Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Himmel über Kasakstan

Der Himmel über Kasakstan

Titel: Der Himmel über Kasakstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
zu den Partisanen.«
    »Und wurden das, was Sie jetzt sind.«
    »Nein. Das machte Borkin aus mir.«
    Poltezky griff in die Tasche seines Uniformrockes und holte eine Schachtel Papyrossi hervor. Er bot Natascha eine an, reichte ihr Feuer und sah dem Rauch nach, den er mit zurückgelehntem Kopf gegen die hölzerne Decke des Wohnabteils blies.
    »Ich habe Ihre Akten gelesen, Natascha Trimofa. Stephan Tschetwergow ließ mich hineinblicken. Er war stolz, solch einen Staatsfeind wie Sie – wie er es nannte – zur Strecke gebracht zu haben. Stalin wird ihn loben … dafür gäbe er seine Mutter her und schickte sie nach Karaganda.«
    »Ist das nicht der reformierte Charakter aller Russen, die nach oben schielen?«
    »Sie sind bitter wie Tollkirsche, Natascha. Daß Sie dabei schön sind, ist besonders traurig.«
    Natascha Trimofa schlug die Beine übereinander. Ihre Knie sahen weiß unter dem Rock hervor.
    »Denken Sie an die Poltezkaja, Major.«
    »Ich habe sie seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Es gibt keinen Urlaub für uns … nur eine Ablösung.« Poltezky winkte wieder ab. »Doch das geht Sie nichts an, Genossin Trimofa. Ich wollte Sie nur fragen, ob Sie wissen, was Sie in Karaganda erwartet.«
    »Fragen Sie dies die anderen zweihundert auch.«
    »Sie sind Pack! Dreckiger Abfall des Volkes! Misthaufen, die man mit der Gabel aus den Waggons holen wird, um sie irgendwo hinzuwerfen, wo sie verrotten. Aber Sie sind ein Mensch der Intelligenz.«
    »Warum diese Unterschiede im Land ohne Klassenkampf?«
    »Trinken Sie einen Wodka mit mir?«
    »Man wird Sie als Konterrevolutionär degradieren, Major.«
    Poltezky erhob sich, ging zu seinem Spind, holte eine Flasche Wodka heraus und schenkte zwei Wassergläser voll.
    »Es sind keine schönen Gläser«, sagte er, als er Natascha ein Glas hinreichte. »Aber betrachten wir sie als geschliffenes Kristall.«
    »Wie romantisch.« Natascha Trimofa blickte durch das hochgehaltene Glas den Major an. »Ein Kriegsheld stößt mit einer Strafgefangenen an, auf einem Transport in die Hölle! Ein Stoff für einen grandiosen Film, finden Sie nicht auch?«
    »Sie stecken voller Spott, Natascha.«
    »Es ist für die Henker bitterer, die Sterbenden lächeln als schreien zu sehen.« Sie reckte ihre schmale Gestalt und hob das Glas Poltezky entgegen. »Wo bleibt Ihr Trinkspruch, Major? ›Auf Ihre Gesundheit‹ können Sie ja schlecht zu mir sagen. Soviel Sarkasmus traue ich Ihnen nicht zu.«
    »Sie werden staunen: ›Auf Ihre Gesundheit, Natascha Trimofa‹.«
    »Darauf stoße ich nicht an.« Ihre Stimme war bitter und rauh. »Sie sind ein Sadist, Major. Warum haben Sie mich holen lassen?«
    »Ich wollte sehen, wie eine Ärztin aussieht, die man in das Vergessen schickt.«
    »Sie haben sie gesehen. Nun lassen Sie mich gehen zu den anderen Toten.« Sie stellte das Glas mit einem harten Stoß auf den Tisch zurück. Major Waska Poltezky sprang von seinem Bett auf.
    Er trat nahe an Natascha heran. Sie lehnte an der Wand und hatte keine Möglichkeit, ihm auszuweichen. Mit zitternden Augen sah sie ihn an. Poltezky hob die Hand und legte sie leicht auf ihr glattes schwarzes Haar. Sie spürte kaum den Druck, so zart strich er über das Haar hinweg.
    »Sie sind zu schade für das Begrabenwerden«, sagte er leise.
    Nataschas Kopf zuckte zur Seite. »Lassen Sie diese dummen Reden, Major. Ich bin kein unschuldiges Mädchen, das unter einer Männerhand wie schmelzendes Eis vergeht.«
    »Ich wollte Sie auspeitschen lassen, weil Sie Piotr, den Idioten von einem Unteroffizier, einfach wegschickten, als er Sie holen sollte. Aber als ich Sie dann sah, im Waggon, vor der Kranken kniend, vergaß ich die Peitsche.«
    »Und die Poltezkaja.«
    »Auch sie, Natascha. Zwei Jahre sind eine lange Zeit. Sie erzieht uns Männer zu Tieren. Aber ich will kein Tier sein, Natascha … ich will ein Mann bleiben. Sie sind schön genug, es mich bleiben zu lassen.«
    »Welch ein Heuchler, welch ein Lump Sie doch sind, Major Poltezky.« Natascha ließ die Arme sinken, die sie als unwillkürliche Abwehr vor ihre Brust gekreuzt hatte. Sie stand, an die Wand gedrückt, hoch aufgerichtet und mit zurückgeworfenem Kopf da. »Warum gebrauchen Sie Wodka, wenn Sie Gewalt meinen?« Sie hielt seine Hand fest, die nach ihr greifen wollte. »Sie wissen, daß Sie erschossen werden, wenn ich schreie.«
    »Machen Sie einen Preis, Natascha.« Er legte seine Hände auf ihre Schultern und schloß die Augen. »Nennen Sie etwas, was ich erfüllen

Weitere Kostenlose Bücher