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Der Himmel über Kasakstan

Der Himmel über Kasakstan

Titel: Der Himmel über Kasakstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schilfhütte in der Sonne, rauchten einen beißenden, von den Bauern in Undutowa selbst angebauten Tabak und lauschten auf das träge Plätschern, wenn ein Biber oder eine Kröte in den Sumpf sprangen und sich in den flachen Wasserlachen badeten.
    »Helfen? Nein!« Boborykin reinigte den Lauf seines Gewehres. Er ölte es, er putzte das Schloß; die Waffe blitzte, als sei sie neu. Sie war sein ganzer Stolz und die Grundlage, auf der er sein Leben aufbaute und fortführte. »Ich will sehen, wie ich euch wegbringe. Natascha Trimofa wird nicht kommen.«
    »Aber sie hat es versprochen.«
    »Sie ist bereits in Karaganda –«
    »In –« Boris schwieg und senkte den Kopf. »Gott müßte dieses Land verfluchen.«
    »Warum tut er es nicht?«
    »Du liebst doch Mütterchen Rußland.«
    »Du nicht? Wir alle lieben es! Es gibt keinen Russen, der nicht weint, wenn er nach langer Irrfahrt durch die Welt zurückkommt zu Mütterchen Rußland. So sehr liebt er es. Aber unser Mütterchen ist wund und zerschunden, getreten und geschändet. Gott müßte die Menschen verdammen, die das taten.«
    »Wann warst du das letztemal in der Kirche, Andreij?«
    »Im Jahre 1918! Damals beteten wir für den Zaren. Der Pope flehte Gott an, daß er bei Nikolai bleibe und ihn aus den Wirren führen möge. Aber Väterchen Zar wurde erschossen. Von da ab habe ich gesehen, daß Gott unser Mütterchen Rußland nicht mehr kennt.«
    Boris schwieg. Er dachte an die kleine Kirche zwischen Neuenaue und Kraftfeld, an der er Svetlana das erstemal sah. An einem strahlenden Morgen, während der Klang der Orgel über das Land schwebte und die deutschen Bauern mit den Hüten in den Händen ehrfürchtig den geheiligten Raum betraten.
    In der Tür der Hütte erschien Erna-Svetlana. Sie trug die goldgelben Haare aufgesteckt. Ein bunter Schal, den ihr Boborykin mit den Kleidern mitgebracht hatte, schlang sich um die Stirn.
    »Das Mehl geht zu Ende, Andreij.«
    Boborykin legte das geputzte Gewehr zur Seite auf einen Holzstapel. »Ich habe kein Geld, neues zu kaufen.«
    »Wir haben dich arm gegessen … ich sehe es.« Svetlana sah hinüber zu Boris, der in den Sumpf starrte. »Auch wenn wir nur einmal am Tag essen … es reicht nicht für drei. Wir sind jetzt sieben Wochen bei dir, Andreij … sollen wir nicht wieder zurückgehen?«
    »Zurück? Wohin denn?«
    »Zurück zur Datscha. Djadja wird uns wieder aufnehmen. Bestimmt wird er das! Er wird sich so geängstigt haben, daß er froh ist, wenn er mich wiedersieht. Bor kann bei ihm arbeiten, wir werden heiraten können, es wird wieder ein schönes Leben werden. Und djadja wird dir alles ersetzen, Andreij.«
    »Wer ist djadja?«
    »Borkin«, sagte Boris rauh. Er stand auf und ging an den Rand des festen Platzes. Im Schilf flüchtete eine große Eidechse. Dort, wo die Sonne prall auf das Land schien, dampfte der Sumpf und stiegen grüne Nebel in das Blau des Himmels.
    Boborykin strich sich mit beiden Händen durch den struppigen Bart. Verdammt, dachte er. Verdammt ja, sie weiß es ja noch immer nicht. Warum sagt es ihr denn keiner? Warum spielen sie solch ein dummes Verstecken mit einem Manne, der zeit seines Lebens ein Schwein war und wie ein Vieh erschlagen wurde?
    »Wir müssen noch hierbleiben«, sagte er langsam. »Ich will einige Felle verkaufen. Nur sind sie im Sommer billiger als im Winter. Ich verliere einige hundert Rubelchen.«
    »Vielleicht kannst du das gebrauchen, Andreij?«
    Svetlana hielt ihm die Hand hin. Zwischen ihren Fingern lag die silberne Kette, die ihr Borkin geschenkt hatte. Die herrliche mongolische Kette, die ein Händler an der Tür feilgeboten hatte.
    »Wo hast du das her?« Boborykin griff nach der Kette und drehte sie in seinen Tatzen. »Sie wird einige Rubel bringen. Auf solche Sachen sind die Dirnen in Alma-Ata wild.«
    »Wird es reichen, bis du uns wegbringen kannst?«
    »Sicherlich.«
    »Dann verkauf es. Djadja wird es ja nie erfahren.«
    »Bestimmt nicht«, sagte Boborykin. Er steckte die Kette in die Tasche seines Jagdrockes. Dann schob er das geölte Schloß des Gewehres wieder ein und drückte einen Patronenrahmen in das Magazin. »Ihr werdet zwei Wochen allein bleiben müssen. So lange dauert es.«
    »Läßt du uns ein Gewehr hier, Andreij?« Boris kam vom Rand des Sumpfes zurück.
    »Nein. Ich brauche sie selbst.«
    »Wovon sollen wir denn leben?«
    »Stellt Fallen oder pflückt die Schilfsprößlinge. Sie geben einen guten Salat oder gehackt ein Gemüse ab. Außerdem habt ihr

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