Der Hexer - NR13 - Der Clan der Fischmenschen
aufgewachsen und trotz allem hier noch viel mehr zuhause als in meinem piekfeinen Haus am Ashton Place, und auch Bannermann war nicht gerade ein Feigling.
Nein – es war das Gefühl, belauert zu werden.
Wir sahen oder hörten niemanden, aber die Schatten schienen voller unsichtbarer Bewegung zu sein, die leeren Fensterhöhlen voller unsichtbarer Augen, und das Heulen des Seewindes erfüllt von lautlos flüsternden Stimmen. Es hatte begonnen, nachdem wir das Büro der Scotia verlassen hatten. Und es wurde mit jedem Moment stärker.
Schließlich faßte Bannermann das Gefühl in Worte: »Irgend etwas stimmt hier nicht, Craven.«
Ich blieb stehen, sah erst ihn und dann die lauernden Schatten beiderseits der Straße an, und nickte schließlich. »Das Gefühl habe ich auch. Wir sollten –
Ich sprach nicht weiter. Einer der Schatten hinter Bannermann hatte sich bewegt; nicht sehr stark, aber doch deutlich genug, daß ich sicher war, mich nicht getauscht zu haben. Ein dunkles Augenpaar blitzte.
»Was ist los?« fragte Bannermann, dem mein Stocken natürlich auffiel.
»Nichts«, antwortete ich hastig. Metall schimmerte in der Schwärze der Gasse hinter dem Kapitän. Ein Messer? »Ich mußte nur an etwas denken, das Jameson gesagt hat.« Ich lächelte aufmunternd, ging einen Schritt auf ihn zu und hob meinen Stock, aber ganz bewußt in einer Art, als würde ich in Gedanken damit spielen.
»War das eigentlich die Wahrheit, was Sie Jameson gesagt haben?« fragte er. »Das mit den verschwundenen Schiffen?«
»Zum Teil«, sagte ich. »Zum anderen auch nur eine Ahnung – aber ich schätze, ich bin der Wahrheit ziemlich nahe gekommen. Ich habe einiges herausgefunden, bevor wir aus London abgereist sind, wissen Sie? Hier – schauen Sie selbst.« Damit griff ich in die Rocktasche, zog den säuberlich zusammengefalteten Bericht hervor, den mir mein Mittelsmann kurz vor unserer Abfahrt hatte zukommen lassen, trat einen weiteren Schritt auf Bannermann zu und hielt ihm das Blatt hin.
Als er danach griff, warf ich mich vor.
Es war ein ziemlich plumpes Ablenkungsmanöver gewesen, aber es erfüllte seinen Zweck. Mit einem Zwei-Meter-Satz warf ich mich in die finstere Gasse, sah einen Schatten vor mir und griff instinktiv zu. Meine Hände schrammten über reißendes Metall, ich fühlte einen kurzen Schmerz, dann klirrte das Messer zu Boden, eine halbe Sekunde später gefolgt von seinem Besitzer, der aus ungläubig aufgerissenen Augen abwechselnd auf seine leeren Hände und mich starrte.
Ich begriff eine Sekunde zu spät, daß ich einen Fehler begangen hatte. Mein Angriff hatte den Burschen so vollkommen überrascht, daß er nicht einmal auf die Idee kam, sich zur Wehr zu setzen oder mich gar seinerseits anzugreifen.
Seine sieben oder acht Kameraden, die hinter ihm im Schatten der Gasse gelauert hatten, schon.
Von einer Sekunde auf die andere sah ich mich von finsteren, zerlumpten Gestalten umringt. Sie waren mit Knüppeln, Messern oder anderen Mordwerkzeugen bewaffnet, einer schwang sogar einen altertümlichen Vorderlader, und der Lärm, der plötzlich hinter mir laut wurde, sagte mir deutlich, daß auch Bannermann nicht mehr allein auf der Straße stand.
Eine Falle! schoß es mir durch den Kopf. Diese ganze Straße war nichts als eine einzige verdammte Falle!
Mir blieb keine Zeit, meinen Leichtsinn weiter zu verfluchen, denn das halbe Dutzend Schläger griff beinahe augenblicklich an.
Mit einem entsetzten Hüpfer brachte ich mich in Sicherheit, als einer der Kerle einen mit rostigen Nägeln verzierten Knüppel in meine Richtung schwang, tauchte unter einem ungeschickten Faustschlag eines anderen hindurch, packte seinen Arm und riß den Kerl wie einen lebenden Schild an mich heran.
Es war ein aussichtsloser Kampf. Die Enge der Gasse behinderte die Burschen, und ich bin alles andere als ein Schwächling. Aber einer gegen acht ist auch alles andere als ein faires Verhältnis. Binnen Sekunden prasselten Schläge und Püffe auf mich herunter und ließen mich zurücktaumeln. Etwas traf mich an der Schulter und ließ mich zusammenbrechen.
So hart der Schlag war, er rettete mir das Leben, denn plötzlich schien dicht hinter mir eine Kanone abgefeuert zu werden, und eine halbe Sekunde später schlug etwas eine Handbreit über mir in die Wand. Ein Hagelschauer von Staub und Steinsplitter überschüttete mich, und mit einem Male war die Gasse voller Schreie.
Hustend richtete ich mich auf, packte einen der Schatten und stieß ihn
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