Der Hexer - NR21 - Krieg der Götter
eigenem Willen und Mut in ihm gewesen war und brannten seine Seele aus. Harmfeld bestand nur noch aus Angst; einer Angst von solcher Stärke, daß sie sein Bewußtsein zerbrochen und ihn auf der Stelle getötet hätte, hätte ihn die gleiche Kraft nicht auch beschützt. Von einer Sekunde auf die andere wußte er um Dinge, die kein menschliches Wesen jemals wissen durfte, begann er Schrecken zu begreifen, die älter waren als das Universum, wurde er mit dem absoluten Grauen konfrontiert.
Dann, nach Sekunden, die wie Äonen erschienen waren, entließen ihn die schrecklichen gelben Augen Dagons wieder aus ihrem Bann. Denn das Ungeheuer war Dagon; Dagon in seiner wahren Gestalt. Ein riesiger, ölig-schwarz glänzender Tentakel kroch auf ihn zu, richtete sich wie der Schädel einer angreifenden Kobra auf und verharrte Zentimeter vor seinem Gesicht. Sein Ende deutete zitternd auf die See.
GEH
Nur dieses eine Wort. Ein Befehl von unglaublich zwingender Macht.
Harmfeld war nicht einmal erstaunt, daß die Bestie sein Leben verschonen wollte. Er empfand – nichts.
Beinahe unmerklich schüttelte er den Kopf. »Nein«, flüsterte er.
DANN WIRST DU STERBEN
»Es ist mein Schiff«, murmelte Harmfeld. Nicht mehr. Aber für ihn war es Erklärung genug.
Und wohl auch für den finsteren, nach Jahrmillionen wieder in seinen eigentlichen Körper zurückgekehrten Gott, denn nach weiteren Sekunden wortlosen Starrens drehte sich Dagon schwerfällig herum, löste seine Arme von den Masten des Schiffes und glitt beinahe lautlos ins Wasser zurück. Harmfeld sah seinem Schatten nach, bis er allmählich in der Tiefe des Wassers verschwunden war.
Das Schiff begann zu zittern, und Harmfeld spürte, wie die Schlagseite allmählich zunahm. Tief unter ihm strömte das Wasser immer schneller durch die zerborstenen Planken und füllte den Leib der ZUIDERMAAR.
Das gewaltige Kriegsschiff sank. Eine Stunde, vielleicht anderthalb, und von dem stolzen Viermaster würden nurmehr einige Trümmer zurückbleiben, und vielleicht nicht einmal das.
Mühsam, jeder Schritt eine Qual und der Weg eine nicht enden wollende, höllische Tortur, begann Harmfeld über das verwüstete Deck der ZUIDERMAAR nach hinten zu gehen, zum Achterkastell und dem Ruder, wo sein Platz war. Der Platz des Kapitäns.
Der Schmerz verzerrte sein Gesicht zu einer Grimasse. Aber auf seinen Lippen lag ein kaum sichtbares, glückliches Lächeln.
* * *
Rings um mich herum tobte die Hölle. Der Himmel war unter schwarzen, brodelnden Wolkenfäusten verschwunden, die sich wie eine finstere Glocke über die Insel gestülpt hatten und aus deren aufgequollenen Bäuchen Feuer und Tod auf die Erde herabregneten. Der Boden bebte ununterbrochen.
Aus dem Vulkan schossen meilenhohe Säulen aus Flammen und geschmolzenem Gestein, und der Dschungel hatte sich in eine einzige Feuerhölle verwandelt. Brüllende Geysire aus zweitausend Grad heißer Lava und kochendem Morast erhoben sich aus dem geschwärzten Etwas, in das sich der Dschungel verwandelt hatte. Die Luft kochte. Geschmolzene Lava ergoß sich in breiten, flammengesäumten Strömen durch den Wald, und die Küste war hinter einem wabernden Vorhang aus Dampf verschwunden, wo Feuer und Wasser aufeinandertrafen.
Ich hatte längst die Orientierung verloren. Das Tor, in das Jennifer mich hineingestoßen hatte, hatte mich irgendwo zwischen dem Krater und der Küste ausgespien; drei Yards über dem Erdboden, so daß mich der anschließende Sturz beinahe betäubt hatte. Ohne den lebenden Mantel Barlaams wäre ich schon nach Sekunden tot gewesen.
Die Hitze war selbst hier, mehr als zwei Meilen vom feurigen Schlund des Vulkanes entfernt, so hoch, daß das Atmen eigentlich unmöglich war. Die wenigen Pflanzen, die noch nicht brannten oder schlichtweg zu Asche zerfallen waren, waren schwarz geworden, und der Boden, über den ich torkelte, dampfte vor Hitze. Immer wieder schossen Stichflammen aus der Erde, und mehr als einmal hatte ich mich nur durch einen verzweifelten Sprung retten können, wenn scheinbar massiver Boden plötzlich zu yardbreiten Rissen aufklaffte, von lodernder roter Glut erfüllt.
Und trotzdem war ich nicht das einzige lebende Wesen auf dieser Insel. Dampf und Rauch hatten die Küste und alles, was davor lag, verschlungen, aber für Augenblicke hatte ich das Blitzen von Licht auf weißem Kristall gesehen; und etwas Düsteres, das die Scheibe wie ein Stück geballter Schwärze umflatterte. Barlaams Männer waren irgendwo dort
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