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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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Soweit ich es beurteilen konnte, existierte in Wirklichkeit keine der Personen, mit denen ich sprechen wollte. Das Ganze war nur ein Code. Die Namen bekam ich immer am Ende meines vorangegangenen Anrufs. Ich hatte gelernt, sie mir einzuprägen und niemals aufzuschreiben. Wenn man die Namen vergaß, hatte man keine Möglichkeit, den Geheimdienst zu kontaktieren, und war auf sich allein gestellt, bis sich jemand vom Geheimdienst mit einem in Verbindung setzte. Nachdem ich die Prozedur durchlaufen hatte, wurde ich mit meinem Ansprechpartner verbunden.
    »Hey, Matt«, sagte ich, als sich schließlich seine vertraute Stimme meldete. Es gab eine Menge Geheimdienstmitarbeiter namens Matt. Ich war mir lange nicht sicher, warum das so war, sollte es aber bald herausfinden.
    »Wie geht’s, Joe?«, erwiderte Matt. Er war seit über fünf Jahren mein Ansprechpartner. »Hast du den Kids beigebracht, wie man in der wirklichen Welt überlebt?«
    »Ich habe mein Bestes getan.«
    »Bist du bereit für deinen nächsten Job?«
    »Nein«, entgegnete ich.
    Matt lachte. Er dachte, ich hätte einen Scherz gemacht, und fuhr fort: »Ich habe einen Auftrag in Montreal für dich. Einen wichtigen Auftrag. Er wurde extra für dich vorgemerkt. Anscheinend ist irgendjemand aus der Chefetage auf deine Arbeit aufmerksam geworden.«
    »Ich meine es ernst, Matt«, sagte ich. »Ich bin noch nicht bereit. Ich brauche eine Pause. Keine Leichen mehr. Nicht in den nächsten Tagen. Kein Blut mehr. Nur für ein paar Tage, dann kann es weitergehen.«
    »Im Ernst?« Fünf Jahre, und ich hatte Matt noch nie um eine Auszeit gebeten. Er war mir etwas schuldig. »Was erwartest du von mir?«
    »Kann der Job in Montreal warten?«, fragte ich.
    Matt schwieg einen Moment lang. Am anderen Ende der Leitung war das Rascheln von Papier zu hören. Ich hatte keine Ahnung, was er vorhatte. »Wie lange brauchst du?«, fragte er schließlich. Matt war ein netter Kerl. Er kümmerte sich um seine Leute. Ich nahm an, dass mein Anliegen einige Verrenkungen seinerseits erforderte.
    »Ich rufe dich in fünf Tagen an und lasse mir die Details durchgeben.«
    »Wo soll’s denn hingehen?«, erkundigte sich Matt. Ich konnte es ihm nicht sagen. Ich hätte eigentlich keine nicht genehmigte Zeit einplanen dürfen, um mich mit anderen Soldaten herumzutreiben. Das widersprach den Bestimmungen. Das war gefährlich.
    »Weg.« Mehr sagte ich ihm nicht. Sandstrände, warmes Wasser, kein Tod.
    »Fünf Tage«, wiederholte Matt, während er überlegte, wie er das hinbekommen würde. »Verarsch mich bloß nicht. Ich werde mir was einfallen lassen, wie ich die Sache für dich verschieben kann, aber sieh zu, dass du in fünf Tagen einsatzbereit bist.«
    »Danke, Matt.«
    »Michael Bullock. Dan Donovan. Pamela O’Donnell.« Die Namen klangen im Hörer, als hätte Matt im Morsecode gesprochen. Ich prägte mir jeden Namen sofort ins Gedächtnis ein. »Pass auf dich auf, Joe.«
    »Noch mal danke, Matt.« Daraufhin legte Matt auf. Mit meinem nächsten Anruf buchte ich einen Flug. Ich hatte nicht die Absicht, ihn im Stich zu lassen. Leider sind Absichten eine tückische Sache.

FÜNFTES KAPITEL
    Saint Martin war nicht Saint Martin. Saint Martin war ein Hirngespinst. Ein Ort, von dem Michael in einer Zeitschrift gelesen hatte. Wir besaßen weder das Geld noch die Entschlossenheit, um an einen solchen Ort zu gelangen. Eines Tages vielleicht. Eines Tages, wenn die höheren Mächte uns für würdig erachteten, bekämen wir vielleicht genug bezahlt, um eine solche Reise unternehmen zu können. Fürs Erste war Saint Martin für uns zu einem Geheimcode geworden. Es war ein Deckname. Wenn Michael uns sagte, wir treffen uns in Saint Martin, wussten wir, wohin wir uns begeben mussten. Es handelte sich um denselben Ort, an den wir schon als Teenager gefahren waren. Unser Saint Martin war die Küste von New Jersey.
    Wir waren in der Vergangenheit schon öfter in Arbeitspausen hierhergekommen. Jedes Mal, wenn wir zur selben Zeit freihatten, setzten wir alle Hebel in Bewegung, um uns auf einer schmalen kleinen Insel namens Long Beach Island vor der Küste von New Jersey zu treffen. In unserem Ersatz-Paradies. Die Zeit dafür zu finden war allerdings nicht einfach. Miteinander Kontakt aufzunehmen gestaltete sich noch schwieriger. Die Gelegenheiten, um uns tatsächlich zu treffen, wurden immer seltener. Wir mussten sie ergreifen, wann immer es möglich war, auch wenn wir alle wussten, wie gefährlich ein solcher Trip

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