Der Highlander, der mein Herz stahl: Roman (German Edition)
waren. Von Kindesbeinen an äußerst standesbewusst, hatte er immer auf seine Rechte gepocht und war damit aufgewachsen, dass alles nach seinem Kopf ging. Und wenn es nicht der Fall war – als ihre Mutter starb oder als der Gemahl ihrer Schwester, Robert Bruce, gegen den König rebellierte – konnte er unberechenbar reagieren. Wankelmütig. Matty hätte es besser wissen müssen, als seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Sie hatte seinem allgemeinen Groll Richtung und Ziel gegeben.
»Was hast du dir dabei gedacht? Wie konntest du nur so verantwortungslos sein? Wie konntest du Pflicht und Stellung vergessen? Durch die Gegend zu streifen wie eine … eine Bäuerin. Und deine Schwester zu verleiten …«
»Ich wollte sie ja nur aufheitern, da sie in letzter Zeit so bekümmert war. Ich dachte, die Aussicht auf die Hochzeit würde ihre Laune heben, doch sie wurde immer ernster.«
Ihr Vater biss die Zähne zusammen.
»Ellie ging es gut.«
Die vorgebliche Blindheit ihres Vaters erregte Mattys Zorn.
»Es ging ihr nicht gut! Aber du wolltest es nicht sehen, da sie alles so eingerichtet hat, dass du es nicht sehen musstest.«
Ihr Vater zuckte zurück.
»Mathilda, das reicht«, gab er aufgebracht von sich.
»Ich glaube, für heute hast du genug gesagt – und getan.«
Matty biss sich auf die Lippen und nickte. Sie war zu weit gegangen. Ellie war die Einzige, von der ihr Vater Kritik akzeptierte – und zwar, weil sie ihre Kritik so diplomatisch vorbrachte, dass er sie meist gar nicht als solche erkannte.
Alle blickten zur Tür, als Ralph hereinstürzte. Mattys Puls flatterte ein wenig, wie schon vom ersten Mal an, als sie ihn gesehen hatte. Wie war es nur möglich, dass Ellie ihn nicht heiraten wollte? Hätte Matty sich den perfekten englischen Ritter zusammenträumen können, er wäre genauso ausgefallen wie Ralph de Monthermer. Groß und schlank, mit dichtem dunklen Haar und klaren grünen Augen, war er hübsch, stark und ehrenhaft durch und durch. Der Umstand, dass er einmal alles für die Liebe aufs Spiel gesetzt hatte, indem er die Tochter des Königs heimlich geheiratet hatte, steigerte nur die romantische Aura, die ihn umgab.
Einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke, dann wandten sich beide ab.
»Ich bringe Neuigkeiten«, sagte er. Mattys Herzschlag drohte auszusetzen. Er hielt nur einen Moment inne, doch kam es ihr wie eine Ewigkeit vor, als sie wartete, ob die Nachricht gut oder schlecht war.
»Eine Frau wurde unweit von hier von einigen meiner Männer gesichtet. Offenbar war sie ins Wasser gesprungen und hatte um Hilfe rufen wollen, doch hat man sie wieder eingefangen, ehe meine Leute sie erreichen konnten.«
»War es Ellie?«, fragte Matty, die es kaum zu glauben wagte.
Wieder blickte Ralph sie an und hielt nur einen Moment ihren Blick fest, aber lange genug, dass sie den Funken Mitgefühl in seinen Augen sehen konnte.
»Sie muss es gewesen sein. Zeitpunkt und Beschreibung passen.«
Mary schloss die Augen und äußerte ein Dankeswort. Auch ihren Vater hörte sie murmeln: »Gott sei Dank«. Die echte Erleichterung in seinem Ton erstaunte sie. Der Earl liebte alle seine Kinder, zeigte aber seine väterlichen Gefühle nur selten. War ihm der Tod ihrer Mutter und seines Sohnes nähergegangen, als sie geahnt hatte? Oder war es deswegen, weil es um Ellie ging? Sie war der Anker für sie alle.
Rasch machte seine Erleichterung Wut Platz.
»Wieder eingefangen? Was heißt das?«, fragte er heftig.
»Von wem?«
Ralphs Kinn spannte sich.
»Ich weiß es nicht. Das Segel soll das Bild eines Falken getragen haben.«
Beide Männer sahen einander an, und Matty wusste, dass dies einen besonderen Grund hatte.
»Der Mann, über den Gerüchte in Umlauf sind?«, fragte ihr Vater.
Ralph nickte.
»Edward wird erfreut sein«, sagte ihr Vater.
»Er sucht ihn seit seiner Flucht aus Dunaverty.«
Matty machte große Augen. Auch John und Thomas waren entsetzt, als angedeutet wurde, dass ihr Schwager mit den Entführern Ellies unter einer Decke steckte.
»Robert würde sich nie dazu hergeben«, sagte sie vehement.
»Niemals würde er Ellie etwas antun.«
Keiner der Männer nahm ihren Ausbruch zur Kenntnis. Ob man ihr beipflichtete oder nicht, spielte keine Rolle. Ralph war einmal ein enger Freund Bruces gewesen. Die Gefühle ihres Vaters für seinen Schwiegersohn waren schwerer einzuschätzen. Offen seine Partei ergreifen würde er nie, doch fragte sie sich manchmal, ob er insgeheim seinen Erfolg
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