Der Hexer - NR17 - Gefangen im Dämonen-Meer
für mindestens zwei Stunden außer Gefecht setzen mußte.
Hastig sah ich mich um, aber das Gelände rings um die Hütte war frei, so weit ich sehen konnte. Roosfeld und seine beiden Männer waren die einzigen gewesen, die zu dieser nachtschlafenden Zeit noch auf den Beinen waren.
Einen Moment lang musterte ich den Drahtverhau, der das gesamte Gelände der Garnison umschloß und dicht hinter der Hütte entlangführte. Natürlich gab es Wachen, und ein Stück weiter westlich ragte sogar das Holzgerippe eines Wachturms in den Nachthimmel, aber trotzdem wäre es kein nennenswertes Problem gewesen, aus dem Lager zu entkommen. Bis Roosfeld oder einer der beiden anderen erwachte, konnte ich schon meilenweit weg sein.
Aber ich wandte mich nicht dem Zaun zu. Statt dessen huschte ich zurück zum Hauptgebäude. Ich hatte noch etwas zu erledigen.
* * *
Eine harte Hand lag auf seinem Mund, als Eldekerk erwachte, und das erste, was er sah, waren Shannons Augen, in denen ein warnender Ausdruck stand. Er wollte sich aufrichten, aber der Fremde drückte ihn grob zurück und legte den Zeigefinger auf die Lippen.
»Alles wieder in Ordnung?«, fragte er. »Sie werden nicht schreien?«
Eldekerk signalisierte mit den Augen ein Nicken, und Shannon zog nach abermaligem kurzem Zögern seine Hand zurück. Eldekerk atmete tief ein. »Was... was ist passiert?« flüsterte er.
»Ich mußte Sie betäuben«, antwortete Shannon ebenso leise. »Sie haben geschrien. Aber das war nicht Ihre Schuld. Ich hätte Sie warnen müssen. Es tut mir leid. Mein Fehler.«
Die Worte weckten die Erinnerung wieder. Eldekerk fuhr zusammen, richtete sich mit einem Ruck auf und starrte nach rechts, dorthin, wo die furchtbare Erscheinung gewesen war.
Aber der Höhleneingang war jetzt leer. Nur das unheimliche rote Glühen aus dem Inneren des Berges war geblieben. Als er den Blick wandte und zum Meer sah, erkannte er, daß auch die Schiffe verschwunden waren.
»Wie lange war ich bewußtlos?« murmelte er.
»Nicht lange«, antwortete Shannon. »Eine halbe Stunde – ungefähr.«
»Wo sind die Schiffe?« flüsterte Eldekerk. »Und dieses... diese Kreatur. Mein Gott, Shannon – was war das? Das... das war doch kein Mensch.«
Shannon lächelte, aber er tat es auf eine so sonderbare Art, daß Eldekerk erneut einen raschen, eisigen Schauer von Furcht verspürte. »Ja und nein«, antwortete er geheimnisvoll. »Es... würde zu weit führen, Ihnen jetzt alles erklären zu wollen. Sie werden es verstehen, später. Kommen Sie.«
Er stand auf und zog Eldekerk auf die Füße. Eldekerk blieb stehen, als er begriff, in welche Richtung ihn Shannon ziehen wollte.
»Sie... Sie wollen doch nicht dort hineingehen?« keuchte er. Seine Augen weiteten sich vor Schrecken, während er den Höhleneingang anstarrte. Er war jetzt sicher, daß das rote Glühen im Inneren des Berges zugenommen hatte. Roch die Luft nicht schon ganz sacht nach verbranntem Fels? Und war das Zittern unter seinen Füßen wirklich nur das Beben der Brandung?
»Ich will, und ich muß«, antwortete Shannon ruhig. »Und Sie werden mich begleiten.«
»Ich denke nicht daran«, keuchte Eldekerk. »Ich bleibe hier, und wenn Sie mich totschlagen.«
»So?« fragte Shannon ruhig. »Warum werfen Sie nicht einen Blick auf die See, ehe Sie antworten, Eldekerk?«
Eldekerk gehorchte. Und es dauerte nur Sekunden, bis er begriff, was Shannon gemeint hatte.
Der Strand war deutlich schmäler geworden. Fast die Hälfte des feinkörnigen weißen Sandes war bereits unter nachtschwarzem Wasser verschwunden, und mit jeder Woge, die heranrollte und sich wieder zurückzog, fraß die See ein weiteres Stück Land. Die Flut kam. In einer halben Stunde würde der Strand unter Wasser stehen, und in einer weiteren Stunde würde der Ozean den Fels mehr als zwei Meter hoch umspülen. Einen ganz kurzen Moment lang dachte er daran, am Seil wieder nach oben zu klettern. Aber er wußte im gleichen Augenblick, daß er es nicht schaffen würde.
»Sie haben das gewußt«, sagte er vorwurfsvoll. »Sie wußten, daß ich nicht wieder hinaufsteigen kann und daß wir in diese Höhle müssen.«
»Nein«, antwortete Shannon. »Ich hatte vor, Ihnen zu helfen. Aber das da ist wichtiger.« Er deutete auf die Höhle, und aus irgendeinem Grunde – warum, wußte er selbst nicht – glaubte ihm Eldekerk.
Erst zwei Schritte vor dem Höhleneingang blieben sie stehen. Shannon bedeutete ihm mit Gesten, zurückzubleiben, lief geduckt die steile
Weitere Kostenlose Bücher