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Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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nicht wie von einem einsamen Wolf. Aber wenn ich die Arbeit jetzt loslasse… bleibe ich zurück. Ich verliere etwas.«
    »Und was bedeutet das? Was verlierst du?«
    »Ich weiß es nicht…«
    Sie sah zum Fenster, ein kräftiger Wind trieb ein paar Schneeflocken gegen die Scheiben. Springsteen sang auf repeat, wieder und wieder. I threw robe on in the morning.
    »Es könnte etwas Furchtbares passiert sein«, sagte Winter.
    »Ist die Suchmeldung schon raus?«
    »Ja.«
    »Ach ja, genau, dein… Kontakt oder wie ich ihn nun nennen soll, der von der Göteborger-Posten, Bülow, hat angerufen.«
    »Er ruft bestimmt noch mal an.«
    »Hörst du ein Telefon klingeln? Nein. Und das kommt daher, weil ich den Stecker rausgezogen habe.«
    »Ich höre Ghost of Tom Joad«, sagte er.
    »Sehr gut. Wird dieser Fall die ganzen Weihnachtsfeiertage in Anspruch nehmen?«
    »Darum bleibe ich, Angela.« Er nahm einen Schluck Whisky, eine kalte Wärme rann durch seine Kehle. »Mehr kann ich darüber nicht sagen. Du kennst mich doch, oder? Ich mache meinen Job richtig oder ich lasse es ganz bleiben. Entweder oder. Ich kann ihn nicht nur halb machen.«
    »Warum planen wir überhaupt Urlaub? Es ist doch ganz sinnlos. Lieber immer arbeiten, achtzehn Stunden am Tag, das ganze Jahr, Jahr für Jahr. Immer. Alles andere ist ja nur halb, wie du sagst.«
    »So hab ich das nicht gemeint.«
    »Okay, okay. Ich verstehe, dass du… jetzt weitermachen musst. Dass jetzt ständig was passiert. Dass dem kleinen Jungen etwas Furchtbares passiert sein könnte. Oder ist.« Sie schaute immer noch zu dem Schnee am Fenster. »Aber es nimmt nie ein Ende, Erik.« Sie drehte den Kopf. »Es geschieht doch dauernd Schreckliches. Und du bist immer mittendrin. Es nimmt kein Ende, nie.«
    Er antwortete nicht.
    Immerhin hatte ich ein halbes Jahr Erziehungsurlaub, dachte er. Vielleicht war das meine beste Zeit, die wertvollste.
    »Ich hab mich so auf die Reise gefreut«, sagte sie jetzt.
    Was sollte er darauf antworten? Verlieren wir ein gemeinsames Weihnachten, so haben wir doch noch tausend vor uns? Was fühlte er selber? Was bedeutete es ihm, die Tage mit Angela zu verbringen? Und mit Elsa?
    Wie oft haben wir darüber gesprochen?
    »Bleib, Angela, wir fahren sofort los, wenn es vorbei ist.«
    »Manchmal denke ich an dich und deinen Job, als wärst du eine Art freischaffender Künstler«, sagte sie. »Keine regelmäßigen Arbeitszeiten, du entscheidest selbst, wann und wie du arbeitest, du lenkst die Arbeit gewissermaßen. Verstehst du, Erik? Als würdest du sie selber erschaffen.«
    Er antwortete nicht. An dem, was er gesagt hatte, war was dran. Es war ein erschreckender Gedanke.
    »Ich kann es nicht erklären«, sagte sie.
    »Ich verstehe, was du meinst«, sagte er. »Vielleicht ist es wirklich besser, wenn ihr über Weihnachten zu Hause bleibt«, fügte er hinzu.
    »Lass mich ein bisschen nachdenken«, sagte sie. »Vielleicht ist es für alle gut, wenn wir fahren, Elsa und ich.«
    Fünf Tage, dachte er plötzlich. Alles ist in fünf Tagen vorbei. Am zweiten Weihnachtstag ist es vorbei.
    Er wusste schon, dass es nichts war, auf das er sich freuen konnte. Abgesehen von dem, was geschah, spürte er, dass ihn am Ende der Feiertage Entsetzen erwartete. Oder auch während der Festtage. Er wusste, dass er überrascht werden würde, er würde Fragen und Antworten finden, die er nicht formuliert hatte. Er würde mit unbeantworteten Fragen zurückbleiben. Plötzlich Öffnungen sehen, die vorher verschweißt gewesen waren. Und neue Mauern.
    Aber er würde die ganze Zeit unterwegs sein, wirklich auf dem Weg, und dieser Moment an diesem Tisch war der letzte in Frieden. Wann würde er wieder hierher zurückkehren? Zum Frieden?
    »Willst du mich heiraten, Angela?«, fragte er.
    *
    Das Telefon klingelte im selben Moment, als er es wieder einstöpselte. Es war nach Mitternacht.
    »Was ist da im Gang, Erik?«, fragte Bülow.
    »Was möchtest du wissen?«
    »Ihr habt eine Suchmeldung rausgegeben nach einem vierjährigen Jungen, der Micke Johansson heißt?«
    »Das stimmt.«
    »Was ist passiert?«
    »Wir wissen es nicht. Der Junge ist verschwunden.«
    »Im Nordstan? Mitten im Weihnachtstrubel?«
    »Ja, und besonders dort pflegt so was zu passieren.«
    »Ist es schon öfter passiert?«, fragte Bülow. »Ich meine das ganz allgemein. Kinder verschwinden dort, wo viele Menschen sind.«
    »Aber dieses ist nicht wieder aufgetaucht?«
    »Nein.«
    »Es sind fast vierundzwanzig Stunden

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