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Der Himmel über Kasakstan

Der Himmel über Kasakstan

Titel: Der Himmel über Kasakstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Worte in den kleinen Keller gesperrt, in dem Borkin seine Wintervorräte lagerte.
    »Denk darüber nach, wie du ihn umgebracht hast, du Wanze!« hatte Tschetwergow den verblüfften Fedja angebrüllt. »Wenn wir wiederkommen, zwicken wir dich so lange in den Hintern, bis du alles gestehst!«
    Die Hunde sprangen wieder gegen die Gitter und heulten und geiferten, als Konjew, Tschetwergow und Natascha Trimofa an ihrem Zwinger vorbeigingen.
    »Teufelsbrut«, sagte Konjew und schielte zur Seite. »Borkin hat sie mir einmal nachgehetzt, Genosse.«
    »Gut, daß man ihn erschlagen hat.«
    »Gut für uns. Aber was wird Moskau sagen …?«
    Moskau, das große Gespenst. Tschetwergow strich über seinen Tatarenbart. Man muß Beweise haben und einen Täter, dachte er. Man muß ihnen etwas vorzeigen können … Schuldige, auch wenn sie unschuldig sind. Es kommt gar nicht so darauf an … die Hauptsache, man weist etwas vor.
    Im Zimmer Borkins empfing sie Sussja. Sie weinte noch immer. Ihr verquollenes Gesicht war rot und schweißig. Sie saß neben dem Bett und hielt Totenwache. Konjew drückte sie weg und trat sie auf den Fuß.
    »Laß das Flennen, Hurenbalg!« sagte er grob. »Vielleicht warst du es selbst! Wer kennt die Weiber!«
    »Bitte«, sagte Tschetwergow höflich. Er wies auf den Toten, als überreiche er Natascha Trimofa einen Blumenstrauß oder ein wertvolles Geschenk. »Stellen Sie den Tod fest.«
    »Das ist hiermit geschehen.« Nataschas Stimme war ruhig und geschäftsmäßig. Sie sah in das zerschlagene Gesicht Borkins, auf die zerrissenen Lippen, die aufgedunsenen Augen und die blaugestriemten Ohren. Sie empfand bei diesem Anblick weder Freude noch Triumph, weder Genugtuung noch Befriedigung. Sie empfand gar nichts. Hier lag ein toter Leib, der einmal Borkin war. Er hatte wenig Ähnlichkeit mehr mit dem Borkin, den sie haßte. Es war fast enttäuschend, die Erfüllung eines Wunsches zu sehen und sich nicht darüber freuen zu können.
    »Sie untersuchen ihn nicht?«
    »Warum, Genosse Tschetwergow? Er ist erschlagen – das sieht man. Der Tod ist eingetreten durch Gehirnbluten. Das nehme ich an. Aber darüber kann nur eine Obduktion Auskunft geben. Das wiederum ist Sache des Distriktarztes in Alma-Ata.«
    »Sie glauben doch nicht, daß wir den Kerl mit nach Alma-Ata nehmen?!«
    »Sie werden es müssen.«
    »Hämmern Sie ihm das Gehirn frei!«
    »Das darf ich nicht.«
    Tschetwergow winkte ab. »Sie nehmen es doch sonst nicht so genau, Genossin Trimofa.« Er wandte sich um zu Sussja und zeigte zur Tür. »Raus, du Aas!«
    Weinend verließ Sussja das Zimmer. Konjew setzte sich ans Fenster, wo er Borkin nicht ins Gesicht sehen konnte.
    »Sie kennen Erna-Svetlana Bergner, Genossin Ärztin?« fragte Tschetwergow. Natascha Trimofa fühlte wieder den Eisblock auf sich zukommen.
    »Nein.«
    »Man hat Sie gesehen, wie Sie ungefähr eine Stunde nach dem Mord an Borkin mit einer Frau und einem Mann durch den Wald ritten.«
    »Das kommt öfter vor, wenn mich Genossen zu den Kranken holen.«
    »Wir haben diese Antwort erwartet. Genosse Konjew hat in Judomskoje nachgefragt, und auch von dem Genossen Sirkow aus Undutowa liegt die Meldung vor, daß Sie in dieser Nacht in keinem der Dörfer waren! Erna-Svetlana aber ist verschwunden. Und mit ihr fehlt auch ein Boris Horn. Beide sind Deutsche! Wir wissen auch, daß Borkin vor seinem Tod einen Besuch bei Svetlana machte. Er kam zu ihr hinaus in die Steppe!« Tschetwergow grinste breit. »Ich weiß noch mehr, Genossin! Sie ist eine kleine, blonde Hexe, diese Svetlana. Hübsch wie die Sünde. Und jetzt ist sie weg! Was halten Sie davon?«
    »Vielleicht schicken Sie 'mal einen Brief an die Frage- und Antwort-Redaktion der ›Prawda‹?«
    Iljitsch Sergejewitsch Konjew lachte meckernd. Aber er verstummte sofort, als er sah, daß Tschetwergow keinen Spaß verstand, vor allem dann nicht, wenn er auf Kosten seiner eigenen Person ging.
    »Sie verschweigen uns etwas!« sagte er laut.
    »Das mag sein. Ich bin an meine ärztliche Schweigepflicht gebunden.«
    »Das sind doch westlich-kapitalistische Manieren, Genossin! Schweigepflicht! Wo gibt es so etwas in unserem fortschrittlichen Staat?! Schweigen können bei uns nur die Toten!«
    »Vielleicht bin ich tot?«
    Tschetwergow und Konjew sahen sich an. Der langsamere Konjew begriff es noch immer nicht, als Tschetwergow schon weitersprach. Er bemühte sich nicht mehr, freundlich zu sprechen.
    »Wer waren die beiden?«
    »Patienten.«
    »Es waren Boris

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