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Der Hexer - NR28 - Brücke am Ende der Welt

Der Hexer - NR28 - Brücke am Ende der Welt

Titel: Der Hexer - NR28 - Brücke am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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bereit«, sagte Balestrano. »Und die Zeit ist knapp. Es wäre das beste, du würdest gleich gehen.«
    »Nun, um so eher bin ich zurück, nicht?« antwortete Reynaud de Maizieres. Aber seine Stimme zitterte bei diesen Worten, und in seinen Augen stand ein Flackern, das den scherzhaften Ton Lügen strafte.
    Balestrano nickte, wandte sich halb um und klatschte in die Hände.
    Die Tür, durch die sie gekommen waren, wurde abermals geöffnet, und fünf weißgekleidete Tempelritter traten ein. Auf ihren Gesichtern stand das gleiche lähmende Entsetzen geschrieben, das auch Reynaud de Maizieres beim Anblick des Tores verspürt hatte. Aber keiner von ihnen protestierte auch nur mit einem Laut, als Jean Balestrano auf den offenstehenden Schrank und das wabernde Maul des Tores deutete.
    Wenige Augenblicke später beobachtete Reynaud de Maizieres, wie der erste Krieger durch die Tür trat und in einer flimmernden Wolke aus Licht und giftgrünem Glanz verschwand. Er hatte Angst.

    * * *

    Die Sonne stand nicht mehr ganz hoch am Himmel, sondern näherte sich bereits dem letzten Drittel ihrer Bahn, aber die Hitze hatte nicht nachgelassen. Das Gehen fiel mir schwer – und nicht nur mir –, obwohl wir unter allen gegebenen Umständen sogar noch Glück gehabt hatten: Der Sturm hatte die Wüstenlandschaft zwar vollkommen verändert, aber in der Richtung, in die sich unsere kleine Kolonne schleppte, überwog der Anteil von Fels und betonhart zusammengebackenem Boden, so daß wir relativ mühelos von der Stelle kamen.
    Trotzdem erschien mir jeder Schritt, den ich tat, unendlich mühsam. Denn es war nicht nur ein Schritt aus der Wüste heraus; nicht bloß ein weiterer Schritt, der uns näher an die kleine Postkutschenstation brachte, von der aus unsere fehlgeschlagene Expedition gestartet war, sondern zugleich auch ein Schritt, der mich fort von Priscylla führte, fort von Necrons Rattennest und allem, was ich dort zu finden hoffte.
    Jetzt, im nachhinein und bei klarer Überlegung betrachtet, gibt es wohl keine zufriedenstellende Erklärung für das, was ich an jenem Nachmittag tat. Vielleicht waren es einfach die Entbehrungen und Mühen der letzten Tage und Wochen, vielleicht die nicht enden wollende Kette von immer wieder neu geschürten und auf grausame Weise enttäuschten Hoffnungen, vielleicht hatte mir auch einfach nur die Sonne ein wenig zu lange aufs Hirn geschienen – aber ich war in diesem Moment nicht mehr bei klarem Verstand. Die Wüste, die Sonne, die weit auseinandergezogene Kette der anderen, deren Schluß ich bildete, der sanft auf und ab tanzende Staub, den der Sturm wie einen letzten Gruß in der Luft zurückgelassen hatte: Das alles wurde unwichtig, nahm plötzlich die Realität einer Traumlandschaft an.
    Ich fühlte mich niedergeschlagen; deprimiert wie niemals zuvor in meinem Leben. Alles schien rings um mich herum zusammenzustürzen. Unser ganzes Tun, mein ganzer, endloser Kampf gegen übermächtige Gegner schien mir plötzlich sinnlos geworden. Wenn ich jetzt aufgab, dann würde ich Priscylla endgültig verlieren.
    Vielleicht wäre trotz allem nichts geschehen, hätte ich mich in diesem Moment – warum, wußte ich selbst nicht zu sagen – nicht herumgedreht und in die Richtung zurückgeblickt, aus der wir gekommen waren. Der Berg – eigentlich nur ein Haufen übereinandergetürmter Felsen, die wie von einer Riesenhand so lange ineinandergequetscht worden waren, bis ein bergähnliches Etwas entstanden war – lag bereits Meilen hinter uns, denn Buffalo Bill schlug ein gehöriges Tempo an. Aus der großen Entfernung betrachtet, erschien es mir um so lächerlicher, daß all meine Hoffnungen am Fuße dieses Dreckklumpens ein so jähes Ende gefunden haben sollten.
    Und dann sah ich...
    Schatten.
    Etwas, das wie Nebel aussah, aber keiner war, ein flüchtiges Huschen unheimlicher grauer Schemen, als teile sich die Wirklichkeit.
    Und dann sah ich die Drachenburg. Eigentlich war es nur eine Silhouette; ein fast absurd geformter Umriß, der für den Bruchteil einer Sekunde über der Wüste aufblitzte, gigantisch und dräuend und in den Farben des Wahnsinns gehalten.
    Hätte ich auch nur einen einzigen Moment klar über meine Beobachtung nachgedacht oder gar mit einem der anderen darüber geredet, wäre mir klar geworden, daß ich nichts anderes als eine Luftspiegelung beobachtet haben konnte, vielleicht nicht einmal das, sondern nur ein Trugbild, das mir mein Unterbewußtsein vorgaukelte.
    Aber ich dachte in diesem

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