Der Hinterhalt
wahrscheinlich erraten, nachdem wir am selben beschissenen Tisch hocken«, sagte ich. »Aber, ja, ich habe ihr gestern Abend erzählt, dass ihr beiden meine Freunde seid.«
»Wir müssen uns trennen«, sagte Jared ohne das geringste Zögern.
»Am anderen Ende der Bar ist noch ein Typ«, warf Michael ein. »Er gehört definitiv auch zu ihr. Ende dreißig, weiß, hat schon graue Haare, ist aber ziemlich gut in Form. Kleine Narbe unter dem linken Auge.« Ich nahm erneut einen gespielten Schluck von meinem Bier, bekam den neuen Typen aber nicht richtig zu Gesicht. Soweit ich es beurteilen konnte, kannte ich ihn nicht. »Dass wir uns trennen sollen, halte ich für eine total bescheuerte Idee«, sagte Michael. Sein Gesicht verriet zum ersten Mal, seit wir mit unserem kleinen Schauspiel begonnen hatten, was wirklich in ihm vorging.
»Entspann dich, Michael«, sagte ich. »Wir dürfen uns noch nicht zu erkennen geben. Warum denkst du, wir sollten uns trennen, Jared?«
»Das ist unsere einzige Chance. Wir können uns nicht mit ihnen anlegen. Wir müssen abhauen. Wenn wir gemeinsam abhauen, werden wir alle erwischt. «
»Ich verstehe nicht, warum wir nicht gegen sie kämpfen können«, erwiderte Michael. »Wenn wir uns trennen, stehen die Chancen ziemlich schlecht, dass wir alle drei davonkommen.« Michael sah mich an, während er sprach. Wir hatten alle dieselbe Vermutung. Catherine oder wie auch immer sie hieß, war auf der Suche nach mir. Ich war ihr Hauptziel.
»Wir können nicht gegen sie kämpfen, Michael«, erklärte Jared. »Wir wissen, dass sie mindestens zu dritt sind. Vielleicht sind sogar noch mehr von ihnen da. Wir sind auf jeden Fall nur zu dritt. Außerdem sind sie hier, weil sie uns suchen, also können wir davon ausgehen, dass sie bewaffnet sind. Bist du bewaffnet, Michael?« Jared zählte nur die Fakten auf.
»Ich habe mein Tauchermesser dabei«, sagte Michael, in dessen Stimme sich Resignation breitmachte. Ein Messer mit fünf Zentimeter langer Klinge für uns alle war nicht genug.
Jared schüttelte den Kopf. »Tja, ich kann dir garantieren, dass sie mehr als ein Tauchermesser haben. Die sind auf einem Jagdausflug. Wer es auf Elefanten abgesehen hat, bringt ein Elefantengewehr mit.«
»Jared hat recht«, klinkte ich mich schließlich ein. Das war nicht das, was ich eigentlich sagen wollte. Wenn ich zu Boden ging, wollte ich das nicht alleine tun müssen, doch Jared hatte recht. Das Schlaueste war, sich zu trennen und abzuhauen. Aus dem Restaurant, von der Insel und so weit weg wie irgend möglich. Mir wurde bewusst, dass es ein Fehler gewesen war, so nah am Schauplatz unserer letzten Mordanschläge Urlaub zu machen. Es gab keinen Grund, einen weiteren Fehler zu begehen.
»Gut. Lasst uns aber einen Treffpunkt vereinbaren«, willigte Michael ein. »Wir müssen wieder Kontakt miteinander aufnehmen, nachdem wir geflüchtet sind.«
»Treffen wir uns im Borgata-Hotel in Atlantic City«, schlug Jared vor. »Wenn wir es schaffen, von der Insel zu kommen, schaffen wir es auch nach Atlantic City. Treffpunkt bei den Hundert-Dollar-Blackjack-Tischen um drei Uhr morgens. Wenn einer bis dahin nicht aufkreuzt, verschwinden wir ohne ihn. Es gibt nur einen Weg, um von dieser Insel zu kommen. Wenn wir nicht rechtzeitig runterkommen, bedeutet das wahrscheinlich, dass wir gar nicht mehr runterkommen.«
»Okay«, sagte ich. »Jared, du verschwindest als Erster. Du stehst auf, um auf die Toilette zu gehen, und marschierst einfach raus. Unwahrscheinlich, dass sie Verdacht schöpfen, bevor der Zweite von uns verschwindet. Dadurch gewinnst du Zeit, um dir was einfallen zu lassen, wie du uns raus aus New Jersey und so weit weg wie möglich bringst.« Jared nickte kaum wahrnehmbar.
»Wir sehen uns um drei, Leute«, sagte er. Dann stand er ohne ein weiteres Wort auf, sah mir kurz in die Augen und ging in Richtung Herrentoilette. Sein Blick war eisern, ohne irgendeinen Zweifel. Nach ungefähr zwei Minuten stand ein junger Mann mit dunklem Haar auf und ging von der Bar zur Toilette.
»Da«, sagte Michael. »Der dunkelhaarige Typ ist der Vierte. Er geht, um nach Jared zu sehen. Ich glaube, das sind alle.« Michael blickte mich an. »Und jetzt?« Ich wusste, was er meinte. Er meinte: Wie sieht unser Plan aus, nachdem Jared weg ist? Abzuhauen war nicht Michaels Stil. Er würde es nur tun, wenn ich ihn dazu aufforderte.
»Ich weiß nicht«, sagte ich, während ich versuchte, mir einen Plan auszudenken. Jared war der Planer.
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