Der Hexer - NR13 - Der Clan der Fischmenschen
in ihr, der ihr zuflüstern wollte, daß es falsch und gotteslästerlich sei, was sie getan hatte, daß er kein Mensch, sondern ein unbeschreiblich fremdes Wesen war, und das, was immer aus dieser Vereinigung erwachsen mochte, nur von Übel sein konnte. Sie verscheuchte den Gedanken.
Allmählich begann sie die Welt um sich herum wieder wahrzunehmen, und erst jetzt, fast, als hätte bisher ein Schleier über ihren Gedanken gelegen, der nur ganz allmählich zerriß, erinnerte sie sich wieder, wie sie hierher gekommen waren. Sie waren geschwommen, zuerst durch die schweigende Schwärze des Sees, dann durch schier endlose Stollen und Tunnel voll leuchtendem Wasser und sonderbaren Dingen, und schließlich hatte er sie hierher geführt, in ein phantastisches Reich tief auf dem Grund des Sees.
Sie öffnete die Augen, setzte sich auf und sah sich um. Er war nicht da, aber sie fühlte seine Nähe, als wäre sie jetzt wirklich ein Teil von ihm.
Ein paarmal rief sie nach ihm, bekam aber keine Antwort, und begann schließlich, ihre Umgebung auf eigene Faust zu erforschen. Das Gebäude, in dem sie war, war nur Teil einer gewaltigen, in ihren ganzen Dimensionen nicht überschaubaren Anordnung mehr oder weniger verfallener Häuser und Säulenhallen, die den Grund des Sees fast vollständig bedeckte.
Jennifer blieb eine Weile vor dem halb niedergebrochenen Eingang des Kuppelhauses stehen, wandte sich unschlüssig nach rechts und links und schwamm schließlich los, auf kein bestimmtes Ziel zu. Das Wasser spielte mit ihrem Haar und streichelte ihren Körper, und allein diese Berührung ließ abermals einen wohligen Schauer der Erinnerung durch ihren Leib fließen. Das Bizarre ihrer Situation kam ihr nicht einmal zu Bewußtsein. Alles, was vorher gewesen war, war vergessen. Sie war glücklich und das allein zählte.
Eine Zeitlang schwamm sie ziellos zwischen den geborstenen Säulen und Wänden der versunkenen Stadt hin und her, spielte mit Fischen, die zutraulich näher kamen, oder ließ sich einfach in der Strömung treiben. Schließlich gewahrte sie einen Schatten, weit entfernt, fast am Rande der Stadt.
Neugierig schwamm sie darauf zu. Der Schatten wuchs heran und wurde zu einem Schacht, der senkrecht in den Meeresboden hineinführte und sich in Dunkelheit verlor. Jennifer spürte einen raschen Schauer eisiger Kälte, als sie sich ihm näherte. Salzgeschmack war auf ihren Lippen. Der Schacht mußte eine Verbindung zum Meer hin haben, dachte sie überrascht.
Plötzlich glaubte sie eine Bewegung in der Schwärze tief unter sich zu erkennen. Etwas Dunkles, Glitzerndes wogte dort, und für einen ganz kurzen Moment spürte sie ein Gefühl, das an Furcht grenzte, aber es nicht wirklich war.
Sie verscheuchte es. Konnte es in diesem unterseeischen Märchenreich irgend etwas Schlechtes oder gar Gefährliches geben?
Jennifer drehte sich mit einer eleganten Bewegung herum und schwamm los. Die versunkene Stadt und der Grund des Sees blieben über ihr zurück, und Kälte und Dunkelheit begannen sie einzuweben wie das Netz einer unsichtbaren Spinne.
Wieder sah sie die Bewegung, und diesmal war sie so deutlich, daß sie sicher war, sich nicht getäuscht zu haben. Sie hielt inne, sah zu dem kleinen runden Fleck trübgrüner Helligkeit über sich hinauf und erschrak, als sie erkannte, wie tief sie bereits in den Schacht vorgedrungen war, ohne es zu bemerken.
Die Bewegung wiederholte sich abermals, und Jennifer sah, daß sie von mehreren Stellen zugleich kam, als huschten tief unter ihr finstere Dinge über den Grund des Schachtes. Allmählich begann das Gefühl von Furcht in ihr stärker zu werden, aber im gleichen Maße nahm auch ihre Neugier zu; sie zögerte noch einen Moment, wandte sich dann entschlossen nach unten und schwamm weiter.
Der Grund kam rasch näher, und im gleichen Maße, in dem sich ihre Augen an das sonderbar schwarze Licht hier unten gewöhnten, erkannte sie mehr Einzelheiten.
Das Bild traf sie wie ein Schlag.
Im ersten Moment glaubte sie, eine Anzahl großer, schwarzglänzender Würmer über den felsigen Boden kriechen zu sehen, dann erkannte sie, daß es andere Wesen waren; Wesen, wie sie sie noch nie zuvor gesehen hatte, und die sie trotzdem auf fürchterliche Weise an irgend etwas erinnerten.
Sie ähnelten gewaltigen, augenlosen Kaulquappen. Ihre Leiber waren so groß wie die von Menschen, versehen mit gewaltigen, schwimmflossenbewehrten Froschbeinen und meterlangen Drachenschwänzen. Sie hatten keinen
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