Der Hinterhalt
Handy besitzt. Schließlich fand ich jedoch ein Münztelefon. Ich wählte. Nach ein paar Freizeichen nahm eine Frau meinen Anruf entgegen. »Global Solutions. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Victor Erickson, bitte«, erwiderte ich und wurde weiterverbunden. Leonard Jones, Elizabeth Weissman, und schließlich wurde ich durchgestellt.
Die ersten Worte aus Brians Mund waren: »Sag bloß, er ist schon tot?«
»Nein. Ich brauche eine Pistole«, entgegnete ich.
»In Kanada? Du bist wohl nicht ganz dicht. Ich dachte, du wolltest mich erst dann anrufen, wenn er tot ist?«
»Es läuft nicht immer alles nach Plan. Kannst du mir weiterhelfen?« Ich war nicht in der Stimmung für lange Diskussionen. Ich wollte nur mein Tagesprogramm erledigen, damit ich wieder mit dir zusammen sein konnte.
»Du weißt, dass wir Pistolen nicht mögen, oder?« Das war ein Prinzip. Schusswaffen durften nur im äußersten Notfall benutzt werden. Schusswaffen ließen sich zurückverfolgen. Schusswaffen erregten Verdacht. Wenn man jemanden erwürgt, jemanden ersticht, jemandem den Schädel mit einem Baseballschläger zertrümmert, bekommen die Leute Angst, aber niemand denkt, dass irgendetwas Größeres im Gange ist. Man vermutet ein Verbrechen im Affekt, einen Eifersuchtsmord, aber auf keinen Fall einen organisierten Krieg, wenn sich Leute gegenseitig mit Küchenmessern töten. Trotzdem, Prinzip hin oder her, ich brauchte eine Pistole. Ich wünschte, ich hätte Jared anrufen können. Er hätte sicher gewusst, wo man eine bekommt, doch diese Chips hatte ich bereits alle eingelöst. Ich war auf mich allein gestellt.
Ich sagte Brian, was ich von seinen Prinzipien hielt. »Tja, vielleicht möchtest du den Bodyguards meiner Zielperson ja dieses Prinzip erklären. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob sie sich drum scheren. Weißt du, mir wär’s lieber, nicht dabei draufzugehen, wenn ich diesen Typen erledige. Also, kannst du mir weiterhelfen oder nicht?« In der Vergangenheit hätte ich vielleicht versucht, die Sache ohne Pistole durchzuziehen. Zu sterben schien mir im Moment jedoch eine besonders schlechte Idee zu sein.
»Ich kann dir nicht helfen, aber wenn es unbedingt sein muss, kann ich dich an Leute verweisen, die dir weiterhelfen können. Mir wär’s auch lieber, du würdest nicht dabei draufgehen. Aus irgendeinem bescheuerten Grund ist mir der Mist, den du erzählst, nämlich richtig ans Herz gewachsen.«
»Dieser bescheuerte Grund ist Mitleid. An wen muss ich mich wenden?« Brian bat mich, am Telefon zu bleiben, während er an seinem Computer etwas nachsah. Ich hörte ihn auf seiner Tastatur tippen. Dann legte er mich in die Warteschleife, um ein paar Anrufe zu tätigen. Ich musste noch ein paar Münzen in das Telefon werfen. Schließlich war er wieder in der Leitung und nannte mir eine Adresse, die nicht weit von der sicheren Unterkunft entfernt war. Ich sollte hineingehen, nach Sam fragen, Sam ein Passwort nennen und dann zum geschäftlichen Teil kommen.
»Brian …«, setzte ich an, bis mir die Stimme am anderen Ende der Leitung das Wort abschnitt.
»Joe, ich heiße Matt. Denk daran. Es muss Matt sein.«
»Entschuldige, Matt. Mich würde interessieren, ob ihr irgendwohin keine Verbindungen habt«, sagte ich.
»Geh einfach überallhin«, erwiderte Brian, »dann findest du es heraus.«
»Danke, Matt.« Ich gab mir Mühe, meine Gedanken zu ordnen, damit ich mir den Code einprägen konnte. Normalerweise fiel es mir nicht so schwer, meine Gedanken zu ordnen.
»Gern geschehen, Joe. Aber verbock die Sache bloß nicht, sonst bin ich geliefert. Carol Ann Hunter. Robert Mussman. Dennis Drazba.« Klick.
Ich machte mich auf den Weg zu der Adresse, die Brian mir gegeben hatte. Es handelte sich um einen Laden in der Nähe des chinesischen Viertels, der Sexspielzeug verkaufte. Sex und Schusswaffen. Ich hatte fast das Gefühl, in den Vereinigten Staaten zu sein. Einen Moment lang überlegte ich, ob sich Brian womöglich einen schlechten Scherz erlaubt hatte. Ich betrat den Laden und marschierte durch Gänge voller Dildos, ausgefallener Reizwäsche und Porno- DVD s zur Theke. Es war Samstagmittag, und das Geschäft war bis auf eine Frau hinter der Theke menschenleer. Ich ging auf sie zu.
»Kann ich Ihnen helfen?«, erkundigte sie sich in einem ganz anderen Tonfall als die Rezeptionistinnen beim Geheimdienst. Obwohl sie noch ziemlich jung war, klang ihre Stimme kratzig wie die eines langjährigen Rauchers. Sie trug eine Hose aus Leder und ein
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