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Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht

Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht

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Autoren: Verschiedene
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    * * *

    Zeit war bedeutungslos geworden. Ein Schritt war eine Ewigkeit, hundert Meilen ein Augenblick. Es gab keine Richtungen, kein Oben, kein Unten, keinen real greifbaren Raum mehr. Der zuckende Schlund war verschwunden, im gleichen Moment, in dem sich die Tür hinter mir geschlossen hatte, und um mich herum war –
    nichts.
    Kälte, Leere, Raum ohne wirkliche Weite, eine Welt, die zu beschreiben der menschlichen Sprache die Worte und dem menschlichen Geist die Sinne fehlten. Ein Kosmos des Wahnsinns. Dann das Gefühl des Fallens, nicht von dem Schmerz gefolgt, dessen Erwartung sich mit dieser Empfindung verknüpft, sondern nur von Unwohlsein, wenn auch von einer Stärke und Eindringlichkeit, die es fast schlimmer als wirklichen körperlichen Schmerz sein ließen.
    Zonenlang – wie es mir vorkam – stürzte ich durch ein finsteres, unendliches Nichts, einen Äther, in dem dann und wann bizarre schwarze Dinge aufzutauchen schienen, gewaltige pulsierende Leiber, die mit peitschenden Armen nach mir griffen, mich aus grundlosen Augen anstarrten oder auch teilnahmslos blieben, als sei ich nicht wichtig genug, um überhaupt zur Kenntnis genommen zu werden.
    Dann, nach einer Ewigkeit, tauchte ein winziger, grellweißer Punkt irgendwo in der richtungslosen Unendlichkeit auf, wuchs rasend schnell heran, wurde zu einem Ball, schließlich einer blauweißen Sonne, deren flammender Atem mich zu versengen trachtete, meine Augen verbrannte, meinen Körper in einen Mantel von Flammen badete und wuchs und wuchs und wuchs...
    Für eine Sekunde sah ich Fetzen eines wolkenverhangenen Himmels, grüne Hügel und einen gewaltigen, bizarr geformten Stein, dann stürzte ich aus mehreren Metern Höhe hart zu Boden und verlor das Bewußtsein.

    * * *

    Ich lag auf weichem Gras, als ich erwachte, aber genau zwischen meinen Schulterblättern lag ein spitzer Stein, der unangenehm durch meine Kleidung hindurchdrückte, und jemand – oder etwas – fummelte ununterbrochen an meinem Gesicht herum. Ein warmer Wind streichelte meine Wange, und hinter meiner Stirn führten Gedanken und scheinbar zusammenhanglose, bizarre Bilder einen absurden Tanz auf.
    Es war nicht so, als wüßte ich nicht mehr, warum oder wie ich hierher gekommen war – wo immer dieses »hier« sein mochte –, aber es fiel mir seltsam schwer, all die Erinnerungen und Bilder, die plötzlich aus meinem Unterbewußtsein heraufdrängten, zu ordnen und Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Irgendwie spürte ich, daß ich nur Bruchteile von Sekunden in jener fremden, feindseligen Welt gewesen war, die hinter dem Tor lauerte; aber es war eine Welt gewesen, die nicht Bestandteil des menschlichen Kosmos war, und mein Verstand hatte bereits begonnen, sich in den einzigen Ausweg zu flüchten, der ihm blieb: den Wahnsinn.
    Wenige Sekunden länger, dachte ich schaudernd, und ich wäre wohl wirklich wahnsinnig geworden. Ich begann zu begreifen, warum sich Howard bisher stets beharrlich geweigert hatte, mich in die Geheimnisse der Tore der Großen Alten einzuweihen.
    Wieder machte sich etwas an meiner Wange zu schaffen, und die Berührung war unangenehm wie die von Sandpapier. Ich blinzelte, öffnete mühsam die Augen und blickte in ein altes, zerfurchtes Gesicht.
    Es konnte nicht viel Zeit vergangen sein, seit ich das Bewußtsein verloren hatte, denn die Sonne stand noch immer hoch am Himmel, und trotz der bauchigen Regenwolken war es sehr warm. Ich lag so da, wie ich gestürzt war, und der Schmerz zwischen meinen Schulterblättern begann nun wirklich unangenehm zu werden.
    Behutsam setzte ich mich auf. Sofort wurde mir schwindelig, und ich blieb sekundenlang mit geschlossenen Augen sitzen, bis der Anfall vorüber war.
    »Alles in Ordnung, Mister?« fragte eine Stimme neben mir.
    Ich unterdrückte im letzten Moment den Impuls, zu nicken, hob behutsam den Kopf und sah zur Seite.
    Neben mir hockte ein unglaublich alter Mann. Er war dürr wie eine Bohnenstange, dabei aber sehr klein, so daß sein Wuchs auf den ersten Blick kaum auffiel, hatte strähniges graues Haar und noch genau drei Zähne im Mund, was seiner Aussprache nicht gerade förderlich war. Sein Gesicht sah nicht nur aus wie ein ausgetretener alter Schuh, es roch auch so.
    »Ich... glaube schon«, antwortete ich zögernd. »Wo bin ich?«
    Der Alte schien enttäuscht. Einen Moment lang starrte er mich an, dann schüttelte er so nachhaltig den Kopf, daß ich fast Angst hatte, er würde ihm von

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