Der Highlander, der mein Herz stahl: Roman (German Edition)
ihnen diejenige, der er nicht hatte begegnen wollen.
Obwohl sehr darauf bedacht, sie nicht anzublicken, wusste er, dass Lady Mathilda anwesend war. Sein feuriges Blut verriet es ihm. Der Reiz, den das Mädchen – anders als seine Schwester, mit der er verlobt war – auf ihn ausübte, war ihm ein Ärgernis. Es war falsch, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte. Nicht nur, weil er ihrer Schwester versprochen war, sondern weil seit Joans Tod erst sechzehn Monate vergangen waren. Die Reaktion seines Körpers erschien ihm als Verrat an der Frau, die er aus ganzem Herzen geliebt hatte.
Lady Elyne war die bessere Wahl. Sie war nicht wild und lebhaft, sondern ruhig und gesetzt. Sie würde ihn bei Hof nicht in Verlegenheit bringen, indem sie impulsiv äußerte, was immer ihr durch den Kopf ging, mochte es noch so charmant sein, und sie würde seinen Kindern eine liebevolle Mutter sein. Am wichtigsten aber, sie würde ihn die Liebe, die er für seine Frau empfunden hatte, nicht vergessen lassen.
»Habt Ihr sie gefunden?«, wollte Ulster von ihm wissen, kaum dass er den großen Saal betreten hatte.
Ralph spürte das Gewicht von Lady Mathildas Blick auf sich, sah aber nicht in ihre Richtung. »Noch nicht. Aber wir sind nahe dran.« Alles wartete auf eine nähere Erklärung.
»Ich habe den Boten zu einem Boot verfolgt, das heute Morgen aus Kintyre gekommen und in Ballycastle eingetroffen ist.«
Sie hatten Glück gehabt. Der Bote hatte seine Spuren nicht sorgfältig verwischt – wiewohl er wohl nicht geahnt hatte, dass zwei Earls mit voller Kraft hinter ihm her waren, als er eine Botschaft bezüglich eines Kindermädchens überbrachte. Viel »Überredung« war nicht nötig gewesen, um die Leute zum Reden zu bringen, als Ralph mit einer Flotte schwer bewaffneter englischer Krieger angelangt war.
Ulster zeigte sich wenig beeindruckt.
»Die Botschaft könnte von überallher kommen.«
Ralph nickte.
»Ja, aber das glaube ich nicht. Ich denke, dass sie in der Nähe sind. Der König hat recht behalten.«
König Edward war überzeugt, dass Bruce etwas im Schilde führte. Aus diesem Grund hatten Ralph und Ulster ihre Flotten schleunigst an die Ayrshire-Küste Schottlands bringen müssen. Sie sollten ganz früh am Morgen auslaufen.
»Warum?«, fragte Ulster, »was habt Ihr gefunden?«
»Das Fischerboot stammt aus einem Dorf unweit Dunaverty Castle. Als ich den Kommandant der Garnison befragt habe, hat er etwas Interessantes erwähnt. Er hat gesagt, es hätte nichts Ungewöhnlicheres als die typischen Gespenstererscheinungen gegeben.«
»Was hat das mit Ellie zu tun?«, fragte Lady Mathilda.
Nun konnte er ihrem Blick nicht mehr ausweichen. Er wappnete sich, was nicht verhinderte, dass es ihn wie ein Blitz durchfuhr, als sich ihre Augen trafen. Sie hatte versucht, ihre widerspenstigen goldenen Locken zu bändigen und auf ihrem Kopf aufzutürmen, doch umgaben noch immer lockere Strähnen ihr Gesicht und den langen Hals, der wie aus Elfenbein war. Ihre großen, babyblauen Augen waren noch rot vor Anstrengung, aber nicht mehr von Tränen verschwollen. Ein köstlicheres Geschöpf war für ihn nicht vorstellbar. Er verbarg seine Reaktion unter der schweren Bürde seiner Schuld – wohin sie gehörte.
Als er antwortete, verriet sein Ausdruck nur brüderliche Besorgnis.
»Zuerst war ich nicht sicher, dass es etwas mit Lady Elyne zu tun haben könnte. Highlander sind abergläubisch; überall sehen sie Gespenster und Feen. Dann aber sind mir Geschichten von einer Bande von Phantom-Marodeuren eingefallen, die in den letzten Monaten hin und wieder in der Gegend um Turnberry und Ayr gesichtet wurden.«
»Ihr glaubt, diese Phantome stehen in Verbindung zu Bruce und seinen Leuten?«, fragte Ulster.
»Ja, es wäre möglich.« Er berichtete von seinem Verhör des kleinen Küchenjungen, der behauptet hatte, den angeblichen Geist von Angesicht zu Angesicht gesehen zu haben.
»Falls dieser Geist die Quelle der Botschaft ist, muss er sich in der Nähe der Burg befinden. Zumindest müsste hier die Suche beginnen.«
»Glaubt Ihr, dass er Euch zu Bruce führen wird?«, fragte John.
»Der König ist dieser Meinung«, sage Ralph. Die Befehle des Königs waren klar: Man folge dem Falkenschiff und findet Bruce.
»Das alles kümmert mich nicht«, sagte Lady Mathilda, »solange Ihr Ellie findet.«
Das leise Flehen in ihrem Ton gab ihm zu verstehen, dass er nicht versagen durfte – nicht konnte. Sie rechnete mit ihm. Er würde Lady Elyne finden
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