Der Highlander, der mein Herz stahl: Roman (German Edition)
nicht ähnlich, am Morgen so laut zu sein. Was konnte um diese unheilige Zeit gar so lustig sein?
Obwohl sie nicht in einem eigenen Raum standen, waren die zwei Betten an der westlichen Wand doch durch eine zwischen zwei Pfosten angebrachte hölzerne Trennwand abgeteilt und boten mehr Ruhe vor den häufigen Besuchern als die Nischen an der Wand gegenüber, wo Thomas schlief.
Mit gewaschenem Gesicht, gekämmtem Haar und geputzten Zähnen fühlte Ellie sich ein klein wenig besser, als sie hinter der Trennwand hervortrat, um sich dem Tag zu stellen. Als sie aber die Quelle des Gelächters entdeckte, war sie versucht, sofort kehrtzumachen und ihren Kopf ein wenig länger im Bett zu vergraben.
Duncan war es nicht. Der Piratencaptain hatte die edle Tunika vom Abend zuvor mit seiner Kampfkluft vertauscht. Er saß auf einem von Megs Stühlen, die langen, von Leder umhüllten Beine ausgestreckt, ein breites Lächeln in seinem allzu fröhlichen Gesicht.
Wie konnte man am Morgen schon so munter aussehen? Sie fühlte sich bis weit in den Vormittag hinein wie eine verhärmte alte Vettel.
Er zog eine Braue hoch. »Sieh mal an, wer endlich aufgewacht ist. Wir dachten schon, du würdest den ganzen Tag verschlafen.«
Ihrer Einschätzung nach war der Tag noch schmerzlich jung. Es konnte nicht lange nach Tagesanbruch sein. Die Tage wurden zwar schon länger, doch lugte die Wintersonne erst nach acht über den Horizont.
»Guten Morgen, Ellie«, sagte Meg ebenso aufgeräumt.
»Willst du dein übliches Frühstück?«
Ellie nickte dankbar und ließ sich auf eine Bank am Tisch sinken.
»Danke, Meg, das wäre wunderbar.«
Sie hatte an dem einfachen Frühstück großen Gefallen gefunden: frisches Brot, weiche Eier, ein paar Scheiben Räucherfleisch oder geräucherter Hering, dazu ein spezielles Gebräu aus Wasser mit Gewürzen, ein Geheimrezept Megs, das Ellie sich unbedingt verschaffen wollte – wenn sie es nur fertiggebracht hätte, rechtzeitig aufzustehen und bei der Zubereitung zuzusehen.
»Wo ist Duncan?«, fragte sie, brach ein Stück Brot ab und kaute langsam, die leckere Kombination von geröstetem Hafer und Gerste auskostend.
Der Blick des Captains wurde unmerklich schärfer.
»Sein Arm ist schon so gut verheilt, dass er wieder seinen Pflichten nachkommen kann. Ich fürchte, dass du dich in den nächsten Tagen mit mir abfinden musst.«
Angst trieb ihren Puls in die Höhe.
»Das ist sicher nicht nötig«, sagte sie hastig.
»Ich brauche kein Kindermädchen. Ihr habt mein Wort …«
»Einerlei«, unterbrach er sie mit einem vielsagenden Blick in Megs Richtung.
»Du stehst unter meinem Schutz, bis ich dich deiner Familie übergebe.«
Ellie war sofort klar, dass ihr ein Fehler unterlaufen war. Sie hatte vergessen, dass Meg nicht wusste, dass sie gegen ihren Willen festgehalten wurde, ein Umstand, der Ellie selbst fast entfallen wäre, wären da nicht die Sorge um ihre Familie und deren Ängste gewesen, die diese um sie ausstehen musste. Die letzten Tage waren schrecklich aufregend und – wenn sie an den Kuss dachte – so erregend gewesen, dass der Gedanke an Langeweile gar nicht aufkommen konnte. Außerdem vermittelte ihr das Zusammensein mit Meg einen Blick in eine neue Welt, so ganz anders als das behütete Leben voller Privilegien und Pflichten, das sie kannte.
Die Ironie, die darin lag, entging ihr nicht. Obwohl in Gefangenschaft, hatte sie noch nie so viel Freiheit genossen. Von Verantwortung. Von Pflichten und Erwartungen. Von Gedanken an die Zukunft. Und sie empfand Schuldgefühle, weil sie es so sehr genoss.
Wenn sie ehrlich zu sich selbst sein wollte, musste sie sich eingestehen, dass es etwas mit dem Mann zu tun hatte, der ihr gegenübersaß. Er war aufregend, und es genügte seine Nähe, um ihr Herz ein wenig schneller schlagen zu lassen. Er war wie ein goldener Gott – nicht wegen seiner hellen Haare und seines schönen Gesichtes, sondern wegen der Kraft seiner Persönlichkeit. Sie wurde von ihm angezogen wie eine Motte vom Licht und würde sich hüten, ihm zu nahe zu kommen.
Natürlich schäkerte er für sein Leben gern, nahm nichts ernst und trug als Markenzeichen sein keckes Grinsen, Ausdruck übertriebener Selbstsicherheit, zur Schau, zuweilen aber fragte sie sich, ob es da nicht etwas Tieferes gab und er vielleicht, anders als ihr schwächlicher Vater, zu echten Gefühlen fähig war.
Am Abend zuvor hatte sie geglaubt, einen Blick darauf erhascht zu haben. Sie hatte eine echte Verbindung
Weitere Kostenlose Bücher