Der Highlander, der mein Herz stahl: Roman (German Edition)
groß.«
Er war enttäuscht, dass sie die Miene nicht verzog. Stattdessen glitt ihr Blick auf eine Art über sein Gesicht, die ihm vage unangenehm war.
»Kann ich mir denken.« Sie bedachte ihn mit dem perfekten herablassenden Kindermädchen-Lächeln.
»Aufgesetzter Charme kann amüsant sein … für eine gewisse Zeit.«
Erik runzelte die Stirn. Aufgesetzt? Was meinte sie mit aufgesetzt? Er hatte versucht, sie in Rage zu bringen, und sie hatte es irgendwie geschafft, dass er in die Defensive gegangen war. Für ihn eine ungewohnte Position, die ihm ganz und gar nicht zusagte.
Das Mädchen benahm sich so gar nicht, wie zu erwarten war.
Sein schockiertes Schweigen nutzend, sagte sie:
»Bitte, Ihr seid doch ein vernünftiger Mensch. Wenn Ihr mich schon nicht zurückbringt, könntet Ihr mich doch einfach gehen lassen. Ich finde den Rückweg allein …«
»Leider geht das nicht«, unterbrach er ihre Bitte.
»Aber warum nicht?« protestierte sie.
»Ich schwöre, dass ich nichts von dem gehört habe, was Ihr und Eure Leute gesprochen habt. Warum wollt Ihr mir nicht glauben?«
Er war gegen ihr Flehen nicht so unempfänglich, wie er es gern gewesen wäre. Da er es hasste, Frauen etwas zu verweigern, schaute er sie scharf an, damit sie aufhörte.
»Dein Flehen ist nutzlos. Ich werde meine Absicht nicht ändern. Ich bringe dich zurück, sobald es sicher ist – und nicht eher.«
Ihre Augen blitzten in der Dunkelheit, sie schürzte die Lippen.
»Das ist lächerlich. Das ist Wahnsinn. Wisst Ihr denn, wohin Ihr segelt?«
»Natürlich weiß ich das verdammt gut.« Als ob er sich jemals hätte verirren können.
Man sah ihr an, dass sie ihm nicht glaubte.
»Ihr könnt doch nicht die ganze Nacht auf See bleiben. Irgendwo müsst Ihr anlegen. Es dämmert schon, und die Engländer werden Euch suchen. Außerdem« – sie deutete auf Randolph – »muss Euer Mann versorgt werden.«
Muss. Erik mochte es nicht, wenn man ihm sagte, was er tun musste, zumal wenn ein kleines Mädchen es sagte, das er mit einer Hand über seinen Kopf hochstemmen konnte. Das Kindermädchen Ellie würde lernen müssen, dass nicht sie es war, die das Sagen hatte. Trotz des leisen Befehlstons ihrer Worte, der bewirkte, dass er am liebsten mit den Zähnen geknirscht hätte, lächelte Erik.
»Danke für die Erinnerung.«
Vermutlich würde er sie jetzt so aufbringen, wie er es vorhin gewollt hatte – zehnmal so stark. Sie konnte versuchen, was sie wollte, aber niemals würde sie es schaffen, ihn zu dirigieren. Trotzdem war es amüsant zu sehen, wie sie es versuchte.
Sie runzelte die Stirn.
»Welche Erinnerung?«
»Wir hatten ein Abkommen.« Er schüttelte in gespieltem Ärger den Kopf.
»Ich tue das nur ungern, da wir uns erst kurz kennen. Aber für dich mache ich eine Ausnahme.« Er stand auf und gab Domnall einen Wink.
»Lege ihr Fesseln an.«
Ihr empörtes Schnaufen bereitete ihm jene Befriedigung, die er brauchte, um sicher zu sein, dass er nicht mehr in der Defensive war. Ja, die Welt war wieder in Ordnung.
Aufgeblasener … arroganter … Pirat!
In ihrem ganzen Leben war Ellie noch nie so unwürdig behandelt worden. Geknebelt und gefesselt wie eine gewöhnliche Gefangene! Sie wusste nicht, ob bei ihr Wut oder das Gefühl der Demütigung überwog. Da spielte es keine Rolle, dass die Leinenfesseln nur lose gebunden waren oder dass sie ihre Strafe verdient hatte – der verdammte Pirat hätte es nicht so genießen sollen. Sein breites Lächeln und die Art, wie sich Fältchen um seine Augen legten, wenn er sie ansah, verrieten ihr, dass er jede einzelne Minute genoss.
Galant, ha! Er war ein verabscheuungswürdiger Schuft, und sie tat gut daran, dies nicht zu vergessen.
Die nächste Stunde verbrachte Ellie fast zur Gänze damit, ihm die ewige Verdammnis zu wünschen – wobei sie aus einem eindrucksvollen Vorrat an Flüchen schöpfte, den sie im Laufe ihres jahrelangen Zusammenlebens mit ihren Brüdern angelegt hatte – ehe schließlich ihr Zorn vom Schlaf bezwungen wurde.
Als sie erwachte, umgab sie Wärme, und sie spürte ein sanftes Wiegen wie in den Armen ihrer Mutter. Mit einem zufriedenen Seufzer rieb sie ihre Wange an dem haarigen Wollplaid, atmete leichten Myrtenduft ein und kuschelte sich an die harte Brust …
Sie riss die Augen auf. Sie war kein Kind mehr. Ihre Mutter war tot; sie hatte nach Rosen und nicht nach Myrten geduftet, und ihre Brust war nicht hart gewesen.
Ellie fuhr auf. Ihr erster Instinkt war sich loszumachen,
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