Der Himmel über Garmisch (German Edition)
hier ist Hardy. Hardy Lepper.«
Sekunden verstrichen. »Eigentlich sollte ich sofort auflegen«, sagte sie dann. »Es ist nach Mitternacht. Was wollen Sie?«
»Es gibt eine Krise hier, und Carlo bittet Sie um ein Treffen, morgen.«
»Ich habe mir schon einmal verbeten, privat angerufen zu werden.«
»Ich weiß. Aber die Situation momentan ist extrem.«
»Die meisten meiner Klienten sind in extremen Situationen. Sonst wären Sie nicht meine Klienten.«
»Ich weiß das, Frau Schwemmer. Sie wissen, dass ich Sie immer respektiert habe. Aber ich mache mir Sorgen um meinen Freund. Bitte helfen Sie ihm. Nur ein Gespräch morgen. Es ist Feiertag, Termine werden Sie keine haben. Und es dürfte das letzte sein, bevor wir die Stadt verlassen. Ich bitte Sie.«
»Sie bitten mich …« Es entstand eine Pause. »Wie geht es Ihnen, Hardy?«, fragte sie dann.
Nun war er es, der mit der Antwort zögerte. »Schwierige Frage. Probleme gibt es immer. Aber es sind andere als damals, wenn Sie verstehen. Heute kommen sie auf mich zu und nicht mehr aus mir heraus.«
»Das klingt nach einem Fortschritt.«
»Kann man so sehen. Aber manchmal schreitet man fort und steht plötzlich wieder vor einer Wand.«
»Ich denke, ich versteh, was Sie meinen.«
»Helfen Sie ihm?«
»Na gut. Zehn Uhr. In der Praxis.«
»Ich danke Ihnen.«
»War nett, mal wieder Ihre Stimme zu hören, Hardy. Passen Sie auf sich auf.«
»Danke. Ebenso, Frau Schwemmer.«
Sie legte auf. Marie saß neben ihm. Er schloss die Augen und spürte der Berührung ihrer Hand nach, die sanft über seinen Rücken glitt.
Ich hab meinen Sohn verloren , sagte sie.
Er fühlte, dass sie weinte.
»Wir haben sie schon lange verloren«, sagte er. »Beide.«
Was wird mit Reagan geschehen?
»Er wird Fehler machen.«
Und Carlo? Was ist mit ihm?
»Das weiß ich nicht. Ich fürchte, dass andere das entscheiden werden.«
Hast du Angst? , fragte sie.
Er fühlte, wie sich die Haare auf seinen Unterarmen aufstellten.
»Ja«, sagte er. »Ich habe Angst.«
***
Burgl stand im Wohnzimmer am Telefon und legte gerade den Hörer auf, als Schwemmer hereinkam. Sie ging in die Diele und nahm ihm seinen Mantel ab.
»Danke, mein Engel«, sagte er.
Sie hängte den Mantel an die Garderobe, dann legte sie ihre Arme um ihn und küsste ihn auf den Mund. Er erwiderte den Kuss nur halbherzig.
»Was ist los?«, fragte sie.
»Ich bin müde.« Er streifte die Schuhe ab und ging in die Küche. »Den ganzen Scheiß bin ich müde.« Er öffnete den Kühlschrank und nahm eine Flasche Colombier vert heraus. Er hätte auch jeden anderen Wein herausgenommen, der da gestanden hätte. Von diesem wusste er immerhin, dass er ihm schmeckte.
»Gib her, ich mach sie auf«, sagte Burgl. Er reichte ihr die Flasche, holte Gläser aus dem Schrank und setzte sich an den Küchentisch.
Sie schenkte ein. »Was ist passiert?«
Schwemmer prostete ihr zu. »Ein rauschendes Fest«, sagte er und trank. »Schönes Haus, hundertzwanzig Gäste, tolles Buffet, tolle Band, ein Toter, vier Schwerverletzte, einer in Lebensgefahr.«
»Oh … Das meint Hardy mit Krise.«
»Hardy? Wieso Hardy?«
»Er hat mich eben angerufen. Carlo Unterwexler will mich unbedingt morgen sprechen.«
»Darfst du mir das eigentlich sagen?«
»Nein.«
»Na ja … ich darf ja auch keine Wanzen installieren.«
»Wie bitte?« Sie setzte sich auf. »Wieso machst du denn so was?«
»Weil sich niemand sonst dafür interessiert, was ein Herr Grellmayer mit den Unterwexlers zu tun hat.«
»Hat er das?«
»Zettel hat ihn beobachtet, wie er in ein Auto gestiegen ist, das denen gehört.«
»Reicht das?«
»Eben nicht.«
»Und da installierst du einfach ein paar Wanzen.«
»Ja.«
Sie nahm einen großen Schluck Weißwein. »Anscheinend befinden wir uns auf dem Weg in die Illegalität.«
»Der kommt mir nicht besonders lang vor«, murmelte Schwemmer. »Man hat mich von dem Fall abgezogen.«
Sie sah ihn über den Rand ihres Glases hinweg an. »Was bedeutet das?«
»Dass ich ihnen auf den Sack geh. Allen.«
»Und du arbeitest trotzdem weiter dran?«
»Wie kommst du darauf? Ich war als Privatmann auf einer Feier. Und ich habe als Privatmann gegen Gesetze verstoßen. Das ist natürlich schlecht. Wenn man das als Polizist macht, ist es nicht so schlimm.«
»Hast du denn was herausgefunden?«
Schwemmer zuckte die Achseln. »Der Typ, der Grellmayer bei Théo das Alibi beschafft hat, beschuldigt ihn nun, bei dem Mord in dem Drogenlabor dabei
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