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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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schicken Restaurants in der Bucht besorgen könne, indem er die Tischanweiserin schmierte. Außerdem betrachtete er seinen Bestechungsversuch als ersten Schachzug bei seinem Vorhaben, ihre Telefonnummer zu bekommen. Der Plan war ein gehobenes Abendessen, gefolgt vom Besuch einer überfüllten Beach-Haven-Bar mit Livemusik und betrunkenen jungen Frauen. »Studentinnen«, psalmodierte Michael immer wieder, als handle es sich um ein Zauberwort. Michael trug seine besten Sommersachen – ein Hawaiihemd mit leuchtend rotem Blumenmuster und eine Leinenhose. Er hatte genug Aftershave aufgetragen, um einen Elefanten zu erlegen. Michael war nicht mit Jared und mir aufgewachsen. Ich lernte ihn erst zwei Wochen nach meinem sechzehnten Geburtstag kennen. Am Tag meiner Initiation. An jenem Tag saßen Michael und ich nebeneinander, während uns irgendein Fremder erzählte, dass es Leute gab, die uns töten wollten, und dass wir sie zuerst töten mussten, wenn wir nicht sterben wollten. Wir gingen ahnungslos hinein und kamen alles andere als ahnungslos wieder heraus – nicht erfahren, aber einfach nicht mehr ahnungslos. Als die Gruppe auseinanderging, wurde jedem Einzelnen von uns eingebläut, niemand anderen aus der Gruppe zu kontaktieren oder ausfindig zu machen. Das sei gefährlich, sagte man uns. Es könne dazu führen, dass Menschen sterben mussten. Michael war das egal. Er spürte mich auf, da er nicht in der Lage war, allein mit seinem neuen Wissen umzugehen. Von seinen Angehörigen war kaum noch jemand übrig. Er hatte niemanden, der ihn darauf hätte vorbereiten können, was als Nächstes kam. Michael brauchte Freunde. Keine Vorschrift konnte ihn davon abhalten, sich welche zu suchen. Seine Wahl fiel auf mich, ob ich auserwählt werden wollte oder nicht. Ein paar Wochen nachdem Michael mich ausfindig gemacht hatte, fand ich heraus, dass Jared ebenfalls einer von uns war.
    »Seid ihr bereit für einen verrückten Abend, Leute?« Michael klatschte in die Hände und rieb sie aneinander, als wollte er sie wärmen.
    »Riecht so, als wärst du es«, erwiderte ich lachend.
    Jared ging auf Michael zu, bekam eine Duftwolke ab und sah ihn an. »Du hältst den ganzen Abend mindestens drei Meter Abstand zu mir.«
    »Das ist mein Glücks-Aftershave«, sagte Michael. »Ihr werdet schon sehen, Leute, sobald der Alkohol fließt und die Musik dröhnt, werden alle Frauen von diesem Duft angezogen.«
    »Wie die Fliegen von der Scheiße«, fügte Jared hinzu. »Können wir essen, bevor ich noch eine Duftwolke von Michael abbekomme und mir der Appetit vergeht?« Wir konnten zu Fuß zu der Straße gehen, in der sich alle guten Restaurants befanden. Dazu mussten wir die Insel überqueren, doch das dauerte nicht lange. Sie war nicht breiter als drei Häuserblocks. Wir legten den Weg hinüber in die Bucht zurück und gingen anschließend zehn Querstraßen Richtung Süden, um zu dem Restaurant zu gelangen, das Michael ausprobieren wollte. Dabei kamen wir am Vergnügungspark, an den Wasserrutschen und an mindestens drei Minigolfplätzen vorbei. In Beach Haven wimmelte es von Familien, Kleinkindern, blinkenden Lichtern und läutenden Glocken. Die Musik des Karussells war noch einige Straßen weiter zu hören. Wir gingen an mindestens zehn Kindern vorbei, die Skee-Ball spielten. Das Restaurant befand sich nicht unmittelbar an der Hauptstraße, sodass es etwas ruhiger wurde, als wir dort ankamen. Wenn wir uns umdrehten, konnten wir noch immer die Lichter oben auf dem Riesenrad sehen, doch die Straße vor uns war ruhig. Es handelte sich um eine kleine Seitenstraße mit drei oder vier der Bucht zugewandten Fischrestaurants. Michael wollte in jedes von ihnen einen Blick werfen, bevor er sich entschied, und seine Wahl danach treffen, welche Tischanweiserin er am attraktivsten fand. Das Restaurant, das Michael schließlich aussuchte, war teuer und überfüllt, doch es gelang ihm, uns einen Tisch zu besorgen. Manchmal zahlte sich seine Beharrlichkeit aus.
    »Hast du ihre Nummer auch bekommen?«, fragte ich, nachdem die Tischanweiserin uns zu unserem Tisch gebracht hatte und wieder gegangen war. Michael antwortete nicht. Er beschränkte sich auf ein breites, dümmliches Grinsen.
    »Ich setze mich nicht neben Michael«, sagte Jared, bevor wir Platz nahmen. »Ich möchte mein Essen riechen können.« Ich glaube, dass er inzwischen nicht mehr scherzte. Unser Tisch befand sich in einer hinteren Ecke des Restaurants, nur ein kleines Stück von dem Geländer

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