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Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt

Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt

Titel: Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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nichts als Unglück. Ein kleiner, größenwahnsinniger Kobold, der nur Schabernack im Sinn hatte und seine skurrilen Launen offenbar allein an mir auslassen konnte.
    Ich mußte ihn loswerden, noch vor heute abend.
    »Du enttäuschst mich«, knurrte Gurk aus seinem Spiegel heraus. »Will mich loswerden! Ha! Stell dir das mal nicht zu leicht vor! Den alten Abn el Gurk Ben Amar Chat Ibn Lot Fuddel den Dritten legt man nicht so schnell herein. Jetzt, wo die Flasche zerbrochen ist –«
    Die Flasche! Natürlich, das war es! Die Flasche, die mir in dem unseligen Labor in die Hände gefallen war, und die ich vor meinen Füßen hatte zerspringen lassen! Deshalb also hatte die Flamme mich nicht verbrannt. Es war ein kaltes, magisches Feuer gewesen, der gefangene Geist dieses Kobolds. Und ich hatte ihn freigelassen...
    »Schnelldenker.« Gurk betrachtete versonnen seine sorgsam manikürten Fingernägel, dann kratzte er sich den fetten Wanst damit. »Bist ein helles Köpfchen. Nun aber zu wichtigeren Themen.« Er blickte mich aus seinen runden Eulenaugen treuherzig an. »Was unternehmen wir heute abend? Ich muß mich mal so richtig austoben. Zweihundert Jahre in einer stinkenden Salmiakflasche zu verbringen, ist nicht gerade das Gelbe vom Ei, weißt du?« Er beugte sich vornüber, wartete, bis die Blüte die Oberfläche des Spiegels erreicht hatte – und sprang mit einem Satz geradewegs durch ihn hindurch und vor meine Füße. Wenn Howard oder Rowlf jetzt doch nur ins Zimmer gekommen wären!
    »Und selbst wenn«, sagte Gurk fast mitleidig und sah zu mir hoch. Er reichte mir gerade bis zum Knie. Sein weißes Haar zuckte in meine Richtung und wickelte sich schlangengleich um meine Beine. »Die können mich ohnehin nicht sehen«, fuhr er fort. »Dieses Privileg ist allein dir vorbehalten, Robert. Ich bin sozusagen dein... äh – persönlicher Gnom. Und so was hat nicht jeder«, fügte er stolz hinzu. »Schätze dich glücklich.«
    Resignierend ließ ich mich auf mein Bett zurücksinken. Dieser Gurk brachte es gewiß noch fertig, mich in den Wahnsinn zu treiben...
    »Keine Vorschuß-Lorbeeren, bitte«, tönte er und warf sich in die Brust. »Das ist mir erst bei acht Leuten gelungen. Mal sehen – wenn du kooperativ bist, läßt sich da bestimmt was machen...«
    Mein Mut sank mit jedem meiner Worte. »Hast du noch mehr Überraschungen auf Lager?« fragte ich seufzend. Im gleichen Moment wurde mir klar, daß die Frage höchst überflüssig war. Er hatte welche, und gewiß keine angenehmen.
    »Laß dich einfach überraschen, mein großer Freund«, kicherte Gurk in wilder Vorfreude. Und während das Bett unter mir zusammenbrach, verschwand er, löste sich langsam in Luft auf, bis nur noch seine Eulenaugen im Raum schwebten. Er zwinkerte mir noch einmal verschwörerisch zu, dann war ich allein im Zimmer. Ich machte mir nicht die Mühe, die Trümmer meines Bettes wieder zusammenzubauen; wer weiß, was mir dabei noch alles widerfahren wäre. So blieb ich einfach liegen und schloß die Augen.
    Die Erschöpfung forderte ihren Tribut. Nach wenigen Atemzügen schon war ich eingeschlafen. Und träumte von einem häßlichen, braunhäutigen Zwerg, der mir auf dem Kopf herumtanzte, während Abertausende von Leichen durch die Straßen Londons quollen...

    * * *

    »Nein, mein Kleiner, wir bleiben zusammen«, brummte der Alte und klopfte sanft das Fell seines vierbeinigen Freundes. »Und wenn die Kerle vom Asyl keine Hunde reinlassen wollen, suchen wir uns eben hier draußen irgendwo ein gemütliches Plätzchen, wo wir übernachten können.«
    Die kleine Promenadenmischung, die um seine zerschlissenen Hosenbeine herumhüpfte, sah ihn fast verstehend an und bellte einmal hell und spitz. Dann raste der Hund wieder voraus und sprang über Baumstümpfe und den dünnen Bachlauf, der sich schlangengleich durch die abgeholzte Schonung wand.
    Der Alte folgte ihm gemächlich und sah sich um. Es war ein herrlicher Sommertag. Die Sonne stand noch sehr hoch, obwohl es schon an die drei Uhr sein mußte, und brannte aus einem wolkenlosen Himmel auf die Erde nieder. Aus dem nahen Wäldchen erklang das Konzert der Vögel, und das spitze Bellen seines kleinen Freundes warf lustige Disharmonien in ihren Gesang.
    Der Alte lächelte und nahm das Bündel und die aus unzähligen Flicken zusammengesetzte Jacke auf die andere Schulter. Vor einer halben Stunde hatten sie die letzten Häuser der Stadt hinter sich gelassen. Wenn die Wärter in den Londoner

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