Der Hexer - NR17 - Gefangen im Dämonen-Meer
meinen Tod.
Mein Gegenüber nahm mir die Entscheidung ab. »Balestrano«, murmelte er. »Woher kennen Sie diesen Namen, Craven?«
»Ich kenne nicht nur seinen Namen«, antwortete ich. »Ich kenne ihn persönlich.«
»Ach?« sagte der Templer. Sein lauernder Ton hätte mich warnen müssen, aber ich war viel zu erschöpft, um auf solcherlei Feinheiten zu achten.
»Ich... ich stehe auf Ihrer Seite«, fuhr ich stockend fort. »Das müssen Sie mir glauben. Sie und ich kämpfen gegen die gleichen Feinde. Ich weiß nicht, warum Tergard mich hierher geschickt hat, aber er begeht einen furchtbaren Fehler. Balestrano und ich sind Freunde. Ich... ich habe ihm das Leben gerettet. Er schuldet mir etwas. Und Sie –«
»Die gleichen Feinde?« Der lauernde Ausdruck auf den Zügen des Templers verstärkte sich. »Wovon reden Sie, Craven?«
»Von den... den ALTEN«, antwortete ich verstört. »Vielleicht haben Sie einen anderen Namen dafür. Den GROSSEN ALTEN. Cthulhu und seine Bande, und all die anderen.«
»Wir haben in der Tat einen anderen Namen für jene. Wesen«, bestätigte der Templer. »Aber ich weiß, von wem Sie reden, Mister Craven.« Plötzlich wurde das Lächeln in seinen Augen eisig.
»Aber wer sagt Ihnen«, fuhr er leise fort, »daß wir gegen sie kämpfen?«
Ich starrte ihn an. Langsam, ganz langsam, aber mit furchtbarer Wucht, begann sich mir die Erkenntnis aufzudrängen, daß ich einen Fehler begangen hatte.
Einen furchtbaren Fehler.
Der Tempelherr starrte mich sekundenlang ausdruckslos an, dann stand er mit einem Ruck auf, wandte sich um und klatschte in die Hände. Die Tür würde geöffnet, und die beiden Männer, die mich hergebracht hatten, betraten den Raum.
Der Mann in der Uniform der Tempelritter deutete mit einer Kopfbewegung auf mich. »Bereitet alles vor«, sagte er. »Er kommt nach unten. Noch heute nacht.«
* * *
Die Nacht war so still, daß Shannon meinte, seinen eigenen Herzschlag hören zu können. Vom nahen Dschungel her wehten die normalen Geräusche des Urwaldes herüber: das Rascheln des Windes in den Baumwipfeln, das gedämpfte Knacken und Huschen in den Zweigen, die Laute der Nachtjäger und ihrer Beute, das gelegentliche Knistern von Holz, wenn sich einer der tausend Jahre alten Baumriesen regte.
Nichts von alledem schien hier real zu sein. Der schwarze Gigant hinter dem Lager beherrschte alles. Selbst die normalen Geräusche der Nacht und der Natur schienen ehrfurchtsvoll zu verstummen im Angesicht dieses Riesen aus Lava und erstarrter Unendlichkeit.
Shannon legte den Kopf in den Nacken und blinzelte zum Gipfel des Krakataus hinauf. Obgleich sich der Himmel mit schweren, tiefhängenden Wolken bezogen hatte und die Nacht fast vollkommen finster war, konnte er die nahezu waagerecht abgeschnittene Spitze des Berges deutlich erkennen; eine mit Feuer gezeichnete Linie, über der der Himmel zu brennen schien. Je nachdem, wie der Wind stand, konnte man die Hitze des im Moment vielleicht schlafenden, aber keineswegs erloschenen Feuers im Inneren des Berges selbst hier unten spüren wie die Berührung einer warmen, unsichtbaren Hand.
Shannon konzentrierte sich wieder auf die äußere Begrenzungsmauer des Lagers, die wie ein noch tieferer Schatten vor dem Schwarz des Lavahanges emporragte. Dann und wann blitzte ein Licht hinter ihren Zinnen auf, und manchmal drangen die leisen Schritte der Wachen an sein Ohr, die dort oben in der Nacht patrouillierten.
Er gab sich keinen Illusionen hin. Selbst für ihn würde es schwer – wenn nicht unmöglich – sein, unbemerkt in diese Festung einzudringen. Mit den Männern dort oben war nicht zu spaßen, denn sie waren nicht die Halsabschneider und Mörder, als die sie den meisten anderen wegen ihres bewußt zerlumpten Äußeren erschienen wären, sondern Krieger. Männer, die genau wie er ein Leben lang zu dem einzigen Zweck ausgebildet worden waren, zu kämpfen.
Shannon wartete, bis eine Wolke am Mond vorbeizog und die ohnehin schlechte Sicht nahezu auf Null herabsank, dann erhob er sich hinter dem Felsen, hinter dem er Deckung gesucht hatte, und huschte, geduckt und lautlos, auf die Festungsmauer zu. Geschickt umging er dabei die beinahe unsichtbar angebrachten Stolperdrähte und Fallen, die das Nahen eines Fremden verraten sollten, preßte sich dicht neben dem Tor an die Wand und lauschte minutenlang mit geschlossenen Augen.
Die Schritte eines Postens kamen näher und entfernten sich wieder, ohne zu stocken, ohne daß ihr Rhythmus anders
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