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Der Hexer - NR44 - Endstation Hölle

Der Hexer - NR44 - Endstation Hölle

Titel: Der Hexer - NR44 - Endstation Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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Tisch, klemmte den Arm fest und riß mit der freien Hand den Beutel weg. Er verschwand in der Tasche, noch ehe sich Passepartout von seiner Überraschung erholt hatte.
    »Ja«, sagte der Weltreisende nun mit einem kurzen Nicken zu dem Offizier. »Sie entschuldigen!«
    Mit diesen Worten sprang er auf, warf sich auf Passepartout und riß ihn samt dessen Stuhl zu Boden. Der Diener gab einen erstickten Laut von sich und begann zu strampeln. Man hätte wohl über den Anblick der beiden auf dem Fußboden zappelnden Körper lachen können, wenn die Angelegenheit nicht so ernst gewesen wäre. Es fanden sich denn auch sofort mehrere Militärs, die die beiden trennten und derb auf ihre Stühle drückten. Der Wirt kam aus seiner Deckung hinter dem Tresen hervor und hob zu einem Klagelied auf seine noch unbeschädigten Möbel an.
    Phileas Fogg warf ihm das Geld für den Kaffee vor die Füße, packte mit der Rechten die Reisetasche, mit der Linken Passepartout und stürmte hinaus auf den Bahnsteig, wo sich der Zug inzwischen geleert hatte. Die ersten Fahrgäste für die Rückfahrt fanden sich ein und suchten sich passende Abteils aus. Fogg ließ den Diener los und kaufte bei dem Beamten an der Lokomotive die Fahrkarten, kehrte zu Passepartout zurück und stieß ihn bis ans Ende des Zuges und in das einzige vorhandene Abteil erster Klasse hinein. Die Reisetasche folgte, dann stieg Phileas Fogg mit wuchtigen Bewegungen gleich einem Racheengel ein und ließ sich schwer in die Polster fallen. Er achtete nicht auf die ängstlichen Blicke, die der verschüchterte Diener ihm zuwarf.
    »Was hast du für die Pferde bekommen?« fragte Fogg, als sei nichts gewesen. Der Diener nannte die Summe und fügte hinzu, daß er sie zu der übrigen Barschaft in die Reisetasche gesteckt habe.
    »Wohin fahren wir von Bandar aus?« wagte er leise zu fragen.
    Fogg blickte seinen Diener verhärmt und mutlos an.
    »Ich weiß es nicht, treuer Passepartout«, seufzte er. »Ich glaube nicht, daß wir das Ziel unserer Reise überhaupt jemals erreichen werden. Willst du mir einen Gefallen tun?« Er wartete die mögliche Antwort gar nicht ab und fügte hinzu: »Paß ein wenig auf deinen Herrn auf, Passepartout. Wenn nötig, mit Gewalt!«

    * * *

    In einem Meer von Farben ging die Sonne unter. Der ovale Ball tauchte die Regenwälder in einen rötlichen Schimmer. Vereinzelt zogen Vögel ihre leichten Kreise am Himmel, und aus den Wäldern am gegenüberliegenden Hang des Bhima-Tales kräuselte sich an mehreren Stellen der Rauch der Schäfer, die kleine Feuer entzündeten, um sich die Nacht über zu wärmen und wilde Tiere von den Herden fernzuhalten.
    Die Natur bot sich als ein einziges Gemälde voller Harmonie dar, ein Sinnbild vieler unausgesprochener und unsichtbarer Mysterien. Sie entrückte die Wirklichkeit des Alltags ein wenig und schuf ein Paradies, dessen eigentliche Seele nur jemand wie Rajniv Sundhales erkennen konnte. Nicht einmal Talsah war dazu in der Lage, obwohl er einen Teil dessen empfing, was in Rajniv vor sich ging.
    Der alte Mann stand da wie ein Fels. Hoch aufgerichtet hielt er den Kopf leicht nach hinten gebeugt und lauschte. Er hielt Talsahs Hand, und er sah mit Talsahs Augen und empfand die Welt so, wie Talsah sie empfand.
    Und doch ein wenig anders; eindringlicher und hinter die Dinge blickend, Vorgänge und Anzeichen erkennend. Er spürte die Schatten, die von Westen heraufzogen, langsam die Hänge der West-Ghats emporkrochen, in die Nähe des oberen Laufes des Bhima gerieten und dort verharrten. Rajniv wandte sich ruckartig um, zog seinen jugendlichen Schüler mit sich und machte ihm durch einen leichten Druck der Hand klar, in welche Richtung er zu blicken wünschte.
    »Eine schwarze Wand kommt von Westen«, verkündete er mit leiser Stimme, aus der die Besorgnis klang. »Sie hat angehalten, aber sie wird ihren Weg fortsetzen. Sie wird auch zu uns kommen. Wir werden zusehen müssen, daß wir uns schützen!«
    »Dein Schutz ist mir genug, Meister«, erwiderte Talsah. Der Junge mit den dunklen Augen verzog das Gesicht zu einem beruhigenden Lächeln. Rajniv sah es nicht, denn er sah durch Talsahs Augen und konnte ihm daher nicht ins Gesicht blicken. Aber Talsah wandte sich zu ihm um, und Rajniv sah sich selbst, den ausgemergelten Körper in dem Gewand, das früher einmal weiß gewesen war und längst ein schmutziges Grau angenommen hatte. Talsah wusch es regelmäßig, drüben an dem kleinen Wasserfall, doch es wurde immer ein wenig grauer

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