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Der Hexer - NR27 - Todesvisionen

Der Hexer - NR27 - Todesvisionen

Titel: Der Hexer - NR27 - Todesvisionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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und versickerte im harten Boden. Sitting Bull war an diesem Tage dem Tod näher als je zuvor. Und doch hatte er die Qualen selbst erwählt.
    Das Ritual, dem er sich unterzog, machte ihn bereit für den Sonnentanz, für das Zwiegespräch mit Wakan Tanka, dem Großen Geheimnisvollen; seinem Gott.
    Immer wieder formten seine trockenen, gesprungenen Lippen das Bittgebet, sangen trotz der Schmerzen die Litanei, die nur die Götter verstehen konnten. Er spürte kaum, wie sein Adoptivbruder Jumping Bull die letzte der Wunden riß, die auf beiden Armen eine blutige Spur bis hinauf zur Schulter zogen, wie der Junge sich wieder erhob und die nadelspitze, blutbefleckte Ahle gegen die Sonne reckte.
    Erst als ihn Jumping Bull sanft an der Brust berührte, löste er seinen starren Blick von der gleißenden Scheibe am Himmel und kam taumelnd auf die Beine. Mit unbewegtem Gesicht fuhr er in seinem klagenden Gesang fort.
    Für einen Moment schien es, als würde der zu Tode erschöpfte Mann das Gleichgewicht verlieren, aber dann fing er sich wieder und begann, auf den Zehen auf und nieder zu wippen.
    Der Sonnentanz hatte begonnen, und Sitting Bull tanzte ihn auf einem scharlachroten Teppich aus seinem eigenen Blut.
    Die Priester, die rund um den Zeremonienplatz hockten und ihren Häuptling mit Gebeten stärkten, nahmen die Bewegung auf, wiegten die Oberkörper im Takt des Tanzes oder nickten den monotonen Rhythmus mit geschlossenen Augen.
    Der Schatten der Pappel im Zentrum des Platzes wanderte wie der Zeiger einer riesigen Sonnenuhr und zog seine Bahn über die gebrannte Erde, während Sitting Bull tanzte; Stunden um Stunden um Stunden. Und noch immer hielt sich der völlig entkräftete Mann aufrecht. Allein die Kraft der Magie, derer sich Sitting Bull bediente, erhielt ihn am Leben.
    Der Abend brach an, und die Sonne am Horizont färbte sich rot. Ihr erlöschendes Licht tauchte die Tipis in ein Meer aus Blut. Und immer noch tanzte Sitting Bull. Längst verspürte er die Schmerzen nicht mehr, die durch seine Arme und seinen Rücken pulsten. Sein Geist hatte den Körper verlassen, vor Stunden schon, schwebte durch ein Reich, in dem es keinen Tod gab und kein Leben, auf der Suche nach Wakan Tanka, seinem Gott.
    Und auch die Nacht sah Sitting Bull tanzen. Ohne Wasser oder Nahrung zu sich zu nehmen, bewegte sich der Häuptling der Sioux nach dem Takt des Götterliedes. Über dreißig Stunden lang.
    Dann, die Sonne stand wieder im Zenit und brannte unbarmherzig auf die kleine Siedlung herab, brach Sitting Bull zusammen.
    Der Sonnentanz war zu Ende. Er hatte Wakan Tanka gefunden...
    »Ich nehme dein Opfer an.« Die Stimme des Gottes dröhnte in Sitting Bulls Ohren. Es war eine Stimme ohne Körper, und sie entstand direkt in seinem Kopf.
    Der Häuptling neigte demütig das Haupt. Es war nicht das erste Mal, daß er Wakan Tanka um Beistand bat, doch selten zuvor war es mit dem Ritual des Sonnentanzes geschehen. Und diesmal hing von der Antwort des Sonnengottes ungleich mehr ab als eine gute Jagd oder eine reiche Ernte.
    Vielleicht das Schicksal seines ganzen Volkes...
    »Ich sehe, daß große Sorgen dein Herz umfangen«, fuhr die mächtige Stimme fort. »Und du hast dein Leben gewagt, um meinen Ratschlag zu erbitten, Häuptling der Sioux. Ich will deinen Wunsch erfüllen.«
    Sitting Bull richtete sich auf und starrte in die Nebel, die ihn umgaben. Lichter brannten dahinter, wie in weiter Ferne, und große verzerrte Schatten huschten durch die undurchdringlichen Schwaden und begannen ihn zu umkreisen.
    Für einen Moment war das Herz des Indianers voller Angst. Dies war die Welt der Ahnen, und die Götter waren launisch. Sein Leben galt hier nicht mehr als die Flamme einer Kerze im Wind. Ein böser Hauch nur, von einem mißgünstigen Gott geschickt, und er würde sterben. Doch als Wakan Tanka nicht weitersprach, entsann er sich dem Grunde seines Kommens.
    »Mächtiger Gott der Sonne und des Lebens«, begann er die rituelle Ansprache. »Beschützer unseres Blutes und Bewahrer unserer Jagdgründe. Der weiße Mann, der uns betrogen hat, seit er in unser Land eindrang, bewaffnet sich. Mit seinen Armeen mordet er die Krieger, Frauen und Kinder der Sioux, Cheyenne und Arapaho. Er will uns zwingen, das Land unserer Ahnen zu verlassen und das Leben in Freiheit gegen ewige Gefangenschaft einzutauschen.
    Höre durch mich die Klagen deiner Söhne und Töchter, großer Gott der Sonne. Sage uns, ob wir siegreich gegen den weißen Mann bestehen werden, wenn

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