Der Himmel ueber Dem Boesen
wenn sie Interesse an einem One-Night-Stand hätten.»
«Hat er überhaupt begriffen, warum er verhaftet worden ist?»
«Oh ja. Merrily, in Ihrer Aussage steht, er hat Ihnen erzählt, dass er mit dem Pfarrer seiner Gemeinde geredet hat.»
Sie nickte. «Jerome Banks. Haben Sie mit ihm gesprochen?»
«Sollte ich das?»
«Lodge hat behauptet, dass er dem Pfarrer Angst gemacht hat. Dass er ihm von den Dingen erzählt hat, die er gesehen hat. ‹Gru selig › war das Wort, das Lodge benutzt hat.»
«Mehr hat er nicht gesagt?»
«Er wirkte … ich weiß nicht … irgendwie stolz – darauf, dass er dem Pfarrer Angst gemacht hat. Ich habe gesagt, das klingt ja interessant, und er hat gesagt – in diesem lüsternen Ton –, dass ich jederzeit kommen und mit
ihm
reden könnte, wenn ich möchte.»
«Und Sie haben gesagt?»
«Ich hab gesagt, das wäre nett, oder so was in der Art.»
«Ah.» Frannie Bliss rieb sich über das stoppelige Kinn.
«Was?»
« Nett
. Ja. So ungefähr hat er uns das auch erzählt.»
«Ja?» Sie griff nach dem Zippo und den Silk Cuts.
«Wie gesagt, die konnten ihn letzte Nacht nicht dazu bringen, den Mund zu halten. Aber heute Morgen, als wir ihn zum Verhör aus seiner Zelle geholt haben, war er wie verwandelt. Verschlossen, in sich gekehrt. Als wäre er gestern betrunken gewesen und hätte jetzt einen schlimmen Kater. Wollte uns gar nicht mehr kennen. Hat ständig gemurmelt:
‹ Nicht reden, nicht reden.
› Wollte wieder zurück in seine Zelle. Das ist ziemlich ungewöhnlich, wissen Sie? Normalerweise können sie es gar nicht abwarten rauszukommen. Wir haben alles versucht.»
«Guter Cop, böser Cop.»
«Ein bisschen raffinierter sind wir heutzutage, Merrily.»
«Seit wann das denn?» Sie zog mit den Zähnen eine Zigarette aus der Schachtel.
«Gebracht hat es jedenfalls nichts. Er hat noch nicht mal nach einem Anwalt gefragt. Wir haben ihm einen angeboten, er hat nein gesagt. Zu allem. Nein, nein, nein. Will nicht reden, lasstmich in Ruhe. Hat sich immer mehr in sich zurückgezogen und über Kopfschmerzen geklagt. Na ja, heute Abend wird die Gerichtsmedizin genug beisammenhaben, um ihn hochzunehmen. Aber ich …» Er sah Merrily in die Augen. «Ich
weiß
, dass noch mehr dabei rauskommt, wenn wir es richtig anfangen.»
«Und Sie wollen derjenige sein, der es aufdeckt, bevor Howe von ihrem Kurs zurückkommt und den Fall übernimmt.»
«Autsch.»
«’tschuldigung.»
«Schließlich», sagte Bliss, «hat er mich dann durch seine Finger hindurch angesehen und gesagt: ‹Bringen Sie mir diese kleine Frau.› Und mit dieser kleinen … Frau rede ich gerade.»
«Was?»
Bliss lächelte leicht verschämt, ohne sie direkt anzusehen.
«Ja. Tut mir leid.»
«Tut es nicht.»
«Merrily, wie
wäre
es, wenn Sie mal mit ihm reden? Das würde uns allen eine Menge Zeit sparen.»
Und Ihnen helfen, ihn dranzukriegen, bevor das Präsidium irgendeinen DCI hierher oder Miss Howe zurückbeordert.
«‹Mit ihm reden› bedeutet für Sie, entweder Sie sind dabei, oder es läuft ein Band.»
«So was in der Art. Aber ich möchte nicht, dass Sie unvorbereitet da reingehen. Deshalb hätte ich gern, dass Sie sich sein Haus ansehen. Eine Vorstellung davon bekommen, mit was für einem Typen wir es zu tun haben. Es wird nicht lange dauern.»
«Jetzt?»
«Meinetwegen.»
«Sehen Sie, ich weiß, dass der Bischof und der Polizeipräsident gelegentlich einen zusammen trinken …»
«Aber Sie arbeiten nicht für die Polizei. Ja, ja. Und ich will keine Ihrer persönlichen Grenzen überschreiten. Ich möchte bloßeine klarere Vorstellung davon, ob wir es mit einem Typen zu tun haben, der sexuelle Phantasien hat und sich einmal hat hinreißen lassen, oder mit einem echten Sexualstraftäter – der vielleicht damit angefangen hat, Frauen zu erniedrigen, und später dazu übergegangen ist, sie zu töten.
Sie
– Plural.»
«Und Sie wollen nicht nur wissen, was er mir anvertraut, sondern auch, wie er auf mich als Frau reagiert, stimmt’s?»
«Na ja, ehrlich gesagt hatte ich darüber noch gar nicht nachgedacht.»
«Frannie, vergessen Sie’s.»
Bliss war einen Moment lang still. Er wedelte ihren Zigarettenrauch weg.
«Sie enttäuschen mich, Merrily. Ich dachte, Ihnen geht es darum, die Ausbreitung des Bösen zu stoppen.»
«Angenommen, er ist unschuldig? Angenommen, Sie lassen sich da von etwas mitreißen.»
«Ich kann Ihnen zeigen …»
«Gut.» Sie drückte ihre Zigarette aus. Sie
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