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Der Hexer - NR27 - Todesvisionen

Der Hexer - NR27 - Todesvisionen

Titel: Der Hexer - NR27 - Todesvisionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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bewahrt hatte, wanderte davon, und die plötzliche Helligkeit zerriß die letzten Schleier des Schlafes.
    Ich fühlte mich wie gerädert und so erschöpft, als wäre ich die ganze Nacht in der Wildnis umhergestreift anstatt zu schlafen. In meinem Kopf schien ein wütender Hornissenschwarm zu hausen, und auf meiner Zunge lag ein seltsam metallischer Geschmack wie von Kupfer. Hatte mich wieder einer dieser furchtbaren Alpträume heimgesucht, von denen ich seit Tagen schon geplagt wurde? War ich wieder schweißgebadet erwacht, mitten in der Nacht, von schrecklichen Visionen aus dem Schlaf gerissen?
    Doch je mehr ich versuchte, mich an Einzelheiten des Traumes zu erinnern, desto schneller entglitt er mir. Schließlich verdrängte ich den Gedanken mit einem Achselzucken, schlug die Decke beiseite und stemmte mich hoch.
    Genauer gesagt: Ich versuchte es. Ein stechender Schmerz durchzuckte mein Handgelenk und ließ mich aufstöhnen. Ich fiel zurück und zog mit einem leisen Fluch den linken Ärmel meiner Jacke hoch.
    Fassungslos starrte ich auf mein Gelenk herab, für Sekunden unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
    Gleich unterhalb des Handballens hatte sich meine Haut grün und blau verfärbt, und deutlich konnte ich die braun umrandeten Abdrücke schlanker Finger erkennen. Finger, die sich mit furchtbarer Kraft um meinen Arm geschlossen haben mußten.
    Nur – ich erinnerte mich nicht daran...
    »Stimmt etwas nicht?« Eine leise, besorgt klingende Stimme riß mich aus meinen Gedanken. Shadow war neben mir aufgetaucht, kniete nieder und wischte sich eine Strähne ihres langen, fast silbernen Haares aus der Stirn. Sie hatte ihre geflügelte Engelsgestalt abgelegt und einen menschlichen Körper angenommen. Hastig streifte ich den Ärmel über die häßliche Quetschung und verzog die Lippen zu einem gequälten Lächeln. Ich wußte nicht, was geschehen war, aber bis ich es herausgefunden hatte, wollte ich sie nicht unnötig ängstigen.
    Mein Lächeln konnte nicht sehr überzeugend gewesen sein, denn Shadow blickte mich tadelnd an und griff dann energisch nach meinem Arm. Als sie die Male erblickte, sog sie scharf die Luft zwischen die Zähne.
    »Was ist passiert?« fragte sie nach einer Weile, als klar wurde, daß ich nicht von selbst sprechen würde.
    Ich zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Wirklich, Shadow. Gestern abend noch war meine Hand vollkommen in Ordnung. Und jetzt...«
    »Du erinnerst dich nicht?« Shadow verzog ungläubig die Brauen. »So eine Verletzung –
    » kommt nicht einfach über Nacht, das weiß ich selbst«, unterbrach ich sie; energischer, als ich es eigentlich wollte. Aber irgend etwas war mit mir geschehen, während ich schlief, und es machte mich rasend, daß ich keine Ahnung hatte, was es war. Noch einmal lauschte ich in mich hinein, und wieder entglitt mir die Erinnerung an den Traum, noch ehe ich sie greifen konnte.
    Shadow starrte mich wütend an, ließ meine Hand einfach fallen und richtete sich wieder auf. »Entschuldige«, sagte sie nur, wandte sich mit wehender Mähne um und schritt zur Feuerstelle hinüber, wo sich Bill und Annie bemühten, ein Feuer zu entfachen. Ich sah ihr nach, wütend über mich selbst und meine Unbeherrschtheit. Dieser Morgen fing ja gut an!
    Während ich mich mit steifen Gliedern in die Höhe quälte, suchte ich bereits nach einer Entschuldigung, um mich mit Shadow zu versöhnen. Längst schon war mir klar geworden, daß meine Gefühle zu ihr mehr, viel mehr waren als reine Freundschaft.
    Ich liebte sie. Ich wußte es jetzt mit aller Deutlichkeit, seit dem Moment, als wir uns im Berg der Weißen Götter wiedergefunden hatten. Und jeder Mißklang zwischen uns schmerzte mich in der Tiefe meines Herzens.
    Ich sah, wie sie an das erloschene Feuer trat, Annie mit einem Lächeln beiseite schob und eine rasche, komplizierte Geste mit der Hand vollführte.
    Eine Stichflamme schoß aus dem taufeuchten Holz, sprang von Span zu Span, und nach wenigen Sekunden brannte das Feuer lichterloh.
    Shadow wandte sich zu mir um, und ein schelmisches Lächeln flog über ihr engelsgleiches Antlitz. Ich grinste zurück, klopfte den Sand aus meinen Kleidern und wollte zu ihr hinübergehen, als meine Finger etwas Kaltes, Metallisches berührten. Ich hielt inne, tastete nochmals über meinen Gürtel und zog das Ding hervor.
    Es war Sitting Bulls Dolch.
    Und er war ZERBROCHEN!
    Die Erinnerung traf mich mit solcher Wucht, daß mir für einen Moment schwarz vor Augen wurde und

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