Der Hexer - NR48 - Geistersturm
Dr. Gray nüchtern, nachdem er den Knochen abgetastet hatte. »Es wird wehtun, aber ich muß die Schulter wieder einrenken.«
Ich verzog das Gesicht zu einem schmerzlichen Lächeln. Er packte meinen Arm und riß ihn dann ruckartig nach hinten. »Wehtun« hatte er gesagt. Es war die wohl größte Untertreibung des Jahres.
Wie eine Feuerlohe raste der Schmerz durch meinen Arm und trieb mir die Tränen in die Augen. Ich konnte einen lauten Schrei nicht unterdrücken und schnappte nach Luft.
»Schon vorbei«, sagte Gray. Das Wörtchen schon klang wie bittere Ironie in meinen Ohren.
Howard hatte seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen. Tiefe Sorge stand in seinem Gesicht geschrieben.
»Woher kommt das?« fragte er scharf. »Das stammt unmöglich von deinem Sturz her. Du bist auf die andere Seite gefallen. Mein Gott, was ist passiert?«
Ich wollte die Achseln zucken, besann mich aber noch rechtzeitig eines Besseren.
»Ich weiß es nicht«, sagte ich lahm. Der Schmerz klang langsam ab. »Vielleicht bin ich gegen einen Stuhl geprallt, als ich ohnmächtig wurde.«
Die Gedanken jagten sich in meinem Kopf. Ich war immer noch zu benommen, um die wahre Bedeutung des Geschehens erfassen zu können. Und es war, als sträube sich sogar etwas in mir dagegen, die Erklärung zu finden.
Genau wie bei dem Kampf gegen den Shoggoten im nächtlichen Moor war mir auch diese Vision so real erschienen, daß ich nach dem Aufwachen Schwierigkeiten hatte, in die Realität zurückzufinden, und kaum glauben konnte, alles nur geträumt zu haben. Sollte ich Howard sagen, daß ich geträumt hatte, von einem herabstürzenden Stein getroffen worden zu sein, wie ich vor einigen Nächten auch geträumt hatte, mich an dem Stockdegen zu verletzen? Und daß ich diese Wunden nach dem Aufwachen wirklich gehabt hatte?
Verdammt – wie sollte ich etwas erklären können, was ich selbst nicht begriff?
Aber Howard fiel auch von allein auf, wie parallel diese Ereignisse lagen. »So, wie du dir neulich die Haut aufgekratzt hast, nicht wahr?« sagte er. Er lächelte, aber sein Ton klang eindeutig lauernd. »Du lagst weit von jedem Möbelstück entfernt, und du warst auch nicht ohnmächtig. Du warst in ein Zeitfeld eingehüllt, wir hielten dich für tot.«
Er brach ab und atmete ein paarmal tief durch. »Du hast wieder geträumt, nicht wahr?« hakte er nach einigen Sekunden nach.
Ich nickte widerwillig.
»Und im Traum hast du dich an der Schulter verletzt.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
Wieder nickte ich.
Während Gray meine Schulter mit einem nassen Tuch kühlte, lief Howard kopfschüttelnd im Zimmer auf und ab. Ich kannte ihn lange genug, um zu wissen, daß er innerlich nicht annähernd so ruhig war, wie er den Anschein erweckte. Ein sicheres Anzeichen dafür war, daß er zum Abstreifen seiner Zigarrenasche tatsächlich einen Aschenbecher statt des Teppichs benutzte, wie er es für gewöhnlich tat.
»Du besitzt gewaltige Fähigkeiten, aber auch du kannst die Zeit nicht beeinflussen«, fuhr er fort. »Also muß es einen Einfluß von außen geben. Deine Träume werden real, Robert, begreifst du das! Sie können möglicherweise tödlich werden!«
Ich schwieg auch weiterhin. Howards Worte konnten mich nicht erschrecken, nicht wirklich. Was er sagte, war mir selbst schon klargeworden, schon an Bord der NAUTILUS, auch wenn ich es verdrängt hatte. Es war unmöglich, widersprach jeder Logik, und doch bildeten die Verletzungen einen nicht zu widerlegenden Beweis. Howard wollte auf etwas Bestimmtes hinaus, aber ich war zu müde, um zu erkennen, in welche Richtung er das Gespräch lenken wollte.
»Es sind die SIEGEL«, sagte er düster. »Sie werden dich umbringen, wenn du sie weiterhin hier behältst. Schaff sie fort, und wenn du es nicht tust, werde ich es machen, bevor sie uns allen gefährlich werden können.«
»Nein!« Ich schrie die Antwort, selbst überrascht, daß mich der Gedanke an eine Trennung von den SIEGELN so erschreckte. »Sie sind im Safe sicher eingeschlossen«, fügte ich lahm hinzu.
»Es ist Wahnsinn, sie in diesem Haus aufzubewahren. Sie stellen eine Zeitbombe dar, bilden die größte Gefahr in... in diesem Universum. Und du Narr bildest dir ein, sie beherrschen zu können, weil du sie in einen lächerlichen Panzerschrank eingeschlossen hast? Niemand kann die SIEGEL beherrschen, nicht einmal dein Vater hätte es gekonnt. Aber er wäre so vernünftig gewesen, sie an der tiefsten Stelle des Meeres oder direkt in
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