu glauben!«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Wie Sie meinen. Was suchen Sie denn eigentlich hier?«
    Sean funkelte mich einen Herzschlag lang ärgerlich an, aber dann verzog sich sein Gesicht zu einem breiten Grinsen. Ich ahnte, daß er genausowenig wie ich eine überzeugende Erklärung für seinen nächtlichen Spaziergang hatte.
    »Okay, lassen wir das. Wie sagten Sie doch so treffend: Hier ist nicht der rechte Ort für Diskussionen. Außerdem habe ich noch etwas zu erledigen. Ich habe nichts dagegen, wenn Sie mich bis zum Ende des Waldpfads begleiten, aber dann werden sich unsere Wege trennen.«
    Ich atmete tief ein. »Einverstanden«, sagte ich.
    Es war mir klar, daß die Begegnung mit Sean kein Zufall war, daß irgend etwas dahinter steckte, was sich jetzt noch nicht absehen ließ.
    Etwas, das mit meinem toten Vater zu tun hatte.
    Aber hatte Andara bei unserer letzten Begegnung nicht angekündigt, daß wir uns so bald nicht mehr wiedersehen würden? War das nun wirklich Sean, der da vor mir stand, oder war es wieder mein Vater, der sein eigenes Spiel spielte und mir trotz seines Todes schon wiederholt beigestanden hatte?
    Ich wollte mich in Bewegung setzen, aber Sean hielt mich am Ärmel fest. »Nicht hier lang«, sagte er. »In die andere Richtung.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid. Das Haus meines Freundes liegt jenseits des Waldes.«
    »Jenseits ist ein sehr dehnbarer Begriff«, bemerkte Sean. »Abhängig, von welcher Seite aus man die Sache sehen will. Wie heißt denn Ihr Freund?«
    »Baltim...«
    Ich brach ab und biß mir auf die Lippe. Ich brauchte nicht in Seans Gesicht zu sehen, um zu wissen, daß er mich wie einen dummen Jungen reingelegt hatte. Sein Griff um meinen Arm verstärkte sich, und sein Mund war zu einem dünnen Strich zusammengepreßt.
    »Baltimore?« fragte er.
    Ich nickte widerstrebend, obwohl ich mich in diesem Moment selbst hätte ohrfeigen können.
    »Welch merkwürdiger Zufall«, sagte Sean lauernd. »Ausgerechnet zu Baltimore wollen Sie, und das ausgerechnet in dieser Nacht ...«
    Er brach ab und starrte nachdenklich in den Nebel.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, mich loszulassen«, stieß ich gepreßt hervor. Ich hatte das Gefühl, daß mein Arm in einer Schraubzwinge stecken würde, die sich immer mehr zusammenzog.
    Sean gab mich überraschend frei. Er schien einen Entschluß gefaßt zu haben, und was auch immer er von dem Zufall unserer Begegnung halten mochte, schien er mich doch nicht als Feind zu betrachten. Aber ich mußte auf der Hut sein. Ich wußte, was für Kräfte in diesem Riesen schlummerten.
    »Wenn Sie Baltimore so gut kennen, wird es Ihnen ja nichts ausmachen, mich ihm vorzustellen«, sagte er leichthin.
    »So gut kenne ich ihn nun auch wieder nicht«, sagte ich ausweichend. »Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, daß er um diese Zeit noch Besuch empfängt.«
    »Er wird mich schon empfangen«, meinte Sean. »Verlassen Sie sich darauf.«
    »Und in welche Richtung gehen wir?« fragte ich.
    »Das bestimmen Sie. Sie werden ja wohl noch wissen, wo Ihr Freund wohnt.«
    Ich nickte zögernd und deutete in die Richtung, aus der die Rattenfrau auf mich zugekommen war. »Da entlang«, murmelte ich.
    ** *
    Pri blinzelte, schlug die Hand vor den Mund, starrte von der gefesselten und geknebelten Frau zu Acorn, der sich wortlos daran machte, Santers zu helfen. Sie verstand nichts, obwohl sie zweifelsohne an den Vorbereitungen dieser Tat beteiligt war, vor Tagen oder Wochen, vor einer Zeit, die so weit zurücklag ...
    Langsam, ganz langsam tastete sich die Erinnerung vor, streckte die Fühler nach ihrem Bewußtsein aus, versorgte sie bruchstückhaft mit Informationen, ließ sie Dinge wissen, die sie lieber für alle Zeiten im Dunkel des Vergessens begraben hätte.
    »Ihr kommt spät«, keuchte Santers. Man merkte ihm die körperliche Anstrengung an. Er mußte die Frau die ganze Strecke von ihrem Zimmer bis in den Keller geschleppt haben. Allein. »Ihr hättet wenigstens an der

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