Der Hexer - NR13 - Der Clan der Fischmenschen
versprach Schutz und Sicherheit.
»Es ist meine Schuld«, sagte er sanft. »Ich hätte dich nicht allein lassen sollen. Es gibt Gefahren hier unten, weißt du? Aber jetzt ist alles in Ordnung. Du bist nicht mehr in Gefahr.«
Er schob sie sanft von sich, legte die Hand unter ihr Kinn und zwang sie mit sanfter Gewalt, ihn anzusehen. »Aber du darfst nie wieder dort hinunter gehen, verstehst du?«
Sie nickte. Tränen füllten ihre Augen und vermischten sich mit dem Meerwasser, das sie umgab. Aber die Angst schwand, jetzt, wo sie in seiner Nähe war. »Was... was waren das für Ungeheuer?« fragte sie stockend.
Er lächelte. »Keine Ungeheuer«, sagte er. »Sie sind nicht böse. Sie wissen es nicht besser. Du mußt ihnen vergeben, mein Liebes. Sie sind Kinder, die noch nicht gelernt haben, zu unterscheiden.«
»Kinder?«
Das Wort brachte irgend etwas in ihr zum Erstarren. Eine furchtbare Ahnung stieg in ihr empor, aber der Gedanke war zu schrecklich, um ihn zu Ende zu denken. Plötzlich war seine Umarmung nicht mehr sanft und beschützend, sondern nur noch stark. Kalt. Kalt wie Eis.
»Wessen... Kinder?« fragte sie stockend.
Sein Lächeln wurde noch breiter. Aber mit einem Male kam es ihr vor wie ein höhnisches Grinsen.
»Meine, mein Liebling«, sagte er.
Für die Dauer einer Sekunde setzte ihr Herz aus. Und plötzlich glaubte sie seine Worte noch einmal zu hören, so deutlich, als flüstere er sie ihr ins Ohr, in diesem Moment.
Du wirst meine Braut, hatte er gesagt. Und die Mutter meiner Kinder.
Jennifer begann zu schreien.
* * *
»Wir haben Jameson schon lange im Verdacht«, sagte Spears ernst. »Aber bisher konnten wir ihm nichts beweisen. Offiziell, heißt das.«
»Und inoffiziell?«
Spears lächelte, hob seine Tasse zum Mund, wobei er den kleinen Finger geziert abspreizte, trank einen winzigen Schluck und sah mich über den Rand der Tasse hinweg durchdringend an.
»Das spielt keine Rolle«, sagte er schließlich. »Jameson ist nur ein kleiner Fisch, wissen Sie? Der Strohmann, sozusagen.«
»Strohmann für wen?« fragte ich.
Spears setzte seine Tasse ab und schmatzte hörbar. Er schien den schlechten Tee, den uns sein Adjutant gebracht hatte, mit Wein zu verwechseln. »Wenn ich das wüßte, wäre ich nicht hier«, sagte er. »Und außerdem ein Stück weiter. Die Sache ist nicht so leicht zu erklären, Craven. Eigentlich dürfte ich Ihnen kein Sterbenswörtchen verraten. Aber...«
»Aber?« fragte ich, als er nicht weitersprach.
Der Fregattenkapitän zögerte einen Moment. Schließlich stand er – ohne zu antworten – auf, zündete sich eine Zigarre an und trat ans Fenster. Wir befanden uns im zweiten Stock eines nach außen hin vollkommen normalen Mietshauses, nicht mehr als drei oder vier Straßenzüge vom Büro der Scotia entfernt. Wie gesagt – das Haus war nach außen hin ganz normal. In seinem Inneren schon nicht mehr ganz. Ich hatte nicht alle Räume gesehen, aber ich schätzte, daß sich zusammen mit Spears’ Truppe an die fünfzig Marinesoldaten in dem Haus aufhalten mußten, und es schienen mir ausnahmslos ausgesuchte Leute zu sein. Leute von der Art, der man ansieht, daß sie zu kämpfen versteht. Möglicherweise täuschte ich mich auch – aber in diesem Moment war ich sicher, es mit allem anderem als normalen Marineinfanteristen zu tun zu haben.
Das einzige, was den Eindruck, mich inmitten einer Eliteeinheit zu befinden, störte, war Spears. Er schien mir ein wenig zu jung und unausgereift, um einen solchen Einsatz zu leiten.
»Sie haben... gewisse Erkundigungen eingezogen, bevor Sie London verlassen haben, Mister Craven«, sagte er plötzlich.
Ich sah auf. »Sie sind gut informiert«, gestand ich.
Spears lächelte. »Das ist mein Beruf«, antwortete er. »Ich frage mich nur, was der Ihre ist, Craven.« Er trat vom Fenster zurück, schnippte eine Zigarrenasche zielsicher einen fingerbreit neben den Aschenbecher und klappte eine lederne Schreibmappe auf, die zwischen uns auf dem Tisch lag. Neugierig beugte ich mich vor.
Ich war nicht sehr überrascht, auf dem obersten Blatt in fetten Buchstaben meinen Namen zu lesen. Was mich überraschte, war der Umfang des Papierstapels, den er bedeckte.
Spears bemerkte meinen befremdeten Blick und lächelte. »Das hier kam heute morgen mit einem Kurier«, sagte er. »Es enthält eine Menge interessanter Dinge, glauben Sie mir. Was es nicht enthält, ist die Antwort auf die Frage, die mich im Moment am allermeisten interessiert.«
»Und
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