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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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sah zum Friedhofstor, als wünschte er, schon auf der anderen Seite zu sein. «Diese Frau schwärmt schließlich ziemlich für Sie. Das weiß im Ort so ungefähr jeder.»
    «Was?»
    «Na ja   … ist vielleicht das falsche Wort, wie üblich. Tut mir leid. Ist   … immer noch eine ziemlich große Sache, dass Frauen ordiniert werden. Zieht mehr nach sich, als wir alle vermutet hätten. Und Sie – mit diesem Kreuz-hin-und-her-Schwenken und dem Weihwasser   –, ich will damit nur sagen, Sie sind wahrscheinlich ein   … wie ist das Wort dafür?»
    «Wenn Sie Vorbild meinen   –»
    «Ikone?»
    « Verdammt
nochmal, James.»
    «Ist auch das falsche Wort, oder? Ich halte jetzt lieber den Mund.»
    «Verdammt nochmal.»
    Sie war schockiert, konnte ihn nicht ansehen. Als sie durch das Friedhofstor gingen, sah sie sich zu den Gräbern um, dorthin,wo sie den Rauch gesehen hatte. Gomer Parry saß auf seinem üblichen Platz auf Minnies Grab, eine Zigarette im Mund.
    «Der arme alte Parry.» James war ihrem Blick gefolgt. «Haben sie seinen Neffen schon begraben?»
    «Nächste Woche. Nach der gerichtlichen Untersuchung.»
    «Hab ihn gar nicht in der Kirche gesehen. Meinen Sie, er hat Probleme mit dem Glauben?»
    Merrily sagte nichts. Gomer ging immer zu Minnies Grab, wenn er sich über etwas klarwerden musste. Als sie gestorben war, hatte er frische Batterien in seine und Minnies Armbanduhr eingesetzt und ihr beide Uhren ins Grab gelegt. Gomers alte Armbanduhr hatte sehr laut getickt. Manchmal, hatte er gesagt, glaubte er immer noch, sie ticken zu hören. Es half ihm beim Denken.
    Irgendetwas stimmte nicht. Vielleicht würde er es ihr erzählen, nachdem er es mit Minnie besprochen hatte.
    Als sie auf den Dorfplatz kamen, sagte Merrily zu James: «Wol len Sie nicht doch mitkommen und mir erzählen, was die Leute über mich zu reden haben?»
    «Lieber nicht. Hab mich nie am Tratsch beteiligt. Hab außerdem zu Alison gesagt, dass ich vor eins zurück bin. Abgesehen davon habe ich schon alles gesagt, was ich sagen wollte. Passen Sie auf, was hinter Ihrem Rücken vorgeht, Frau Pfarrer.»
    «Danke.»
    James nickte nur und ging mit langen Schritten davon.
    Merrily sah sich auf dem Marktplatz um, als könnten Leute aus kleinen Grüppchen murmelnd mit dem Finger auf sie zeigen. Vielleicht war die Predigt über Engel doch keine so gute Idee gewesen. Vielleicht – wenn Jenny Box hier noch jemandem von ihrer Vision erzählt hatte – war es sogar eine sehr
schlechte
Idee gewesen.
    Aber der Marktplatz war leer, abgesehen von Frannie Bliss, deran einer der Säulen der kleinen Markthalle lehnte und an einem Mars kaute.
    Merrily seufzte.

22   Die Aura eines Althippies
    Lol nahm den Anruf kurz vor eins auf dem Telefon in Profs Küche an. Aus dem Studio konnte er ein Playback von Moiras «Lady of the Tower» hören, jetzt untermalt von Simon St.   Johns sphärischem Cellospiel. Nur Moiras Stimme und Simons Cello: Es klang wie experimentelle Musik.
    Aus dem Telefon hörte er: «Bist du das, Junge? Weißt du, wer hier ist?»
    Eine warme Stimme. Lol war einen Moment lang verwirrt, bis die Stimme ein Bild heraufbeschwor: die sepiafarbene Hülle ihres zweiten Albums, auf dem sie alle noch Bärte hatten.
    «Sam?»
    «Lol, ich hoffe, ich störe nicht. Ich hab deine Nummer von diesem Polizisten bekommen   … Bliss? Der war vor ein paar Tagen bei mir.»
    «Hat er sich inzwischen beruhigt?»
    «So ziemlich», sagte Sam Hall, «obwohl er mir nicht wie ein Mann vorkommt, der mit Ruhe gut klarkommt. Na, jedenfalls haben wir uns unterhalten, und es, äh   … es ging dann viel um dich und darum, was du so getrieben hast, bevor du angefangen hast, Löcher im Matsch zu graben.»
    «Dieser Bliss», sagte Lol. «Immer so wahnsinnig diskret.» Hinter ihm glitt Simons samtiger Celloklang durch die Pause, die Moira nach der Strophe machte, in der ein Bote von seinem Pferd steigt, die Augen voller Dunkel.
    «Nachdem Bliss weg war, bin ich runter ins Dorf und hab im Internet nach dir gesucht», sagte Sam. «Da findet man dich überall – die Leute fragen: Wie kommt es, dass dieser Typ bei so vielen anderen, die Karriere gemacht haben, als Fußnote auftaucht? Wo ist er hin? Leute aus der ganzen Welt   – Amerika, Australien – stellen Fragen über Lol Robinson.»
    «Aber du rufst doch nicht nur an, um mir Angst zu machen, oder?»
    Sam lachte. «Was, das muss ich zugeben, die gute Seite am Internet ist – die Leute reden miteinander, teilen ihre

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