Der Hinterhalt
Handgelenk, um zu überprüfen, ob ich ihm etwas gebrochen hatte.
»Kein Gewinke«, befahl ich. »Beantworte meine Frage. Wer ist meine kleine Freundin?« Ich wagte es nicht, selbst nachzusehen.
»Die heiße Asiatin von gestern Abend in der Bar«, erwiderte Michael. »Was zum Teufel ist eigentlich dein Problem? Bist du so übel abgeblitzt?«
»Hat sie uns gesehen?«, erkundigte ich mich mit gedämpfter Stimme. Mein Bauch sprach wieder mit mir. Ich war fest entschlossen, dieses Mal auf ihn zu hören. Irgendetwas stimmte nicht. In unserer Branche gab es keine Zufälle.
»Keine Ahnung«, entgegnete Michael. Seine Stimme folgte meinem Beispiel und wurde leiser. »Das kann ich wirklich nicht sagen. Wenn ja, dann tut sie so, als hätte sie uns nicht gesehen.«
»Tut so, als hättet ihr sie nicht gesehen«, flüsterte ich. »Oder noch besser, tut so, als würdet ihr sie nicht wiedererkennen.« Das war ein weiterer Befehl. Ich machte mir nicht die Mühe, so zu tun, als wäre es keiner.
»Spaß beiseite, Joe, was geht hier vor sich?«, fragte Jared.
Ich schüttelte den Kopf und versuchte zu entschlüsseln, was das alles bedeuten könnte. »Ich habe einfach nur ein ungutes Gefühl bei ihr«, erwiderte ich. »Sie hat mir eine Menge Fragen gestellt.«
»Was für Fragen?«, wollte Jared wissen. Es dauerte nicht lange, bis er todernst wurde. Das tat es nie.
»Über Brooklyn«, erwiderte ich. Das Wort hallte bei meinen beiden Freunden nach.
»Was für Fragen über Brooklyn?«, bohrte Jared nach. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und täuschte ein Lächeln vor, für den Fall, dass uns jemand beobachtete. Wir gaben uns alle so locker wie möglich. Nur unsere Worte waren voller Panik. Wir mussten hoffen, dass uns niemand belauschte.
»Nichts Bestimmtes. Sie war ziemlich unspezifisch. Aber gerade das beunruhigt mich. Sie wollte wissen, wie viel Zeit ich in New York verbracht habe, und dann hat sie einfließen lassen, wie sehr sie Brooklyn mag, und gefragt, ob ich jemals dort gewesen wäre.«
»Tja, das sagt uns nicht viel«, entgegnete Michael. »Klingt für mich nach einer normalen Unterhaltung.«
»Ja, so hat es für mich auch geklungen. Aber es hat sich nicht normal angefühlt.« Ich sah Michael erneut an. »Was macht sie jetzt?« Michael konnte sie als Einziger beobachten, ohne dass es auffiel, dass wir sie entdeckt hatten.
»Sie sitzt an der Bar und hat sich was zu trinken bestellt.«
»Was trinkt sie?« Das war eine wichtige Frage. Wenn sie etwas Alkoholisches trank, war klar, dass ich überreagierte. Wenn sie bei der Arbeit war, würde sie nüchtern bleiben.
»Durchsichtiges Getränk. Normales Glas. Limone«, sagte Michael. »Könnte Gin oder Wodka sein. Könnte aber auch Mineralwasser sein.« Michael wusste ebenfalls, was Sache war.
»Warum hast du denn gestern Abend nichts gesagt?«, fragte Jared.
»Gestern Abend kam es mir nur komisch vor. Heute Abend, am zweiten Abend in Folge, kommt es mir gefährlich vor. Was tut sie, Michael?«
»Nicht viel. Sie sitzt nur da und trinkt langsam. Allerdings hat sie bereits ein paar Mal Blickkontakt mit dem großen schwarzen Typen in der Ecke aufgenommen.«
»Hast du ihn schon mal gesehen?«, fragte ich Michael.
»Nein. Noch nie. Siehst du ihn?«
Ich griff nach meinem Bier, tat so, als würde ich daran nippen, und lehnte mich auf meinem Stuhl zurück, um einen Blick auf den Mann werfen zu können, der in der Ecke stand. Dann sah ich ihn. Ich erkannte ihn sofort. »Wir sind geliefert«, sagte ich.
»Was soll das heißen?«, wollte Michael wissen. »Kennst du den Typen?«
»Ja, das ist mein Taxifahrer. Er hat mich von Atlantic City hierhergefahren. Wir sind geliefert. Daran besteht kein Zweifel.« Ich hätte beinahe tatsächlich von meinem Bier getrunken. Es handelte sich um einen Reflex. Stattdessen presste ich mir die Flasche an die Lippen, ohne einen Tropfen durchzulassen. Dann stellte ich das Bier wieder auf den Tisch. Ich wusste nicht, was der heutige Abend noch bringen würde, war mir aber darüber im Klaren, dass ich im Vollbesitz meiner Fähigkeiten bleiben musste. »Also, wie sieht unser Plan aus?«, fragte ich. Michael und ich sahen beide Jared an. So war es jedes Mal. Michael sorgte für Stimmung. Jared hatte die Pläne. Ich weiß immer noch nicht, was meine Aufgabe war.
»Weiß sie über uns Bescheid?«, fragte Jared und deutete auf sich selbst und Michael.
»Tja, wenn sie bislang noch nicht im Bild gewesen wäre, hätte sie es inzwischen
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