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Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Titel: Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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geradezu lächerlich, das sie noch gerade so etwas wie Mitleid mit Mrs. Sunday empfunden hatte. Ein Menschenleben mehr oder weniger, was bedeutete das schon? Sie erinnerte sich an das Gefühl, aber es war, als wären es die Erinnerungen eines anderen.
    Es galt jetzt, das zu Ende zu führen, was vor langer, langer Zeit in Jerusalems Lot begonnen hatte. Andara, der Verräter, der sie und die anderen Hexer so schmählich im Stich gelassen hatte, der die Schuld an dem Unglück trug, dem sie alle zum Opfer gefallen waren, war ausgelöscht – aber noch lebte sein Sohn. Der Fluch war noch nicht erfüllt. (Siehe GK 567: »Als der Meister starb«)
    Sie ließ sich auf einem der harten Holzstühle nieder und beobachtete ungerührt, wie Santers und Acorn Mrs. Sunday hochzerrten, mit ungeduldigen Bewegungen ihre Fesseln durchtrennten, ihr den Knebel aus dem Mund rissen und sie zu der breiten Holzbank führten, die an der dunkeln Außenwand stand. Das Messer in Acorns Hand funkelte bedrohlich, aber sie wußte, daß er es noch nicht benutzen würde.
    Noch war es nicht soweit.
    ** *
     
    Seans Fähigkeiten hatten mich aufs Neue in Erstaunen versetzt. Die Leichtigkeit, mit der er das verschlossene Gartentor aufbekommen hatte, trug nicht gerade dazu bei, meinen Verdacht zu zerstreuen. Irgend etwas stimmte nicht mit ihm. Seine Anwesenheit im Wald, seine Zielstrebigkeit, mit der er mir seine Begleitung angeboten hatte ...
    Während wir auf das Haus zugingen, ließ mich das quälende Gefühl nicht los, daß Sean nicht hierhin gehörte. Bei dem, was ich tun mußte, konnte ich keinen unsicheren Begleiter gebrauchen. Ich mußte unbedingt herausbekommen, was Sean hier eigentlich suchte – oder wer er war.
    Der Nebel hatte sich zum größten Teil gelichtet und gab den Blick auf eine großzügige Parkanlage und ein im Dunkeln liegendes, großes Haus frei. Was uns dort erwartete, wußte ich nicht, aber ich spürte, daß es besser war, wenn ich allein ging. Ich hatte schon einmal eine Überraschung mit Sean erlebt, und ich war nicht erpicht darauf, sie zu wiederholen.
    Sean bewegte sich leise und geschickt wie ein Dieb. In seiner ganzen Art lag etwas Gespanntes, Selbstsicheres, das mich daran zweifeln ließ, daß er sich zum ersten Mal unerlaubt in fremdes Gelände einschlich. Ich wußte wenig über diesen Mann, zu wenig, um mir ein Urteil über ihn erlauben zu können, aber ich ahnte, daß er ein düsteres Geheimnis mit sich trug.
    Ich hätte ihn am liebsten geradewegs danach gefragt. Schließlich war ich ein Hexer und verfügte über die Fähigkeit, Lüge und Wahrheit zu unterscheiden. Aber mit jedem Schritt, dem wir uns dem Haus näherten, fühlte ich mich weniger in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich mußte wissen, wer Sean war, und doch mußte ich diese Frage erst einmal verschieben.
    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Irgendwie überraschte mich die Größe des Hauses und seine bedrückende Atmosphäre. Die hohen, lichtschluckenden Mauern erinnerten mich an ein düsteres Gerichtsgebäude, das ich vor ein paar Monaten in London gesehen hatte. Es hatte etwas Abschreckendes an sich.
    Priscylla war hier, das spürte ich, aber da war ... noch etwas anderes. Etwas, das sich zwischen Priscylla und mich geschoben hatte. Bevor ich dazu kam, darüber nachzudenken, hatten wir schon die Stufen erreicht, die zum Portal führten.
    Der Anblick ließ mich frösteln. Vor uns erhob sich eine mächtige, eisenbeschlagene Tür, die mir wie die Zugbrücke einer mittelalterlichen Festung vorkam. Sie strahlte etwas Bedrohliches aus. Ich mußte mit Mühe die aberwitzige Vorstellung unterdrücken, daß die Tür donnernd auf uns hinabfuhr und ein berittener Trupp über uns hinwegsprengte.
    »Ich glaube, es wird Zeit, daß wir uns bemerkbar machen«, sagte Sean leise. »Man könnte uns sonst noch für Einbrecher halten.«
    Ich nickte langsam und versuchte, das ungute Gefühl zu unterdrücken, das mich dabei beschlich. Sean glaubte augenscheinlich immer noch, daß ich mit Mr. Baltimore bekannt war; ein Irrtum, der sich nur allzubald aufklären würde. Ich mußte eine Möglichkeit finden, Sean zum öffnen des Türschlosses zu bewegen, ohne ihm die Wahrheit zu sagen.
    »Es hat keinen Sinn, um diese Zeit zu klopfen«, sagte ich. »Wir würden mehr Verwirrung stiften als alles andere.«
    Sean wirkte einen Moment verwirrt. Ich fürchtete schon, er würde mißtrauisch werden und mich unter Druck setzen wollen, aber er schien nicht in der Stimmung dazu zu

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